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Naturschutz: Fragen und Antworten: Werden die Donau-Auen zum Nationalpark?

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Fragen und Antworten: Werden die Donau-Auen zum Nationalpark?

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    Die Donau-Auen zwischen Marxheim (Kreis Donau-Ries) und Ingolstadt sind einer von zwei Kandidaten für den dritten Nationalpark in Bayern.
    Die Donau-Auen zwischen Marxheim (Kreis Donau-Ries) und Ingolstadt sind einer von zwei Kandidaten für den dritten Nationalpark in Bayern. Foto: Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen

    Bayern bekommt einen dritten Nationalpark, das steht so gut wie fest. Nur wo dieser liegen soll, ist weiterhin unklar. Seit dieser Woche sind nur noch zwei Kandidaten im Rennen: die Donau-Auen in Schwaben und Oberbayern sowie die Rhön im Dreiländereck von Bayern, Hessen und Thüringen. In den kommenden Monaten sollen beide Regionen genau unter die Lupe genommen und konkrete Konzepte erarbeitet werden. Eine endgültige Entscheidung könnte dann im nächsten Jahr fallen. Die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick:

    Was macht die Donau-Auen rund um Neuburg so besonders?

    Während die Donau selbst über weite Strecken begradigt, kanalisiert und mit Staustufen verbaut ist, gilt der Auwald entlang des Flusses als bayerischer Dschungel und Naturjuwel mit einer beeindruckenden Vielfalt von Flora und Fauna. Zu finden sind dort unter anderem rund 500 Pflanzen und Tiere, die auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen. In den vergangenen Jahren wurde das Auwaldgebiet aufwendig renaturiert, „ökologische Überflutungen“ haben Teile der Aue in eine schwer zugängliche Sumpflandschaft verwandelt, in der die Natur sich selbst überlassen ist.

    Wo könnte ein Nationalpark an der Donau liegen?

    Bislang ist die Rede davon, die Auwälder entlang der Donau von der Lechmündung beim schwäbischen Marxheim (Kreis Donau-Ries) bis zum oberbayerischen Ingolstadt als Nationalpark auszuweisen. Auch über eine Ausweitung des Gebietes bis in den Landkreis Kelheim hinein wird spekuliert, allerdings gibt es dort erhebliche Widerstände. „Wir haben keine Donau-Auen“, erklärte jüngst Landrat Martin Neumeyer, ein derartiger Nationalpark in „seinem“ Landkreis sei daher ein Etikettenschwindel.

    Warum ist die Größe des Gebietes ein Problem?

    Die Donau-Auen zwischen Marxheim (Kreis Donau-Ries) und Ingolstadt sind einer von zwei Kandidaten für den dritten Nationalpark in Bayern.
    Die Donau-Auen zwischen Marxheim (Kreis Donau-Ries) und Ingolstadt sind einer von zwei Kandidaten für den dritten Nationalpark in Bayern. Foto: Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen

    Tatsächlich muss ein Nationalpark laut Bayerischem Naturschutzgesetz mindestens 10.000 Hektar groß sein – die Auwälder zwischen Marxheim und Ingolstadt umfassen allerdings lediglich eine Fläche von rund 3500 Hektar. In den kommenden Monaten soll nun geprüft werden, ob ein Nationalpark Donau-Auen noch ausgeweitet werden könnte. Zum Beispiel hat die Stadt Donauwörth ihren Kommunalwald als Erweiterungsfläche ins Gespräch gebracht. Oder es könnte von der gesetzlichen Vorgabe abgewichen werden. In Deutschland gibt es 16 Nationalparks – mehrere von ihnen sind kleiner als besagte 10000 Hektar.

    Was haben die Kritiker gegen einen Nationalpark Donau-Auen?

    Auch wenn der Widerstand bisher etwas leiser ausgefallen ist als andernorts, gibt es auch an der Donau Widerstand. Kritiker finden sich vor allem in Reihen der Landwirte, bei Jägern, Grundeigentümern und den sogenannten Holzrechtlern. Sie befürchten Betretungsverbote, Enteignungen und die Einschränkungen ihrer Privilegien. Auch Kommunalpolitiker üben Kritik. Die Bürgermeister der Donauanliegergemeinden Oberhausen und Bergheim warnen davor, dass ihre Gemeinden in ihrer Entwicklung ausgebremst werden könnten, die Gemeinderäte haben einen Nationalpark abgelehnt. Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling pocht darauf, dass ein Nationalpark keinesfalls den Bau der dringend benötigten, zweiten Donaubrücke blockieren dürfe. Die Naturschützer dagegen wollen sich nicht auf die Donau-Auen beschränken. Der Bund Naturschutz möchte einen Waldnationalpark zum Schutz der wertvollen Rotbuchenbestände, die ihre weltweit größte Verbreitung in Deutschland haben. Deshalb pocht der Bund Naturschutz auf den Steigerwald, den die bayerische Staatsregierung aber gar nicht erst in die Auswahl genommen hatte, oder den mittlerweile aus dem Rennen ausgeschiedenen Spessart.

