Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Prozess in Memmingen: Sohn im Streit erschossen: 89-Jähriger muss in Haft

Prozess in Memmingen

Sohn im Streit erschossen: 89-Jähriger muss in Haft

    • |
    Der 89 Jahre alte Mann war angeklagt, seinen Sohn erschossen und einen weiteren Verwandten verletzt zu haben.
    Der 89 Jahre alte Mann war angeklagt, seinen Sohn erschossen und einen weiteren Verwandten verletzt zu haben. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Archiv)

    Es ging um einen alten Schweißbrenner, dann fielen vier Schüsse und am Ende war ein 65-Jähriger tot. Ein 89-Jähriger hatte im Februar vergangenen Jahres in einer Unterallgäuer Gemeinde seinen Sohn erschossen. Das Landgericht Memmingen verurteilte den gebrechlich wirkenden Senior darum wegen Totschlags, versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von acht Jahren und sechs Monaten.

    Die Schüsse waren der Höhepunkt einer Familien- und Verwandtschaftssituation, die immer wieder von rauen Tönen, Missgunst und dem Streit ums Geld geprägt war. Jedenfalls war das Verhältnis zwischen dem Senior auf der einen und seinem 65-jährigen Sohn sowie dem 42-jährigen Ehemann der Enkelin des Schützen auf der anderen Seite nicht zum Besten bestellt. Am besagten Tag im Februar 2016 hatten die beiden Jüngeren mit dem 89-Jährigen ausgemacht, aus dessen Garage Autoreifen abzuholen. Weil der 65-Jährige körperlich nicht mehr fit war, wurde er vom 42-Jährigen begleitet.

    Einsatzkräfte der Polizei und Rettungswagen im Februar im bayerischen Westerheim.
    Einsatzkräfte der Polizei und Rettungswagen im Februar im bayerischen Westerheim. Foto: Ralf Lienert (Archiv)

    Was die beiden Männer nicht wussten: Der 89-Jährige hatte sich schon vor dem Treffen mit einer Pistole und einem Revolver bewaffnet. Er ist in seiner Freizeit Schütze, besaß Waffenscheine und ist den Umgang mit Waffen gewohnt. Gegen den 42-Jährigen hegte er schon lange großen Argwohn, fühlte sich auf diffuse Weise von ihm hintergangen, zugleich körperlich unterlegen.

    Zunächst verlief alles friedlich. Die beiden jüngeren Männer kamen, der 42-Jährige lud acht Reifen ein. Dann kam das Gespräch auf eine Gasflasche, die an einen alten Schweißbrenner angeschlossen war. Es wurde ebenfalls vereinbart, dass der Sohn diese haben könne. Der brachte sie zum Auto. Danach kam er zurück, um den Schlauch des Schweißbrenners aufzurollen.

    "Ich habe meinen Sohn nicht töten wollen"

    Das interpretierte der 89-Jährige aber völlig falsch, wie der Vorsitzende Richter Jürgen Hasler betonte. Der Senior dachte, man wolle ihm sein Eigentum wegnehmen. Wortlos zog der 89-Jährige eine Waffe und schoss ohne Warnung auf den 42-Jährigen. Er zielte auf die Brust, die Patrone traf das Mobiltelefon des Opfers und blieb dort stecken. Ein zweiter Schuss wurde von einem Schlüsselbund an der Hose abgelenkt. Dieser versuchte, sich in der Garage zu verstecken.

    In diesem Moment kam der Sohn des Schützen und rief: „Hör auf, warum schießt Du?“. Sein Vater sah seinen Sohn in diesem Moment als Gegner und schoss auch auf ihn. Der 65-Jährige starb später im Klinikum Memmingen an einer Lungenblutung. Später wurde der Senior, der auf ein Nachbargrundstück geflohen war, festgenommen.

    Vor Gericht sagte der Angeklagte im Rollstuhl, dass er seinen Sohn nie habe töten wollen. Richter Hasler sah aber trotzdem eine weitreichende Schuld des 89-Jährigen. Dieser sehe bis heute auf unerklärliche Weise die Verantwortung bei dem 42-Jährigen. „Aber Sie tragen die Verantwortung, ganz allein Sie.“ Ein psychiatrischer Gutachter hatte dem Angeklagten Demenz und paranoide Züge unterstellt, aber die Schuldfähigkeit nicht völlig bezweifelt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden