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Kempten: Psychiater soll El Masri beurteilen

Kempten

Psychiater soll El Masri beurteilen

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    Das Amtsgericht Kempten hatte Khaled el Masri vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen.
    Das Amtsgericht Kempten hatte Khaled el Masri vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

    Der Berufungsprozess gegen den Deutsch-Libanesen Khaled el Masri ist am Montagvormittag überraschend unterbrochen worden. Das Gericht will beim nächsten Termin einen Gutachter hören, der über eine mögliche verminderte Schuldfähigkeit El Masris Aufschluss geben soll.

    El Masri schweigt zu Vorwürfen der Staatsanwaltschaft

    Das einstige Entführungsopfer des US-Geheimdienstes schweigt zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft: Der 50-Jährige soll im Juli einen Justizvollzugsbeamten beleidigt und geschlagen sowie diesem und zwei weiteren Personen mit dem Tod gedroht haben. Doch dieses Mal werden mehr Zeugen als nur das mutmaßliche Opfer und ein Kollege dessen aussagen. Das Gericht will zum Beispiel auch den Leiter der Justizvollzugsanstalt Kempten sowie einen psychiatrischen Gutachter anhören.

    Vor gut einem Monat war der Fall bereits vor dem Amtsgericht Kempten verhandelt worden. Vom Vorwurf der Körperverletzung war El Masri damals freigesprochen worden. Wegen Beleidigung und Bedrohung wurde er zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten gefordert. Mit dem Urteil unterbot das Amtsgericht aber sogar die Forderung des Pflichtverteidigers von fünf Monaten Haft. Nur vier Tage lang war der Deutsch-Libanese nach dem Prozess auf freiem Fuß. Bis die Staatsanwaltschaft erfolgreich Berufung eingelegt hatte. Wegen Fluchtgefahr sitzt der sechsfache Familienvater jetzt erneut in Untersuchungshaft.

    El Masri zeigt sich unbeteiligt

    Gestern begann nun der Berufungsprozess vor dem Landgericht Kempten. El Masri zeigte sich während der gesamten Verhandlung unbeteiligt. Insgesamt elf Mal versuchte der Vorsitzende Richter Robert Bauer aus dem Angeklagten auch nur ein Wort zu entlocken. Doch dieser verharrte teilnahmslos zurückgelehnt in seinem Stuhl. Einzig als Bauer mit der flachen Hand auf den Tisch schlug, reagierte El Masri und öffnete kurz seine Augen.

    Der Fall El Masri

    Vor knapp zehn Jahren war Khaled El Masri an der mazedonischen Grenze festgenommen und 23 Tage lang festgehalten worden.

    Offensichtlich hatte die Polizei ihn mit einem mutmaßlichen Mitglied des Terrornetzwerkes El Kaida gleichen Namens verwechselt.

    Nach wochenlangen Verhören wurde er dem amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA übergeben, der ihn in ein afghanisches Geheimgefängnis verschleppt und dort monatelang gefoltert haben soll. Ende Mai wurde er mittellos und ohne jegliche Begründung entlassen. Seitdem gilt er als traumatisiert.

    Daraufhin kehrte er zurück in den Landkreis Neu-Ulm und hatte wohl Kontakt zu radikal-islamistischen Religionsfanatikern.

    2007 verprügelte El Masri erst einen Mann und legte dann in einem Supermarkt Feuer. Er wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

    Nachdem er am 11. September 2011 den Neu-Ulmer Oberbürgermeister Gerold Noerenberg zusammengeschlagen hatte, wurde die Bewährung widerrufen. Er musste ins Gefängnis nach Kempten.

    Dort verprügelte er einen Vollzugsbeamten. Dafür bekam er weitere vier Monate.

    Im Juli 2013 soll er wieder einen JVA-Beschäftigten geschlagen haben. Dafür wird ihm erneut der Prozess gemacht.

    Im Dezember 2013 verurteilt ihn das Landgericht Kempten wieder zu einer Gefängnisstrafe: Sieben Monate muss El Masri hinter Gitter, weil er einen Vollzugsbeamten mit zwei Fingern ins Gesicht geschlagen hat.

    Bevor der Prozess überraschend unterbrochen wurde, sagte der 47-jährige Justizvollzugsbeamte aus, den El Masri laut Anklage unter anderem geschlagen haben soll. „Ich würde es vergleichen mit einer Ohrfeige mit zwei Fingern“, sagte der Beamte. Beim ersten Prozess hatte er die resultierenden Schmerzen noch als niedrig eingestuft. Dieses Mal sprach er von einem „mittelstarken“ Schlag, von „einem Brennen auf der Haut“.

    CIA-Folteropfer gilt als traumatisiert

    Im weiteren Prozessverlauf wird unter anderem der Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt Kempten aussagen. Zudem soll ein Gutachten über die Schuldfähigkeit El Masris Aufschluss geben. Das CIA-Folteropfer gilt als traumatisiert. 2004 war El Masri wegen Terrorverdachts nach Afghanistan verschleppt und dort gefoltert worden. Davor galt er als unbescholten. Nach seiner Rückkehr wurde er mehrfach straffällig und saß schließlich mehrere Jahre im Gefängnis.

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