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Prinz und Prinz: Der Carneval Club Illertal hat erstmals ein schwules Paar

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    Christian (links) und Dominik Seliger sind die aktuellen Oberhäupter beim Carneval Club Illertal.
    Christian (links) und Dominik Seliger sind die aktuellen Oberhäupter beim Carneval Club Illertal. Foto: Ronald Maior

    14 Roxette-Alben schmücken den Flur ihrer Wohnung. Das bunte Mosaik der schwedischen Band ist ein leiser Vorgeschmack auf das Ankleidezimmer. Auf dem Weg dahin zieren Medaillen und Orden die weiß gestrichene Wand. Die Garderobe dekorieren Kostüme, Blumen, Skulpturen und: zwei Zepter. Bis Aschermittwoch sind die Edelstahl-Insignien die wichtigsten Werkzeuge von Dominik und Christian Seliger.

    Nik I. und Chris I. sind das erste schwule Prinzenpaar in der Geschichte des 150 Mitglieder starken Carneval Clubs Illertal (CCI). „Es ist eine Ehre, weil man es nur einmal im Leben macht“, sagt der 25-jährige Dominik Seliger: „Wir sind stolz, dass wir Vorreiter sind.“ Die erste Prunksitzung im Sendener Bürgerhaus (Kreis Neu-Ulm) hat das Prinzenpaar bereits gemeistert. „Der tosende Beifall und die Stimmung im Saal haben für Gänsehaut gesorgt“, sagt Chris I. Für seinen Ehemann, der zugleich Vizepräsident des CCI ist, war der Premierenauftritt ungleich stressiger. Nik ist Teil der Garde, der Showtanzgruppe und Sänger der Band „Schlawiner“.

    Überhaupt herrscht im Hause Seliger seit der Inthronisation im November gehörig Trubel. Neben Interviews für Radio und Fernsehen erwartet das Duo allein bis zum Höhepunkt des Faschings Mitte Februar über 20 Termine, darunter ein Auftritt auf einer Gala der Aids-Hilfe. „Die Termine bewältigen wir in der Freizeit. Auf Dauer schlaucht das“, sagt Dominik Seliger.

    Carnvel-Prinz: Prunkvolle Kostüme sind wie Hochzeitskleid

    Auch finanziell. Eine Freundin fertigte die prunkvollen Kostüme, für die das Duo 700 Euro aufbringen musste. „Es ist wie mit dem Hochzeitskleid: Man trägt es einmal und danach hängt es im Schrank“, sagt Dominik Seliger. Während ihrer Regentschaft hat das Prinzenpaar, das seit eineinhalb Jahren verheiratet ist, in erster Linie repräsentative Pflichten. „Als Aushängeschild der Stadt dürfen wir uns nicht daneben benehmen“, sagt Christian Seliger.

    Ebenso wenig genießt das Duo Privilegien. „Unser Präsident möchte uns hin und wieder zu Sitzungen chauffieren. Das wäre aber zu viel des Guten“, sagt Dominik Seliger. „Wir sind nichts Besonderes – außer, dass wir schwul sind. Das sorgt für genügend Aufsehen.“ Entsprechend hielt sich die Begeisterung anfangs in Grenzen.

    CCI-Präsident Klaus Rosenberger habe ihn für das Amt vorgeschlagen, berichtet der 35-jährige Christian Seliger. Nachdem der Versuch, eine Prinzessin zu finden erfolglos blieb, war für das Ehepaar klar: „Wir machen das gemeinsam. Trotz der Vorbehalte.“ Bisher sind entsprechende Äußerungen – zumindest im Alltag – ausgeblieben. Nur bei der Verkündung hätten „ein paar Alteingesessene erstaunt reagiert“, sagt Dominik Seliger. „Sagen wir es so: Vielleicht hätten sie eine Prinzessin lieber gesehen. Aber Prinzessinnen gibt es ja genug.“ Der 25-Jährige ist überzeugt davon, dass die närrische Atmosphäre der Faschingszeit auch ein tolerantes Umfeld schafft. „Im Fasching darf man wild und verrückt sein.“

    Präsident des BSF muss sich erst noch an schwule Prinzenpaare gewöhnen

    Schwule Prinzen an der Macht: ein Modell, das salonfähig geworden ist. Vorreiter in Bayern war das Prinzenpaar „Jaqueline der Erste“ und Prinz Paris des CCK Fantasia aus Königsbrunn bei Augsburg im Jahr 2006. In Oberfranken werden die „Langstadter Fousanachter“ aktuell von Gerald Fischer und Dirk Stauch regiert. Für den Präsidenten des Regionalverbandes Bayerisch-Schwäbischer Fastnachtsvereine (BSF), Eugen Müller, ist das eine Kombination, an die er sich erst noch gewöhnen muss. „Eine echte Prinzessin ist schon etwas anderes“, sagt Müller. „Das Amt ist nicht für zwei Männer gedacht. Aber in vielen Bereichen kann man das beobachten. Es ist der Wandel der Zeit.“

    Die Pioniere in Senden sind Nik I. und Chris I. Für die Prinzen endet das kurze Abenteuer schon am Aschermittwoch. Seliger: „Vielleicht verstört es die Leute, dass wir von der Norm abweichen.“ So wie bei der ersten und einzigen Prunksitzung ihres Vereins. Die beiden eröffneten zwar mit einem Tanz – aber nicht gemeinsam, sondern getrennt mit anderen Partnern. „Es gibt eben heuer nur Prinz und Prinz. Keine Frau“, sagt Christian Seliger: „Daran müssen sich alle Widerspenstigen eben gewöhnen.“

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