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Russland: Putins Rede an die Nation: "Wir suchen keine Feinde"

Russland

Putins Rede an die Nation: "Wir suchen keine Feinde"

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    Russlands Präsident Wladimir Putin hält in Moskau seine Rede an die Nation.
    Russlands Präsident Wladimir Putin hält in Moskau seine Rede an die Nation. Foto: Yuri Kochetkov (dpa)

    Moskau (dpa) - Angesichts der schwersten Krise zwischen Russland und dem Westen seit Jahrzehnten hat Kremlchef Wladimir Putin ein Signal der Zusammenarbeit gesendet: "Wir wollen keine Konfrontation, wir suchen keine Feinde."

    "Wir brauchen Freunde, aber wir dulden keine Missachtung unserer nationalen Interessen", sagte er bei einer Rede an die Nation vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft in Moskau. Zugleich rief Putin die USA zum gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus im Bürgerkriegsland Syrien auf.

    Russlands Politik in der Ukraine-Krise und im Syrien-Konflikt sowie Nato-Aktivitäten in Osteuropa haben die heftigsten Spannungen mit dem Westen seit dem Ende des Kalten Krieges ausgelöst. Vor allem das Verhältnis zu den USA unter Präsident Barack Obama ist zerrüttet. Putin bekräftigte indes, Russland sei zur Zusammenarbeit mit der neuen US-Regierung unter Donald Trump bereit.

    Anders als in früheren Reden an die Nation spielten internationale Themen eine untergeordnete Rolle in Putins 13. Ansprache als Präsident. Vor rund 1000 Amts- und Würdenträgern hielt er mehr als 69 Minuten einen flammenden Appell an die "Einigkeit in schweren Zeiten" und ging auf die Wirtschaftskrise und innenpolitische Probleme ein.

    Russland: Putin sieht russische Wirtschaft im Aufwind

    Nach zwei Jahren Rezession beschwor Putin Zeichen der Entspannung. "Der Abschwung in der Realwirtschaft geht zurück, es gibt sogar ein kleines industrielles Wachstum", sagte er. 2015 war die Wirtschaftsleistung um 3,7 Prozent eingebrochen. Für das gesamte Jahr 2016 dürfte der Rückgang unbedeutend sein, meinte er.

    Die Rohstoffmacht leidet seit 2014 unter den Folgen niedriger Ölpreise. Westliche Sanktionen wegen der Ukraine-Krise verschärfen die Lage. Doch die Strafmaßnahmen hätten nicht gewirkt, meinte Putin. "Sie haben versucht, uns nach fremder Pfeife tanzen zu lassen, wie wir im Volksmund sagen, damit wir unsere fundamentalen Interessen vernachlässigen." Die Hauptgründe für den Abschwung seien aber etwa Defizite bei Investitionen, Wettbewerb und in der Ausbildung.

    Der russische Doping-Skandal im Schnelldurchlauf

    3. Dezember 2014: Alles beginnt mit dem Dokumentarfilm «Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht». Das Image des russischen Sports wird durch Enthüllungen der ARD über systematisches Doping, Vertuschung von Kontrollen und Korruption auf schockierende Weise beschädigt...

    ... Die Dokumentation präsentiert geheime Aufzeichnungen mit Hinweisen auf ein staatlich unterstütztes Doping sowie auf einen offenbar im Hintergrund wirkenden Betrugs- und Vertuschungsapparat. Sogar die Spitze des Leichtathletik-Weltverbandes mit Ex-Präsident Lamine Diack ist involviert.

    16. Dezember 2014: Die Welt-Anti-Doping setzt eine Kommission zur Aufklärung der Vorwürfe gegen den russischen Spitzensport ein. Der frühere WADA-Chef Richard W. Pound führt das dreiköpfige Gremium an, ihm zur Seite stehen Experte Richard McLaren und der deutsche Kriminalbeamte Günter Younger.

    16. Juli 2015: Aufgrund von Doping-Ermittlungen zieht der russische Leichtathletik-Verband vorläufig sein komplettes Geher-Team von internationalen Wettkämpfen zurück. Die WM findet Ende August in Peking ohne die mit Abstand erfolgreichste Geher-Nation statt.

    4. November 2015: Diack wird Bestechlichkeit und Geldwäsche vorgeworfen. Die französische Justiz erhebt Anklage gegen den 82-Jährigen. Diack soll in seiner Amtszeit mehr als eine Million Euro für die Vertuschung positiver Doping-Proben kassiert haben, erklärt eine französische Staatsanwältin.

    9. November 2015: Die unabhängige WADA-Kommission um Pound legt ihren ersten Bericht vor, der ein Schreckensbild der Doping-Praktiken in der russischen Leichtathletik zeigt. Die Kommission empfiehlt, Russland aus der IAAF auszuschließen. 

    10. November 2015: Die WADA entzieht dem Doping-Kontrolllabor in Moskau vorläufig die Akkreditierung. Das Internationale Olympische Komitee suspendiert das IOC-Ehrenmitglied Lamine Diack.

    13. November 2015: Die IAAF suspendiert den Gesamtrussischen Leichtathletik-Verband ARAF angesichts der gravierenden Dopingvorwürfe.

    18. November 2015: Die WADA suspendiert Russlands Anti-Doping-Agentur RUSADA, weil sie die Regeln nicht eingehalten hat.

    7. Januar 2016: Die Ethikkommission der IAAF sperrt im Zuge des Dopingskandals den Sohn von Ex-Präsident Diack, Papa Massata, den ehemaligen IAAF-Schatzmeister Walentin Balachnitschjow und Russlands Ex-Cheftrainer Alexej Melnikow lebenslang. Der frühere Anti-Doping-Chef Gabriel Dollé wird für fünf Jahre gesperrt.

    14. Januar 2016: Bei der Präsentation des zweiten Berichts wirft die unabhängige WADA-Kommission der IAAF «ein komplettes Versagen im Kampf gegen Doping und Korruption» vor. Hauptverantwortlicher für die «Organisation und Ermöglichung der Verschwörung» sei der frühere IAAF-Präsident Diack.

    6. März 2016: Das angeblich große Reinemachen in der russischen Leichtathletik wird durch neue Vorwürfe gegen die Sport-Weltmacht erschüttert. Eine neue TV-Dokumentation präsentiert im WDR Belege für Verstöße von Russlands Leichtathletik gegen Auflagen vom Weltverband IAAF und der Welt-Anti-Doping-Agentur. 

    7. März 2016: Die russische Weltklasse-Spielerin Maria Scharapowa ist bei den Australian Open im Januar positiv auf Meldonium getestet worden. Das gibt sie selbst bekannt. Bis Mitte April verzeichnet die WADA mehr als 170 Positiv-Tests auf Meldonium, das erst seit Jahresanfang auf der Liste der verbotenen Mittel steht. Da unklar ist, wie lange Meldonium nachweisbar ist, lockert die WADA ihre Richtlinien.

    12. Mai 2016: Der ehemalige Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, Gregori Rodschenkow, behauptet in der «New York Times», dass er in Sotschi positive Dopingproben russischer Athleten zusammen mit der Anti-Doping-Agentur Rusada sowie dem Geheimdienst auf Anordnung vom Staat vertuscht habe. 15 der russischen Medaillengewinner in Sotschi seien gedopt gewesen. US-Justiz, das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die WADA nehmen Ermittlungen auf.

    17. Mai 2016: Bei Nachkontrollen zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking werden 31 Sportler positiv getestet. Darunter sollen 14 russische Sportler sein, offenbar auch zehn Medaillengewinner. Eine davon ist Hochsprung-Olympiasiegerin Anna Tschitscherowa. Gleichzeitig setzt die WADA eine Untersuchungskommission wegen der Sotschi-Vorwürfe ein.

    27. Mai 2016: Bei Nachkontrollen zu den Olympischen Spielen 2012 in London sind 23 Sportler positiv getestet worden. Hinzu kommt eine weitere positive Probe von den Sommerspielen 2008 in Peking. Acht russische Sportler sind betroffen.

    8. Juni 2016: Scharapowa wird für zwei Jahre wegen ihres positiven Tests auf Meldonium gesperrt.

    15. Juni 2016: Die WADA erhebt erneut schwere Vorwürfe. So sollen zwischen dem 15. Februar und 29. Mai insgesamt 736 geplante Dopingkontrollen nicht durchgeführt worden sein. Kontrolleure seien in Russland von Athleten massiv behindert und von Beamten des russischen Geheimdienstes FSB eingeschüchtert worden.

    17. Juni 2016: Einstimmig bestätigt das Council der IAAF die Sperre für die russischen Leichtathleten. Damit dürfen sie bei den Olympischen Spielen in Rio nicht starten. Es gibt jedoch einen Kompromiss. Einzelne Athleten können unter neutraler Flagge teilnehmen, sofern sie nicht im russischen Doping-System involviert sind. So erhält Weitspringerin Darja Klischina eine Ausnahmegenehmigung von der IAAF.

    3. Juli 2016: Russland legt Einspruch gegen den Olympia-Ausschluss seiner Leichtathleten vor dem CAS ein.

    11. Juli 2016: Der CAS verschiebt ein Urteil im Fall Maria Scharapowa auf September. Damit ist sie bei Olympia nicht dabei.

    18. Juli: Die Welt-Anti-Doping-Agentur legt ihren Ermittlungsbericht zu den Doping-Anschuldigungen rund um die Winterspiele in Sotschi gravierende Belege für staatlich gesteuertes Doping in Russland vor. Im Moskauer Dopinglabor seien über Jahre hinweg positive Proben verschwunden, das russische Sportministerium habe die Manipulationen überwacht, hieß es in dem in Toronto vorgestellten Report. Eine Empfehlung für Sanktionen wie einen Olympia-Ausschluss gab er aber nicht.

    bis 21. Juli 2016: Der CAS will über den Einspruch gegen den Ausschluss russischer Leichtathleten in Rio entscheiden

    Putin kündigte an, Russland werde sich stärker vor Hackerangriffen schützen. "Auch in diesem Jahr sind wir mit Versuchen konfrontiert, dass aus dem Ausland Druck auf uns ausgeübt wird, unter anderem durch bestellte Kampagnen und schulmeisterhafte Belehrungen." Als Beispiel nannte er den "sogenannten Dopingskandal" im russischen Sport. "Er wird uns helfen, das fortschrittlichste System zur Doping-Bekämpfung zu schaffen", sagte Putin. Russland wird Staatsdoping vorgeworfen, als Folge wurden Hunderte Athleten für Olympia in Rio gesperrt.

    Angesichts jüngster Korruptionsskandale bekannte sich Putin auch zum Kampf gegen die Bestechlichkeit. Dieser erfordere "Professionalismus und Verantwortungsbewusstsein". Die meisten Beamten seien ehrliche Menschen. Zuletzt hatte die Festnahme von Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew wegen angeblicher Korruption für Aufsehen gesorgt. Experten beklagen seit Jahren ein Klima der Vetternwirtschaft in Russland und mangelnden Willen der Führung zu ihrer Bekämpfung. AZ/dpa

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