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CSU-Fraktionsklausur: Seehofers Schmerz hat einen Namen: Angela Merkel

CSU-Fraktionsklausur

Seehofers Schmerz hat einen Namen: Angela Merkel

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Mittwoch in Wildbad Kreuth zu Gast.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Mittwoch in Wildbad Kreuth zu Gast. Foto: Matthias Balk (dpa)

    Es ist ein seltener Einblick in seine Gefühlswelt, den Horst Seehofer an diesem Tag in Wildbad Kreuth freigibt. „Es fällt schon schwer, es fällt extrem schwer“, sagt er. Der Schmerz, der ihn drückt, hat einen Namen: Angela Merkel. Seit Monaten schon versucht der CSU-Chef, die Bundeskanzlerin zu einem Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik zu bewegen. Seit Monaten kommt er dabei nicht voran. Die Hoffnung der CSU, die CDU-Chefin auf ihre Seite zu ziehen, schwindet. Aber einen Bruch mit der Kanzlerin, der auch ein Bruch zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU wäre, will Seehofer offenbar (noch) nicht riskieren. Also redet er, als wäre er zwischen Hoffen und Bangen in einer Endlosschleife gefangen.

    Zum am Mittwoch bevorstehenden Besuch der Kanzlerin bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Kreuth sagt er vor Journalisten: „Ich gehe nicht davon aus, dass sich da morgen etwas ändert bei ihr.“ Er sagt aber auch: „Wir kommen ans Ziel. Verlassen Sie sich drauf.“ Und wenn dann einer fragt, wie das gehen soll angesichts der offenkundig nicht vereinbaren Positionen, greift er zu vagen Formulierungen, die sich als Drohung verstehen lassen oder auch nicht: „Wir wollen mit ihr eine Lösung, die Betonung liegt aber auf: Wir wollen eine Lösung.“

    Fast alle in der CSU finden es an der Zeit für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen

    Auch ein anderes Dilemma der CSU ist in Kreuth mit Händen zu greifen. Seehofer, Fraktionschef Thomas Kreuzer, die Mitglieder der Staatsregierung, die Abgeordneten – praktisch alle in der CSU sind der festen Überzeugung, dass es höchste Zeit ist für eine deutliche Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Solange das mit der Europäischen Union nicht funktioniert, sollten Bürgerkriegsflüchtlinge und alle anderen Asylbewerber ohne Bleibeperspektive, die über sichere Drittstaaten nach Deutschland einreisen wollen, an der Grenze abgewiesen werden. Doch dafür brauchen sie Merkel, und das erfordert Geduld. „Immer Schritt für Schritt“, sagt Seehofer. Er versichert: „Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen.“ Er spricht aber auch von dem „dringenden Wunsch, dass dies alles rasch geschehen muss“. Er sagt: „Das wird jede Woche dringlicher.“ Standing Ovations für Horst Seehofer nach Schwächeanfall

    Wie lange will er Merkel noch Zeit geben für einen Kurswechsel? Bis Mitte März, wie Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber vorgeschlagen hat? Seehofer sagt: „Ich glaube, das ist eine vernünftige Zeitachse.“ Und wenn sich bis dahin nichts tut? Wird er dann, wie Stoiber fordert, die Auseinandersetzung mit Merkel suchen? Seehofer antwortet mit einem Satz, den man als Ultimatum verstehen kann oder auch nicht: „Davon dürfen Sie ausgehen.“ Bleibt noch die Frage, welche Möglichkeiten der CSU in dieser Auseinandersetzung zur Verfügung stehen. Da gibt Seehofer sich geheimnisvoll: „Wir haben sehr viele Möglichkeiten, aber darüber zu reden, entwertet diese Möglichkeiten.“

    Die CSU ist sich sicher, mit ihrer Flüchtlingsgpolitik auf dem richten Weg zu sein

    So nervenaufreibend die Hängepartie mit der Kanzlerin auch sein mag, so sicher ist sich die CSU, mit ihrer Flüchtlingspolitik auf dem richtigen Weg zu sein. Nach einer Studie des Meinungsforschers Richard Hilmer von der Gesellschaft policy matters befürworten 71 Prozent der Bayern eine Obergrenze für Flüchtlinge, wie sie von der CSU gefordert wird. Immerhin 45 Prozent seien der Meinung, dass die CSU die Weichen in der Flüchtlingspolitik am besten stelle. Damit liegt die Partei mit weitem Abstand vor SPD (acht Prozent), Grünen (drei Prozent) und Freien Wählern (null Prozent) und auch vor der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (zwei Prozent). Dass zuletzt dennoch acht Prozent der Bayern in einer Umfrage sagten, sie würden die AfD wählen, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre, belegt nach Ansicht Hilmers, dass die Wähler die AfD als „Drohpotenzial“ nutzen, ohne ihr Lösungen zuzutrauen.

    Gestärkt fühlen darf sich die CSU durch die Studie auch, was ihren Vorschlag zur Verankerung einer Leitkultur in der Verfassung betrifft. Dass Männer und Frauen gleich behandelt werden, dass Bürger friedlich zusammenleben, dass der Staat für Recht und Ordnung sorgt, dass im Alltagsleben bestimmte Umgangsformen eingehalten werden – all diese Forderungen erreichen Zustimmungswerte von 98 bis 100 Prozent. Besonders erstaunlich dabei: Die Frage, ob Staat und Gesellschaft ihre Spielregeln den Wertvorstellungen von Zuwanderern anpassen sollen, beantworten Anhänger der CSU und der Grünen zu 84 beziehungsweise 82 Prozent mit Nein. SPD und Freie Wähler liegen mit 64 und 66 Prozent deutlich dahinter.

    Die Klausur wird am Mittwoch fortgesetzt – mit Angela Merkel als Gast.

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