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Prozess in Augsburg: So perfide ging Kinderarzt Harry S. vor

Prozess in Augsburg

So perfide ging Kinderarzt Harry S. vor

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    Seit zwei Monaten läuft der Prozess gegen den Augsburger Kinderarzt Harry S..
    Seit zwei Monaten läuft der Prozess gegen den Augsburger Kinderarzt Harry S.. Foto: Ulrich Wagner

    Das Fazit des Kripobeamten fällt vernichtend aus: Dr. Harry S. habe Kinderausflüge nur organisiert, um sich an den Buben zu vergehen. Und: „Ich mag nicht ausschließen, dass da noch mehr war, was wir aber nicht ermitteln konnten.“

    Der Prozess gegen den Augsburger Kinderarzt Harry S. läuft seit zwei Monaten. Der 40-Jährige hat zu Beginn gestanden, dass er 21 Buben missbraucht hat. Viele der jungen Opfer sprach er auf der Straße an und lockte sie in Keller oder Tiefgaragen. Er missbrauchte die Kinder zweier Lebensgefährtinnen. Und er organisierte Kinderausflüge, während derer er sich an kleinen Jungen verging. Doch wie perfide Harry S. wirklich vorging, das wird erst nach und nach im Prozess anhand von Details klar.

    Kinderarzt Harry S. organisierte extra Kinderausflüge

    Am Dienstag drehte sich die Verhandlung um die Kinderausflüge. S. hat mehrere Wochenendtrips organisiert. Er schrieb zuvor systematisch Augsburger Schulen an und bot Ausflüge für kränkliche und sozial benachteiligte Kinder an. S. benutzte dabei den Briefkopf des Roten Kreuzes, dessen ehrenamtlicher Chefarzt er war und tat zudem so, als ob die Kinderklinik und die Hilfsorganisation „Bunter Kreis“ auch an dem Angebot beteiligt seien. Auffällig: In den Schreiben steht ausdrücklich, dass nur noch Plätze in der „Bubengruppe“ frei seien. Einige Schulen glaubten an das scheinbar seriöse Angebot und vermittelten dem Arzt nach Rücksprache mit den Eltern junge Schüler.

    Was sich dann tatsächlich bei den Ausflügen zutrug, ist ein Albtraum für die Kinder, die Eltern und die Schulen. Während tagsüber noch ein schönes Kinderprogramm mit Besuch des „Sea Life“ oder des Deutschen Museums ablief, wurde der Kinderarzt abends im Zimmer zudringlich. Er streichelte die Buben mit den Händen oder einem Vibrator am Penis.

    Auch die Wahl der Unterkünfte scheint kein Zufall gewesen zu sein: Eine Pension im Gewerbegebiet von Aschheim oder ein Hostel in München – „mitten im Rotlichtbezirk“, wie der Kripobeamte anmerkte. Jedenfalls geht es recht anonym zu in diesen Unterkünften, was Harry S., der zeitweilig nebenbei eine Reiseagentur betrieb, sehr gelegen gekommen sein dürfte.

    Eine Opfer des Kinderarztes leiden noch immer unter dem Missbrauch

    Die Opfer des Kinderarztes leiden zum Teil bis heute unter dem Missbrauch. Sie sind Bettnässer, lassen sich nicht von ihrer Mama in der Dusche waschen; haben Angst, im Freien zu spielen. Einige Jungs sind in der Schule merklich schlechter geworden und besuchen bis heute eine Psychotherapie.

    Eine Therapie hat in Untersuchungshaft auch der Täter begonnen, berichten seine Verteidiger Ralf Schönauer und Moritz Bode. Ob das einen Einfluss auf das Urteil der Jugendkammer haben wird? Ab Mitte Februar werden die Sachverständigen im Prozess ihre Gutachten vortragen. Dann wird es für Harry S. um die entscheidende Frage gehen, ob er nach der Haft auch in Sicherungsverwahrung muss.

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