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Alpen: Warum die Lawinengefahr jetzt besonders groß ist

Alpen

Warum die Lawinengefahr jetzt besonders groß ist

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    Einsatz in den Alpen: Bergretter Thomas Merkel und sein Lawinenhund "Jessy".
    Einsatz in den Alpen: Bergretter Thomas Merkel und sein Lawinenhund "Jessy". Foto: Sven Hoppe/dpa

    Die Sonne strahlt, die Luft ist angenehm lau. Der weiße Firn lockt abseits der Pisten. Alles wirkt freundlich und entspannt, verführerisch glitzert der Schnee. Aber gerade die Frühlingssonne bringt tödliche Gefahr: schwere Grundlawinen. "Die Sonne hat schon richtig Kraft", sagt Thomas Griesbeck von der Bergwacht Bayern. "Die Hänge, die in der prallen Sonne liegen, sind besonders gefährdet." Der Schnee wird weich, nass und schwer - und rutscht auf dem Untergrund ab. Knochenbrüche und innere Verletzungen lassen Verschütteten oft keine Überlebenschance. 

    Ein junger Sportlehrer aus Freising wurde am vergangenen Freitag vor den Augen seines 62 Jahre alten Vaters im Osttiroler Skigebiet Brunnalm von einer Lawine verschüttet. Ein Fuß ragt aus dem Schnee - der Vater versucht den 27-Jährigen auszugraben, nimmt seine Skier zu Hilfe. Aber der Schnee ist verbacken - er hat keine Chance. Es sollte die letzte Abfahrt nach einem perfekten Skitag sein. Die beiden verließen die Piste - und fuhren ins Verderben. Früh morgens wäre der Schnee vielleicht noch hart gewesen und hätte gehalten. Es herrschte allgemein nicht einmal besonders hohe Lawinengefahr. 

    Lawine reißt Tourengeher beinahe in den Tod

    Wenige Tage zuvor reißt eine 200 mal 400 Meter große Lawine in 1700 Metern Höhe im Embachkar eine Frau aus dem Berchtesgadener Land und einen Österreicher mit sich. Sie gehören zu einer Gruppe von fünf Tourengehern. Mittags sind sie bei mittelgroßer Lawinengefahr unterwegs, als sie das Schneebrett lostreten. Der 70 Jahre alte Österreicher wird gegen einen Baum gedrückt und schwer verletzt. Die Frau hat laut Polizei kein Verschüttetensuchgerät bei sich. Ein Lawinenhund macht sie schließlich unter dem Schnee ausfindig; Bergretter bergen sie stark unterkühlt. Sie hat 90 Minuten unter der Lawine überlebt - ein kleines Wunder. 

    Statistisch sinken die Chancen nach 15 bis 35 Minuten auf ein Drittel, nach 90 Minuten werden nur sieben Prozent lebend gerettet. "Es gibt immer wieder die Möglichkeit länger zu überleben, etwa wenn der Verunglückte eine große Atemhöhle hat", sagte die Sprecherin des Deutschen Alpenvereins, Andrea Händel, nach dem Unglück. Auch der junge Freisinger war eineinhalb Stunden unter dem Schnee - für ihn kam aber jede Hilfe zu spät.

    Mann aus Murnau stirbt in Südtiroler Alpen

    In den Südtiroler Alpen war bereits vor gut zwei Wochen ein Mann aus dem oberbayerischen Murnau in einer Lawine gestorben. Seine Frau hatte Alarm geschlagen, als er von einer Tour im Vinschgau nicht zurückkehrte. Sein Wohnwagen stand auf einem Parkplatz. Der nach Tagen noch aktive Lawinenpiepser führte die Rettungskräfte schließlich zur Leiche des Mannes. Im oberbayerischen Skigebiet Brauneck bei Lenggries rutschte am Wochenende ein Schneebrett bis auf die Piste - zu Schaden kam niemand. 

    Bergsport boomt - immer mehr Menschen ziehen am Wochenende in die Höhe. Nicht immer haben sie Erfahrung. An der Rotwand versuchte eine Gruppe von Schneeschuhgehern eine steile Rinne hinaufzuklettern - schließlich sind Skispuren darin. Erst auf Warnrufe anderer Tourengeher drehten sie um. Denn die Rinne ist steil - nur Geübte fahren sie auf Skiern hinunter. Beim Aufstieg wäre die Gefahr zu groß. 

    Werdenfelser Land und Berchtesgadener Alpen: erhebliche Lawinengefahr

    "Schneeschuhgeher sind oft Quereinsteiger und kommen eigentlich aus dem Wandern", sagt Griesbeck. "Sie kennen die Wege möglicherweise vom Sommer - und gehen sie auch im Winter." Dabei liegen Sommerwege oft in bei Schnee gefährdeten Hängen. Gibt es bei der Abfahrt auf Skiern bei den eher langsamen Nassschneelawinen eine gewisse Chance zu entkommen, so ist das zu Fuß meist aussichtslos. 

    Im Werdenfelser Land und den Berchtesgadener Alpen herrschte zum Wochenstart erhebliche Lawinengefahr, ebenso vielerorts in Österreich, in der Silvretta, in den Ötztaler, Stubaier und Kitzbüheler Alpen. In der zweiten Wochenhälfte soll es Regen und Schnee geben - das dürfte die Lage nicht entschärfen. 

    Doch auch der Lawinenlagebericht bietet keine endgültige Sicherheit. Vor allem der Wind ist tückisch. Durch die teils geringen Schneefälle und starken Wind variiert die Lawinengefahr gerade in diesem Jahr oft schon auf wenigen Metern, wie DAV-Sprecherin Händel erläutert. "Das macht die Beurteilung besonders schwierig." AZ/dpa

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