    Was würde die Ausweisung als Nationalpark bedeuten?

    Nationalparks dienen in erster Linie dem besonderen Schutz der Tier- und Pflanzenwelt. Auf 75 Prozent der geschützten Fläche muss der Natur nach der Devise „Natur Natur sein lassen“ ohne menschliches Zutun freier Lauf gelassen werden. Forstwirtschaft und Jagd sind dadurch nur noch eingeschränkt möglich. Nationalparks sollen aber auch der „naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung“ dienen und Touristen anlocken. Der Freistaat steckt schon jetzt jährlich rund 25 Millionen Euro in die Pflege seiner zwei bestehenden Nationalparks im Bayerischen Wald und in den Berchtesgadener Alpen und die touristische Infrastruktur wie Rad- und Wanderwege.

    Stimmen zur Nationalpark-Vorentscheidung

    Die Vorentscheidung des bayerischen Kabinetts, dass der dritte Nationalpark im Freistaat entweder in der Rhön oder den Donauauen entstehen soll, ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Hier einige Stimmen:

    "Diese Entscheidung der Landesregierung von Horst Seehofer verhindert den bestmöglichen Naturschutz. Steigerwald und Spessart sind die besten Gebiete, da sie als alte und große Laubwälder ökologisch von besonderem Wert sind. Wenn die Landesregierung die Empfehlung der Umweltschutzverbände ignoriert, dann geht es beim dritten Nationalpark in Bayern nicht in erster Linie um den Schutz der Natur."

    (Greenpeace-Waldexpertin Sandra Hieke)

    "Wir freuen uns, dass trotz massiven Protesten von örtlichen CSU-Landtagsabgeordneten, Holzindustrielobbyisten und dem Bayerischen Bauernverband zwei geeignete und ebenfalls vom Bund Naturschutz vorgeschlagene Regionen in die Konzeptphase kommen...Bedauerlich ist, dass Horst Seehofer und das Kabinett mit dem Ausschluss von Steigerwald und Spessart jedoch gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung und alle naturschutzfachlichen Argumente handeln."

    (Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern)

    "Auch wenn ich mich für beide Regionen freue: Das unprofessionelle und intransparente Vorgehen von Ministerin Scharf bringt Bayern einen Nationalpark des geringsten Widerstands, der in erster Linie der CSU einen falschen umweltpolitischen Anstrich verleihen soll. Es gibt aber offensichtlich weder den Willen noch den Mut zur besten Lösung für den Naturschutz."

    (Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Florian von Brunn, der die Nichtberücksichtigung von Steigerwald und Spessart unverständlich nennt)

    "Hier ging es nicht um den großen Wurf, etwa zum Schutz der wertvollen Buchenbestände in Bayern, sondern letztlich um den Weg des geringsten Widerstands."

    (Der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl, der einen Nationalpark Steigerwald favorisiert hätte)

    "Das Vorgehen der Staatsregierung ist kritikwürdig, weil gesagt wurde, ein Nationalpark komme nur mit Zustimmung der Bevölkerung, aber nicht dargelegt wurde, wie die Zustimmung ermittelt wird."

    (Hans Jürgen Fahn, unterfränkischer Landtagsabgeordneter der Freien Wähler)

    "Ich begrüße die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung explizit und bin froh, dass das Thema Nationalpark im Spessart jetzt vom Tisch ist. Der gesamte Prozess der CSU-Staatsregierung hat in den vergangenen Monaten in der Region tiefe Gräben ausgehoben, die jetzt mühsam wieder zugeschüttet werden müssen. Das ist bedauerlich und wäre nicht nötig gewesen."

    (Der unterfränkische FDP-Bezirksvorsitzende Karsten Klein)

    "Ich finde es sehr gut, dass mit der Entscheidung des Kabinetts heute der Zeitdruck herausgenommen wurde. Ich habe auch immer deutlich gemacht: Zunächst muss klar sein, wie die Gebietskulisse aussieht und auf dieser Sachlage muss diskutiert werden, bevor man eine Entscheidung treffen kann. Oder wie man in Franken sagt: Man muss nun einen Kloß nach dem anderen essen."

    (Thomas Bold (CSU), Landrat von Bad Kissingen) 

    "Ich freue mich, dass der Ministerrat einen Waldanteil in der Rhön als geeignete Kulisse ansieht. Das könnte ein sehr schönes Nebeneinander mit der hochwertigen Kulturlandschaft des Biosphärenreservates ergeben....Der Nationalpark ist die einzige Form, um den Wald seinem Lebenszyklus überlassen zu können, ihn alt werden zu lassen und ihn nicht wirtschaftlich zu nutzen."

    (Thomas Habermann (CSU), Landrat Landkreis Rhön-Grabfeld)

    "Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass beide Seiten davon überzeugt sind, dass die Region wertvoll ist. Sie hat aus naturschutzfachlicher und touristischer Sicht Potenzial. Nun ist es wichtig, diese "vertane Chance" anderweitig zu nutzen, um für die Region etwas zu erreichen."

    (Thomas Schiebel (Freie Wähler), Landrat des Landkreises Main-Spessart zum Ausscheiden des Spessart aus der Kandidatenrunde)

    "Ich habe aus meiner ablehnenden Haltung zu einem möglichen Nationalpark Spessart keinen Hehl gemacht. Deshalb bin ich froh, dass das Thema nun vom Tisch ist. Die Diskussionen um einen Nationalpark, die mittlerweile völlig festgefahren sind, haben die Region tief gespalten - das hätte es alles so gar nicht gebracht."

    (Bundestagsabgeordneter Alexander Hoffmann (CSU), Bundestagswahlkreis Main-Spessart)

    "Da nun nur noch die Rhön in die Konzeptphase aufgenommen wurde, sind wir der Auffassung, dass in Spessart und Steigerwald weitere Unterschutzstellung von wertvollen Flächen zeitnah stattfinden muss. Im Steigerwald muss der "Hohe Buchene Wald" jetzt dringend unter Schutz gestellt werden, damit unsere Kinder und Enkel diese besondere Waldlandschaft noch erleben können."

    (Manuela Rottmann, Grünen-Bezirksvorsitzende in Unterfranken)

    "Alles befindet sich im ständigen Wandel, auch die Natur! Klimaveränderungen, menschliches Tun, aber auch andere Umwelteinflüsse führen zu ständigen Veränderungen in der Artenzusammensetzung. Zu glauben, durch einfache Stilllegung von Waldflächen würde sich alles zum Guten wenden, ist naiv und ein Auslaufmodell."

    (Landtagsabgeordneter Peter Winter (CSU), der zudem Vorsitzender des Vereines "Wir im Spessart" ist, der sich gegen einen Nationalpark im Spessart gestellt hat) (dpa)

    Ist ein Nationalpark wirklich ein Touristenmagnet?

    Das Siegel „Nationalpark“ gilt im Naturtourismus als Premiummarke. Laut Umweltministerium locken die beiden bayerischen Nationalparks jährlich rund drei Millionen Besucher an. Die sogenannte Wertschöpfung für die beiden Regionen werden auf rund 68 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Für die Region rund um die Donau-Auen hat ein Gutachter im Falle eine Ausweisung zum Nationalpark eine deutliche Steigerung der Übernachtungszahlen (2016 waren es 1,4 Millionen) und Einnahmen in Höhe von rund sieben Millionen Euro prognostiziert. Im Vergleich zum Status quo sei das eine Zunahme der Einnahmen von 70 Prozent.

    Wie stehen die Chancen der Donau-Auen?

    Nach der Entscheidung des bayerischen Kabinetts gegen Spessart und Frankenwald stehen die Chancen für die Donau-Auen besser denn je. Einziger verbleibender Konkurrent ist die Rhön. Das Mittelgebirge liegt im Dreiländereck von Hessen, Bayern und Thüringen und ist mit seinem höchsten Berg, der Wasserkuppe, bis zu 950 Meter hoch. Die Rhön ist seit 1991 bereits Unesco-Biosphärenreservat und überdurchschnittlich reich an Pflanzenarten. In den Kernzonen gibt es Buchen-Urwälder. Außerdem bietet die Rhön Hoch- und Niedermoore sowie Berg- und Feuchtwiesen. Ein Nationalpark könnte hier länderübergreifend bis nach Hessen hinein reichen.

    Mit Material von dpa

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