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Allgäu: Prozess um schwarze Kassen auf Neuschwanstein wird eingestellt

Allgäu

Prozess um schwarze Kassen auf Neuschwanstein wird eingestellt

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    Der Prozess gegen den ehemaligen Schlossverwalter von Neuschwanstein wurde eingestellt.
    Der Prozess gegen den ehemaligen Schlossverwalter von Neuschwanstein wurde eingestellt. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Der Strafprozess um schwarze Kassen auf Schloss Neuschwanstein endete gestern vor dem Kaufbeurer Amtsgericht mit einer Verfahrenseinstellung gegen 8.000 Euro Geldauflage. Angeklagt war ein früherer Schlossverwalter, 66, dem Untreue und Betrug vorgeworfen wurden.

    Unter seiner Verantwortung sollen in den Jahren 2007 bis 2010 bei Sonderführungen jeweils 20 Euro in bar an das Personal gegangen sein. Der Schaden für die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung, in deren Besitz sich Neuschwanstein befindet, wurde auf knapp 5.000 Euro beziffert.

    Während des mehrtägigen Prozesses traten verschiedene Zeugen auf, deren Aussagen den Eindruck vermittelten, dass die Schlösserverwaltung über die Barzahlungspraxis auf Neuschwanstein Bescheid gewusst und diese möglicherweise auch toleriert hatte. Ein Spitzenbeamter der Behörde hatte dies bestritten.

    Die berühmten Schlösser von König Ludwig II.

    König Ludwig II. (1845-1886) war ein romantischer und baufreudiger König. Mit seinen prunkvollen Schlössern, die jährlich rund 2,5 Millionen Besucher aus aller Welt anlocken, setzte er sich ein dauerhaftes Denkmal.

    - Neuschwanstein: Das idyllisch in den Bergen gelegene Schloss Neuschwanstein ist das berühmteste Bauwerk von König Ludwig II. Rund 1,3 Millionen Besucher wollen jedes Jahr das Märchenschloss bei Füssen sehen, eine Anlage mit prunkvollen Wohnräumen, einem Thron- und einem Sängersaal. Die Innenräume sind reich mit Darstellungen aus der deutschen Sagenwelt und den Werken Richard Wagners geschmückt.

    - Linderhof: Das Schloss Linderhof bei Oberammergau ist das kleinste der Schlösser von König Ludwig II. Es ist zudem das einzige, das noch zu seinen Lebzeiten vollendet wurde. Attraktion ist die Venusgrotte, eine künstlich angelegte Tropfsteinhöhle mit einem Wasserfall und einem See, auf dem sich der König gerne herumrudern ließ.

    - Herrenchiemsee: Als Abbild des Schlosses von Versailles sollte dieses Gebäude auf der größten Insel des Chiemsees ein Denkmal für den französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. werden. Zu sehen sind rund 20 Prunkräume, darunter das Paradeschlafzimmer und die Große Spiegelgalerie. (dpa)

    Kein Zweifel bestand vor Gericht daran, dass der mittlerweile pensionierte Angeklagte das offenbar schon seit den 1990er Jahren bestehende System nicht erfunden und sich daran auch nicht bereichert hatte. Staatsanwalt Claus Ammann stellte dies in einer kurzen Stellungnahme in Rechnung und schloss sich dem Einstellungsvorschlag an, den Richter Martin Slach bereits beim letzten Verhandlungstermin gemacht hatte.

    Der Anklagevertreter war der Ansicht, dass die Barzahlungspraxis „nicht von offizieller Seite absegnet war.“ Dies gehe aus der glaubwürdigen Aussage des zuständigen Hauptabteilungsleiters hervor. Verteidigerin Ricarda Lang sah diesen Punkt völlig anders. Ihrer Ansicht nach hatte der Zeuge „gelogen, dass sich die Balken biegen.“ Der Richter meinte zu den gegensätzlichen Auffassungen: „So können zwei verschiedene Menschen dieselbe Beweisaufnahme vollkommen unterschiedlich würdigen.“

    Die Verfahrenseinstellung als der „bayerische Freispruch“

    In einer ersten Stellungnahme nach der Verhandlung zeigten sich der Angeklagte und seine Verteidigerin über das Ende des Prozesses „sehr erleichtert.“ Anwältin Lang verwies darauf, dass eine Verfahrenseinstellung „die Unschuldsvermutung in sich trägt“ und fügte hinzu: „Für mich ist das der „bayerische Freispruch.“ Ein tatsächlicher Freispruch wäre ihrer Einschätzung nach sehr schwierig zu erreichen gewesen und hätte selbst im Erfolgsfall wohl einen jahrelangen Gang durch die Instanzen zur Folge gehabt.

    Wichtig sei, dass ihr Mandant „mit weißer Weste“ ins Disziplinarverfahren gehe. Beim Prozess vor dem Kaufbeurer Amtsgericht handelte es sich um ein Einspruchsverfahren gegen einen Strafbefehl. Dieser hatte auf eine elfmonatige Bewährungsstrafe und eine Geldbuße von 4.800 Euro gelautet. Wenn der Strafbefehl rechtskräftig geworden oder ein Urteil gefallen wäre, hätte dies für den Angeklagten auch erhebliche dienstrechtliche Konsequenzen gehabt.

    Diese hätten von einer Kürzung der Bezüge bis hin zu einem Verlust der Pensionsansprüche reichen können. Der ehemalige Schlossverwalter wirkte bei aller Erleichterung auch sichtlich mitgenommen. Er machte kein Hehl aus seiner Enttäuschung über seine Vorgesetzten und sagte wörtlich: „Die wollten mich vernichten.“

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