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München: Sondersitzung am Samstag: Überdruck in der CSU-Herzkammer

München

Sondersitzung am Samstag: Überdruck in der CSU-Herzkammer

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    Wenn sich die Türen für eine Sitzung der CSU-Landtagsfraktion schließen wie auf unserem Foto, kann es dahinter schon mal laut werden.
    Wenn sich die Türen für eine Sitzung der CSU-Landtagsfraktion schließen wie auf unserem Foto, kann es dahinter schon mal laut werden. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Die CSU im Landtag fiebert der Fraktionssitzung am Samstag entgegen. Schon die offizielle Tagesordnung enthält jede Menge Sprengstoff: Kann „Jamaika“ in Berlin funktionieren? Kann sich die CSU wirklich mit den Grünen in einer Bundesregierung verbünden? Und wenn nicht, was dann? Noch brisanter aber ist die Frage, ob es bereits in dieser Sondersitzung zu einer offenen Revolte gegenüber Parteichef Horst Seehofer kommt. Die Mittelbayerische Zeitung zitierte diese Woche einen namentlich nicht genannten, führenden CSU-Mann mit den Worten: „Das Pulverfass steht, die Lunte ist gelegt, bisher hat sie nur noch keiner gezündet.“ Die Bild-Zeitung sieht sogar „höchste Explosionsgefahr“ und wagt die forsche Prognose: „Ein falsches Wort, und es knallt.“

    Tatsächlich scheinen eine ganze Reihe von CSU-Landtagsabgeordneten wild entschlossen, Seehofer bereits am Samstag zum Rückzug vom Amt des Ministerpräsidenten aufzufordern, um ihn möglichst bald durch Finanzminister Markus Söder zu ersetzen. Da wolle man sich weder von der Partei, noch von „den Berlinern“ (gemeint ist die CSU-Landesgruppe im Bundestag) reinreden lassen. „Wir in der Fraktion entscheiden, wer Ministerpräsident in Bayern ist“, sagte eine Söder-Unterstützerin diese Woche gegenüber unserer Redaktion. Viele andere äußern sich ähnlich: Es müsse jetzt schnell gehen. Die Partei habe mit Blick auf die Landtagswahl 2018 keine Zeit mehr zu verlieren. Nach den dramatischen Stimmenverlusten bei der Bundestagswahl und den stetig schlechter werdenden Umfragewerten für die CSU müsse man möglichst zügig die lähmende Personalfrage klären und zu alter Geschlossenheit zurückfinden. In der Landtagsfraktion, die sich selbst als „Herzkammer der CSU“ sieht, herrscht Überdruck.

    Scharfe Ankündigungen aus der zweiten Reihe

    Dass er sich tatsächlich mit lautem Knall entlädt, steht allerdings keineswegs fest. Bisher nämlich kommen die scharfen Ankündigungen nur anonym und nur aus der zweiten Reihe. Und obendrein weiß keiner, mit welchem Ergebnis Seehofer und sein Sondierungsteam aus Berlin zurückkommen. Sollte das Experiment „Jamaika“ bis zum Samstag gescheitert sein, so eine weit verbreitete Überzeugung, werde die Nachfolgedebatte sofort und mit voller Wucht beginnen. Im Fall, dass im Bund Neuwahlen drohen, bliebe der CSU schließlich gar nichts anderes übrig, als grundsätzlich über eine personelle Neuaufstellung zu reden. Wenn aber über Jamaika diskutiert werden muss, dann könne es durchaus sein, dass die „Revolutionäre“ der Mut ganz schnell verlässt.

    Nur rund vier Stunden wird die Sitzung am Samstag im Landtag dauern. Sie beginnt um 10 Uhr. Um 14 Uhr sollen die Ergebnisse der Presse bekannt gegeben werden. Bereits um 15 Uhr trifft sich der Parteivorstand in der CSU-Zentrale zu einer Sondersitzung.

    Hat jemand den Mumm, Seehofers Rücktritt zu fordern?

    Vier Stunden sind nicht viel, sagen alte Hasen in der CSU-Fraktion. Seehofer werde über die Sondierungsergebnisse berichten. Andere aus dem Sondierungsteam wie Fraktionschef Thomas Kreuzer oder Landtagspräsidentin Barbara Stamm werden das Wort ergreifen und vermutlich Seehofer den Rücken stärken. Die Fachpolitiker in der Fraktion werden sich zu strittigen Inhalten melden. Und es werde jede Menge Appelle geben, dass die CSU sich in der Zeit der erwartet schwierigen Koalitionsverhandlungen keinen Führungsstreit leisten könne. Ob da einer oder eine den Mumm habe, Auge in Auge mit Seehofer dessen Rücktritt als Ministerpräsident zu fordern, sei mehr als fraglich. Dann müsste schließlich auch die Frage beantwortet werden, wer in Berlin die Verhandlungen für die CSU fortsetzen könne.

    Aus Seehofers Umfeld gibt es zudem keinerlei Signale dafür, dass er sich auf eine abschließende Debatte über seine Zukunft einlassen will. Einziger Programmpunkt der Fraktionssitzung sei Jamaika, darüber hinaus sei nichts geplant, auch wenn „der Chef immer für eine Überraschung gut“ sei.

    Es sei somit trotz all des aufgestauten Ärgers und dem intensiven Wunsch nach einem personellen Neuanfang „eher wahrscheinlich“, dass die Sitzung am Samstag „gesittet“ über die Bühne gehen und die Personaldebatte erneut vertagt werde. Seehofers Unterstützer haben dafür diese Woche in der Landtagsfraktion intensiv geworben. Sie haben seine Kritiker ausdrücklich ermahnt, das Ende zu bedenken. Außerdem weisen sie darauf hin, dass sich auch bei Seehofer einiger Ärger über Rücktrittsforderungen und kritische Kommentare aus der Partei aufgestaut habe.

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