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JVA Landsberg: Muss Hoeneß keinen Tag in einer normalen Zelle verbringen?

JVA Landsberg

Muss Hoeneß keinen Tag in einer normalen Zelle verbringen?

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    Uli Hoeneß soll an einer Herzerkrankung leiden. Er befand sich bislang auf der Krankenstation der JVA Landsberg.
    Uli Hoeneß soll an einer Herzerkrankung leiden. Er befand sich bislang auf der Krankenstation der JVA Landsberg. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Die Schön Klinik Starnberger See in Berg zeichnet sich durch eine wunderschöne Lage direkt am See aus. Zentrales Gebäude ist die herrschaftliche Villa de Osa, ein prunkvolles, halbrundes Gebäude im Stil des Neubarock. Kein Vergleich zu, sagen wir, der Krankenstation eines Gefängnisses. Seit Montag ist Uli Hoeneß hier.

    Doch der Anlass für den Aufenthalt ist kein schöner. Der Ex-Präsident des FC Bayern muss sich einem Eingriff am Herzen unterziehen. Eine Routine-Angelegenheit zwar, aber eben doch ein Eingriff mit allen dazugehörigen Risiken. Hoeneß leidet seit Jahren an Bluthochdruck. Wie berichtet sind im Gefängnis in Landsberg alte Herzprobleme wieder aufgetaucht.

    Die Justizvollzugsanstalt verfügt zwar über zwei hauptamtliche Anstaltsärzte, aber derartige Eingriffe müssen in einer externen Klinik durchgeführt werden. Dafür ist die Krankenstation im Knast nicht ausgelegt. Und die Gefängnis-Ärzte sind Allgemeinmediziner und keine Herzspezialisten.

    Franz Josef Strauß und Heiner Lauterbach waren auch da

    Die gibt es aber in der Privatklinik am Starnberger See, die unter Federführung ihres früheren Chefs Valentin Argirov zur Promi-Klinik geworden war. Franz Josef Strauß war hier und Schauspieler Heiner Lauterbach. Die Zimmer sind komfortabel ausgestattet, die medizinische Versorgung ist erstklassig.

    Die private „Schön Klinik Starnberger See“ liegt direkt am See und hat eine  komfortable Ausstattung. Dorthin wurde Uli Hoeneß am Montag von der JVA Landsberg verlegt.
    Die private „Schön Klinik Starnberger See“ liegt direkt am See und hat eine komfortable Ausstattung. Dorthin wurde Uli Hoeneß am Montag von der JVA Landsberg verlegt. Foto: Christof Stache, afp

    Hierher wurde Uli Hoeneß, 62, am Montag verlegt. Unter strengster Geheimhaltung, versehen mit einem Decknamen. Beamte in Zivil hatten in den Tagen zuvor den Aufenthalt vorbereitet. Die Kosten für den Aufenthalt in der Privatklinik trägt Hoeneß selbst, nicht der Staat. Der prominente Fußballmanager wird nicht im eigentlichen Sinne bewacht. „Der Hoeneß läuft uns nicht weg“, sagt ein Insider. Wenn aber doch Zivilbeamte Wache schieben, dann dient das eher Hoeneß’ Schutz.

    Der Chefarzt der Kardiologie, Dr. Jürgen Pache, soll Hoeneß nach Informationen der Bild-Zeitung persönlich untersuchen. Nach dem Eingriff bleibt der bekannte Patient noch einige Tage am Starnberger See. Dann muss Hoeneß zurück in die Justizvollzugsanstalt Landsberg. Und höchstwahrscheinlich geht es wieder auf die Krankenstation.

    Nur noch zum Schlafen ins Gefängnis?

    Damit steigen die Chancen, dass Hoeneß keinen Tag in einer normalen Zelle verbringen muss. Denn ab September winkt ihm als Haftlockerung der Freigang. Das bedeutet, dass der frühere FC-Bayern-Präsident nur noch nachts zum Schlafen ins Gefängnis geht. Hoeneß ist zweifellos ein Kandidat für die selten gewährte Halbstrafe. Gute Führung und eine sehr günstige Sozialprognose sind Voraussetzung dafür.

    Uli Hoeneß: Die Geschichte der Steueraffäre

    Uli Hoeneß: Vor vielen Jahren begann er an der Börse eine Zockerei, die ihn 2013 ins Visier der Justiz brachte.

    2001: Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überweist Hoeneß in Form eines Kredits und einer Bürgschaft 20 Millionen D-Mark (10,23 Millionen Euro) auf ein Konto in der Schweiz.

    2002 bis 2006: In diesen Jahren handelt Hoeneß nach eigenen Worten teilweise Tag und Nacht an der Börse und macht weltweit Geschäfte.

    2008: Hoeneß machte nach eigenen Angaben schon in den Vorjahren zu viele Verluste. Mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise sei es «endgültig in den Keller» gegangen, und er habe seine Geschäfte stark reduziert.

    August 2011: Nach langen Verhandlungen einigen sich Deutschland und die Schweiz darauf, dass in der Schweiz gebunkerte unversteuerte deutsche Vermögen nachversteuert werden. Das Abkommen, das später noch präzisiert wird, soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

    November 2012: Die von SPD und Grünen regierten Länder lassen das Abkommen im Bundesrat scheitern - damit kann Hoeneß seine Gewinne nicht nachträglich steuerrechtlich legalisieren.

    Am 17. Januar 2013 reicht Hoeneß nach eigenen Angaben Selbstanzeige bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle in Rosenheim ein.

    März 2013: Das Finanzamt hat die Selbstanzeige schnell an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Am 20. März kommt es zur Hausdurchsuchung in Hoeneß' Anwesen am Tegernsee. Ihm wird der Haftbefehl eröffnet, dieser wird gegen eine Kaution und Auflagen außer Vollzug gesetzt.

    April 2013: Der «Focus» macht den Fall öffentlich.

    Juli 2013: Die Staatsanwaltschaft erhebt am 30. Juli Anklage gegen Hoeneß. Diese wird im November vom Landgericht München II unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.

    März 2014: Hoeneß wird wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

    Juni 2014: Hoeneß tritt seine Haft in der JVA Landsberg an.

    September 2014: Erster Ausgang - für einige Stunden kann Hoeneß das Gefängnis verlassen, um sich mit seiner Familie zu treffen.

    Januar 2015: Hoeneß wird Freigänger. Er muss jetzt nur noch zum Übernachten in die JVA, tagsüber arbeitet er in der Jugendabteilung des FC Bayern.

    Januar 2016: Die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg entscheidet, dass die Haftstrafe zum 29. Februar zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Münchner Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Beschwerde.

    Februar 2016: Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß kommt mit 64 Jahren vorzeitig aus der Haft frei.

    Am 8. August 2016 teilt der FC Bayern auf seiner Homepage mit, dass Hoeneß wieder für das Präsidentenamt kandidieren wird. Sein Nachfolger Karl Hopfner verzichtet auf eine weitere Amtszeit. Im November wird Hoeneß wiedergewählt.

    Die Rechnung geht so: Das Urteil wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung lautete dreieinhalb Jahre Gefängnis, also 42 Monate. Hoeneß hat die Haftstrafe am 2. Juni angetreten. Eine Entlassung wäre nach 21 Monaten möglich. Lockerungen wie Freigang können 18 Monate vor der geplanten Entlassung gewährt werden, also schon ab September. Hoeneß’ Anwälte bereiten die entsprechenden Anträge angeblich bereits vor.

    Bedingung für den Freigang ist auch, dass Hoeneß einen Job vorweisen kann. Im Fall des ehemaligen FC-Bayern-Chefs dürften aber nicht allzu viele Bewerbungen zu schreiben sein. Als Freigänger hätte Hoeneß sogar Anspruch auf 21 Tage Urlaub im Jahr. Und die Chance, ins Freigängerhaus nach München verlegt zu werden.

    Hoeneß hat fast 30 Millionen Euro Steuern hinterzogen

    Doch für die Gewährung der Halbstrafe durch das Landgericht Augsburg muss noch eine wichtige Voraussetzung erfüllt sein: die Schadenswiedergutmachung. Hoeneß müsste spätestens bis zum März 2016 weite Teile seiner Steuerschuld beglichen haben. Laut Strafurteil geht es um hinterzogene Steuern von knapp 28,5 Millionen Euro.

    Diese Summe kann sich aber noch erheblich verändern – nach oben wie nach unten. Die Berechnung des endgültigen Betrags inklusive Strafzinsen ist Sache der Steuerbehörden. Hoeneß’ Anwälte werden wahrscheinlich „nachverhandeln“ und versuchen, die Summe zu reduzieren. Nach Informationen unserer Zeitung hat Hoeneß bereits einen Millionenbetrag zurückbezahlt.

    Die Grünen im Landtag warnen vorsorglich vor einer „Zweiklassenbehandlung“ in Bayerns Gefängnissen. Der rechtspolitische Sprecher Sepp Dürr will von der Staatsregierung wissen, welche Voraussetzungen für Freigang erfüllt sein müssen und wie oft diese Möglichkeit in den vergangenen fünf Jahren eingeräumt oder abgelehnt wurde.

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