Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Ingolstadt: Prozessauftakt: Stalker nahm Geiseln im Ingolstädter Rathaus

Ingolstadt

Prozessauftakt: Stalker nahm Geiseln im Ingolstädter Rathaus

    • |
    Ein SEK beendete den Nervenkrimi im Alten Rathaus von Ingolstadt: Die letzten Geiseln wurden befreit, der Geiselnehmer niedergeschossen.
    Ein SEK beendete den Nervenkrimi im Alten Rathaus von Ingolstadt: Die letzten Geiseln wurden befreit, der Geiselnehmer niedergeschossen. Foto: Ulrich Wagner

    Er will gestehen, sagt sein Anwalt. Und es bleibt ihm auch wenig anderes übrig. Denn wenn man am Morgen eines Augusttages in das Alte Rathaus von Ingolstadt geht, dort vier Geiseln – darunter den Dritten Bürgermeister – nimmt, diese mit der täuschend echt gemachten Replik einer Walther P99 in seine Gewalt zwingt, später von Spezialkräften des SEK niedergeschossen und verletzt aus dem Gebäude getragen wird, dann ist es schwierig zu leugnen. Vor allem, wenn die Ereignisse des neunstündigen Nervenkrieges von einer in Ingolstadt bis dahin nicht gesehenen Medienschar live berichtet werden.

    Auf "Geiselnahme" stehen mindestens fünf jahre Freiheitsstrafe

    Am Dienstag beginnt der Prozess gegen den 25-jährigen psychisch kranken Mann, der am 19. August vergangenen Jahres als Geiselnehmer landesweit bekannt geworden war. Auf „Geiselnahme“ stehen mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe. Der Verteidiger des Angeklagten, Jörg Gragert, hat bereits eine Erklärung angekündigt. Sein Mandant will gestehen. Vor allem aber will der verurteilte Stalker laut Gragert erreichen, nicht dauerhaft in den Maßregelvollzug einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt eingewiesen zu werden. Genau darum wird es gehen. Denn die Geiselnahme hat eine einschlägige Vorgeschichte: Nicht nur der Dritte Bürgermeister von Ingolstadt, Sepp Mißlbeck, wurde von dem Angeklagten in seine Gewalt gebracht. Auch dessen Sekretärin, die früher im Sozialen Rathaus gearbeitet hatte. Mit ihr hatte sich der damals Arbeitslose angefreundet.

    Stalker schickt 50 Kurznachrichten an einem Tag

    Die Vorstellung über die Art der Beziehung unterschieden sich aber erheblich. Als die junge Frau ihm irgendwann mitteilte, dass sie einen festen Freund habe, kam er damit nicht zurecht. Er verbot ihr die Beziehung, drohte, ihr Leben zu zerstören. Manchmal schickte er 50 Kurznachrichten an einem Tag. Der Mann, der aus extrem ungefestigten familiären Verhältnissen kommt, mehrfach in psychologischer Behandlung war, wurde Ende Juli 2013 am Landgericht unter anderem wegen Stalking zu 20 Monaten auf Bewährung verurteilt. Untergebracht worden war er damals aber nicht. Gutachter hatten ihm zwar erhebliche psychische Störungen attestiert, die von ihm ausgehende Gefahr für Straftaten aber als relativ gering eingestuft. Eine Fehleinschätzung, wie der 19. August zeigte.

    Neun Verhandlungstage angesetzt

    Denn mit diesem Urteil und der Behandlung durch die Stadt wollte sich der Angeklagte wohl nicht abfinden. Die Motivlage ist mehrschichtig. Zum einen sagt der Vertreter der Nebenklage, Peter Gietl, sei es ihm um die Beziehung zu der Sekretärin gegangen. Zudem habe er aber von der Stadt ein Entschuldigungsschreiben gefordert. Die hatte ihm Hausverbot erteilt. Verteidiger Gragert führt zudem an, dass es seinem Mandanten, einem gebürtigen Ingolstädter, auch um mutmaßliche Verfehlungen des Jugendamtes gegangen sei, die allerdings Jahre zurücklägen. Es wurden neun Verhandlungstage angesetzt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden