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Kloster Irsee: Bayerns SPD wirft Markus Söder Themenklau vor

Kloster Irsee

Bayerns SPD wirft Markus Söder Themenklau vor

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    Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen bei der Klausurtagung ihrer Partei im Kloster Irsee.
    Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen bei der Klausurtagung ihrer Partei im Kloster Irsee. Foto: Mathias Wild

    Mit Frauen an der Spitze hat die bayerische SPD gute Erfahrungen gemacht. Der erste Parteivorsitz nach dem Krieg ging an Lisa Albrecht. Das weiß kaum noch jemand. An die zweite Parteichefin Renate Schmidt erinnern sich noch viele, auch weil sie als Spitzenkandidatin der Landtagswahl 1994 mit 30 Prozent das beste SPD-Ergebnis der vergangenen 35 Jahre geholt hat. Von solchen Werten sind die bayerischen Sozialdemokraten weit entfernt, wenn jetzt Natascha Kohnen als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf zieht.

    Bei der SPD hat man sich das alles gut überlegt. Die Umfragewerte in Bayern sind nicht gut. Und auch wenn sie bei der CSU ebenfalls nicht besonders gut sind, steht dort ein Kraftmeier namens Markus Söder an der Spitze. Einen vergleichbaren Politiker hat die SPD nicht zu bieten. Was würde also mehr Sinn ergeben als ein direkter Gegenentwurf?

    Natascha Kohnen, 50, ist sehr kommunikativ, hat eine gewinnende Art und wirkt auf viele Menschen sympathisch. Der Wahlkampf der SPD wird sehr stark auf sie zugeschnitten sein. Ein „Anti-Söder“ soll sie sein. Das sagt zwar niemand so offen in der Bayern-SPD, aber man freut sich darüber, wenn es die Zeitungen schreiben. Im Scherz nennen manche die Konstellation auch „Die Schöne und das Biest“.

    Das „Biest“ ist plötzlich gar nicht mehr so schlimm

    Das Problem für die SPD ist, dass das „Biest“ auf einmal ganz anders daherkommt. Als designierter Ministerpräsident wirkt Markus Söder schon jetzt wesentlich landesväterlicher und konzilianter, als es sich die meisten vorstellen konnten. Das noch größere Problem aber könnte für die Sozialdemokraten sein, dass Söder ihnen jetzt auch noch die Themen wegnehmen will.

    Wohnen, Pflege, öffentlicher Nahverkehr, Vereinbarkeit von Familie und Beruf – diese Themen beackern die Sozialdemokraten in Bayern seit Jahren, und über diese Themen haben sie auch bei der Klausur im Kloster Irsee (Kreis Ostallgäu) intensiv diskutiert. Und nun kommt da in einem 340 Kilometer entfernten anderen Kloster der Söder daher. Fraktionschef Markus Rinderspacher ärgert und freut sich gleichzeitig: „Die CSU hat in Banz wohl eine Kopierfabrik errichtet“, sagt er. Andererseits: „Sie könnten uns keinen größeren Gefallen tun, als unsere Themen zu übernehmen. Denn da können wir die CSU angreifen.“

    Verwunderung über Söders Meinungsänderung

    Beispiel: Das Megathema Wohnen, das die Bayern-SPD nicht nur als Schwerpunkt für den Wahlkampf ausgesucht hat, weil es sich so schön auf Kohnen reimt. Es fehle dramatisch an bezahlbarem Wohnraum, sagen die Sozialdemokraten. Sie fordern beispielsweise Maßnahmen, um die Spekulation mit unbebauten Grundstücken in den Städten zu beenden. Und sie fordern seit Jahren wiederholt die Gründung einer staatlichen bayerischen Wohnungsbaugesellschaft. Die kündigt jetzt auch Söder an: Bis 2020 sollen so 2000 „bezahlbare Wohnungen“ entstehen.

    „Ich höre das mit Erstaunen“, sagt Natascha Kohnen. Am 17. Oktober 2017 habe die CSU im Landtag den SPD-Vorschlag einer Wohnungsbaugesellschaft noch abgelehnt. Außerdem habe gerade Söder zuletzt 30.000 Sozialwohnungen der Landesbank „verscherbelt“ mit der Folge, dass für 85.000 Menschen die Mieten erheblich gestiegen seien.

    Oder das Thema Pflege: Die SPD will verbindliche Personalstärken vorschreiben. Es dürfe nicht weiter einen Wettbewerb darum geben, wer Pflege mit dem geringsten Personalaufwand schaffe, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin Ruth Waldmann. Nach Verdi-Angaben fehlen in Bayern 21.000 Pflegekräfte. Prompt schlägt Söder ein Landespflegegeld und die Schaffung eines Landesamts für Pflege vor. Ein Trost für die Bayern-SPD: Ihre Forderung nach einer kostenfreien Kita hat sie im Moment noch für sich.

    Angesichts der Themen-Überschneidungen wird es für die SPD kein leichter Wahlkampf. Parteichefin Kohnen weiß aber zumindest drei starke Männer hinter sich. Die Oberbürgermeister von München, Nürnberg und Fürth sichern Unterstützung zu. Das ist eher neu. Die erfolgreichen SPD-Kommunalpolitiker haben sich bisher immer gerne von der wenig erfolgreichen Landespartei abgesetzt.

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