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NSU-Prozess: Wie kam der NSU an seine Waffen?

NSU-Prozess

Wie kam der NSU an seine Waffen?

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    Beate Zschäpe muss sich als mutmaßliche Täterin für zehn Morde vor Gericht verantworten.
    Beate Zschäpe muss sich als mutmaßliche Täterin für zehn Morde vor Gericht verantworten. Foto: Tobias Hase (dpa), Archiv

    Unterweltkriminelle sollen die rechtsextreme Szene in Jena in den 90er Jahren nach Aussagen eines Zeugen im Münchner NSU-Prozess mit Waffen versorgt haben. Ein ehemaliges Bandenmitglied sagte am Dienstag, seine Gruppe habe Rechtsradikale bewaffnet, weil man sich von ihnen Unterstützung gegen konkurrierende ausländische Verbrechergruppen versprochen habe. Am Rande der Verhandlung wurde bekannt, dass das Gericht den jüngsten Befangenheitsantrag Zschäpes gegen den Vorsitzenden Richter Manfred  Götzl abgelehnt hat.

    Beate Zschäpe ist Hauptangeklagte im NSU-Prozess

    Der Zeuge sagte, seine Bande habe nie Probleme gehabt, sich Waffen zu besorgen. Ihm zufolge stammten sie von abziehenden russischen Soldaten nach dem Ende der DDR, von einer Mafia-Gruppe und von Waffenhändlern in der Schweiz, deren Namen er nicht nennen wollte.

    Das ist Beate Zschäpe

    Beate Zschäpe wurde am 2. Januar 1975 in Jena geboren. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin.

    Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging Beate Zschäpe einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. «Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter», heißt es weiter.

    Mit dem Gesetz kam Zschäpe erstmals als 17-Jährige in Konflikt. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen «Diebstahls geringwertiger Sachen» zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Zu der Zeit war sie aber häufiger Gast im Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt ist viel spekuliert worden.

    Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beteiligten sich zu der Zeit an Neonazi-Aufmärschen im ganzen Land.

    Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt.

    Danach agierte Zschäpe mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie nannte sich unter anderem Silvia, Lisa Pohl, Mandy S. oder Susann D. Zeugen beschrieben sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.

    Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena.

    Im Prozess schwieg Zschäpe lange Zeit. An Verhandlungstag 211, im Juni 2015, antwortete sie dem Richter ein erstes Mal, und zwar auf die Frage, ob sie überhaupt bei der Sache sei.

    Zu den Vorwürfen äußerte sich Zschäpe erstmal im September 2015. Ihr Verteidiger las das 53-seitige Dokument vor, in dem Zschäpe ihre Beteiligung an den Morden und ihre Mitgliedschaft im NSU bestritt. Lediglich die Brandstiftung in der letzten Fluchtwohnung des Trios gestand sie.

    Ein psychologisches Gutachten aus dem Januar 2017 beschreibt Zschäpe als "voll schuldfähig".

    Auf die Frage Götzls, ob er Beate Zschäpe oder einen der vier mitangeklagten mutmaßlichen Terrorhelfer kenne, deutete er auf André E. und Ralf Wohlleben. Zschäpe kenne er dagegen nicht.

    Die Hauptangeklagte Zschäpe muss sich als mutmaßliche Mittäterin für die zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge verantworten, die die Bundesanwaltschaft dem NSU vorwirft. Als Motiv nimmt die Anklage Rassismus und Fremdenhass an. Wohlleben ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt, weil er die Pistole vom Typ "Ceska" beschafft haben soll, mit der neun der zehn NSU-Morde verübt worden sein sollen. Die "Ceska" ist die einzige NSU-Waffe, deren Herkunft als geklärt gilt. 

    "Ich habe ein Kind": Zeuge fühlt sich bedroht

    Was nach dem NSU-Desaster geschah

    Nach dem Auffliegen der rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) im November 2011 begann in Deutschland eine mühsame politische Aufarbeitung der Geschehnisse. Nach und nach kamen Detail s zu den Verbrechen ans Licht - und die haarsträubenden Pannen bei der Aufklärung.

    13. November 2011: Der Bundesgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe.

    16. Dezember 2011: Als Folge der Ermittlungspannen im Fall NSU wird das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus eröffnet. Dort sollen sich die Sicherheitsbehörden ständig über Gefahren aus der rechten Szene austauschen.

    27. Januar 2012: Im Bundestag nimmt ein Untersuchungsausschuss zum Fall NSU seine Arbeit auf.

    16. Februar 2012: Auch im Landtag von Erfurt startet ein Untersuchungsausschuss, weil das NSU-Trio aus Thüringen stammte.

    17. April 2012: Ein Untersuchungsausschuss im Dresdner Landtag macht sich an die Aufarbeitung - in Sachsen war das Trio jahrelang untergetaucht.

    2. Juli 2012: Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, bittet nach den Pannen bei der Aufklärung der NSU-Morde um seine Entlassung.

    3. Juli 2012: Auch Thüringens Verfassungsschutz-Präsident Thomas Sippel muss sein Amt aufgeben.

    5. Juli 2012: Ein weiterer Untersuchungsausschuss geht im Landtag in München an die Arbeit - in Bayern hatten die NSU-Terroristen die meisten Morde begangen.

    11. Juli 2012: Sachsens Verfassungsschutz-Präsident Reinhard Boos tritt zurück.

    13. September 2012: Die Pannen rund um die NSU-Morde zwingen auch Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz-Chef Volker Limburg aus dem Amt.

    19. September 2012: Eine neue Neonazi-Datei geht in Betrieb. Die Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern sammeln darin Informationen über gewaltbereite Rechtsextremisten und deren Hintermänner.

    8. November 2012: Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen Zschäpe.

    14. November 2012: Berlins Verfassungsschutz-Chefin Claudia Schmid tritt von ihrem Posten zurück.

    7. Dezember 2012: Die Innenminister von Bund und Ländern einigen sich auf Reformen beim Verfassungsschutz: Dazu gehören eine zentrale Datei für Informanten des Inlands-Geheimdienstes und einheitliche Kriterien zur Führung dieser V-Leute. Der Informationsaustausch der Ämter in Bund und Ländern soll besser werden.

    14. Dezember 2012: Der Schock über die NSU-Verbrechen hat die Debatte über ein NPD-Verbot neu entfacht. Die Länder preschen vor und beschließen im Bundesrat, vor dem Bundesverfassungsgericht ein Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei einzuleiten.

    20. März 2013: Das Bundeskabinett entscheidet sich dagegen, einen eigenen Verbotsantrag gegen die NPD zu stellen.

    März 2013: Das Oberlandesgericht München steht wenige Wochen vor Prozessbeginn in der Kritik: Das Gericht hatte die Presseplätze nach dem Windhund-Prinzip vergeben. Alle türkischen und griechischen Medien gingen leer aus.

    4. April 2013: Eklat um den NSU-Prozess: Die türkische Zeitung "Sabah" reicht eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.

    13. April 2013: Die Verfassungsschützer ordnen an, mindestens drei weitere Plätze für ausländische Medien zu schaffen. Das OLG verschiebt den Prozess daraufhin auf den 6. Mai - die Plätze werden im Losverfahren neu vergeben.

    Anführer der Bande seien Zwillinge aus Jena gewesen. Die Frage des Richters, ob diese die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gekannt hätten, wollte der Zeuge nicht beantworten, weil er sich bedroht fühle. "Ich habe ein Kind", sagte er und forderte für die weitere Vernehmung einen Anwalt - dieser wurde ihm zugesagt. Der Richter kündigte an, den Zeugen erneut zu laden. Die für Mittwoch geplante Vernehmung der Zwillinge wurde verschoben. dpa/AZ

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