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Energie: Stromtrassen kommen nicht vor 2025 nach Bayern

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Stromtrassen kommen nicht vor 2025 nach Bayern

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    Die Stromtrassen, die billigen Windstrom aus dem Norden nach Bayern bringen sollen, werden später fertig als geplant.
    Die Stromtrassen, die billigen Windstrom aus dem Norden nach Bayern bringen sollen, werden später fertig als geplant. Foto: Alexander Kaya, Archiv

    Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass die großen neuen Stromautobahnen, die billigen und sauberen Windstrom aus Nord- und Ostdeutschland nach Bayern bringen sollen, erst deutlich später als ursprünglich geplant fertiggestellt werden können.

    In einem aktuellen „Monitoring“ der Netzagentur zum Ausbau der Stromnetze ist unter anderem für die „SuedLink“-Trasse von Schleswig-Holstein nach Grafenrheinfeld in Unterfranken wie auch für die „Sued-Ost-Link“ von Sachsen-Anhalt nach Landshut in Niederbayern nun von einer „angestrebten“ Inbetriebnahme im Jahr 2025 die Rede. Das ist deutlich nach der geplanten Abschaltung der letzten bayerischen Atomkraftwerke in Gundremmingen (2021) und Landshut (2022).

    Erdverkabelung ist Grund für Verzögerung bei Stromtrassen

    Es werde „alles darangesetzt, den angestrebten Termin als Inbetriebnahmedatum zu erreichen“, heißt es in dem im Internet veröffentlichten Papier. Allerdings sei zum jetzigen Zeitpunkt selbst der konkrete Verlauf der beiden Trassen „noch nicht absehbar“. Bislang war eine Fertigstellung der zwei größten neuen Trassen durch Bayern für 2022 vorgesehen.

    Grund für die langjährige Verzögerung ist der im vergangenen Sommer von der Berliner Koalition beschlossene Vorrang der Erdverkabelung bei den großen neuen Gleichstrom-Autobahnen in Deutschland. „Damit mussten unsere Planungen komplett auf null gesetzt werden“, heißt es beim zuständigen Trassenbetreiber Tennet.

    2025 als Fertigstellungstermin sei zudem nur „eine Best-Case-Berechnung“, warnt man bei Tennet. Dieses Datum sei nur dann zu erreichen, „wenn keine neuen Verzögerungen mehr auftreten“.

    Wie wirkt sich die Versorgungslücke auf den Strompreis aus?

    Der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, verteidigt trotz der Verzögerung den vor allem von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) durchgesetzten Vorrang der unterirdischen Leitungen: „Erdkabel können uns helfen, Akzeptanz für den Netzausbau zu schaffen“, glaubt Homann. „Das Erdkabelgesetz verzögert den Netzausbau daher nicht, es macht ihn erst möglich.“

    Klar scheint allerdings, dass zwischen der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke und der Fertigstellung der neuen Leitungen eine jahrelange Lücke droht, deren mögliche Folgen für die Stromversorgung und vor allem für den Strompreis in Bayern noch völlig unklar sind.

    „Eine mögliche Verzögerung des Netzausbaus gefährdet nicht die Stromversorgung in Bayern, sie führt aber zu höheren Kosten und verschlechtert die CO2-Bilanz“, räumt eine Sprecherin von Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ein.

    Die Kosten steigen demnach vor allem durch die zunehmende Anzahl von Eingriffen der Betreiber: Um das Netz stabil zu halten, müssen diese schon jetzt beinahe täglich Windparks drosseln oder fossile Ersatzkraftwerke kurzfristig hochfahren.

    Allein bei Tennet gab es 2015 rund 1500 solche Eingriffe, die nach Firmenangaben rund 700 Millionen Euro kosteten – bezahlt von den Stromkunden. Gehen auch noch die süddeutschen Atomkraftwerke vom Netz, ohne dass die Ausgleichsleitungen fertig sind, könne sich diese Situation dramatisch verschärfen, warnt man bei Tennet.

    SPD und Grüne warnen vor unterschiedlichen Preiszonen in Deutschland

    Als Reaktion auf die Stromnetz-Ungleichgewichte will die Bundesregierung nun sogar den Ausbau der Windkraft in Nord- und Ostdeutschland bremsen. Doch falls sich der Trassenausbau weiter verzögert, könnten in Deutschland trotzdem unterschiedliche Strompreiszonen entstehen, warnen etwa SPD und Grüne im Landtag: eine mit viel billigem Windstrom im Norden – und eine durch Erzeugung und Netzkosten deutlich teurere im Süden.

    Erst vor wenigen Wochen hatte die CSU-Staatsregierung einräumen müssen, dass Bayern im Jahr 2025 wohl mehr als die Hälfte seines Strombedarfs importieren muss. Die Gefahr von Preisnachteilen sei allerdings durch die Windkraftbremse für den Norden nun beseitigt, glaubt man im Wirtschaftsressort – weil so die Netzeingriffe und die damit verbundenen Kosten reduziert würden.

    Allein die Möglichkeit von Preiszonen „ist für einen Industriestandort wie Bayern gar nicht gut“, glaubt dagegen Martin Stümpfig von den Grünen. Und die SPD-Energieexpertin Natascha Kohnen warnt, durch den falschen CSU-Kurs könne Bayern am Ende gar auf billigen Atomstrom aus dem Ausland angewiesen sein.

    Beim Trassenbau drohe zudem eine ständige Verzögerung „wie beim Berliner Flughafen“, befürchtet Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger – und verlangt eine „Notbremse“: Statt auf neue Trassen zu warten, sollte Bayern lieber daheim alternative Energien ausbauen, findet er.

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