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BioFach Messe: Bio ist das neue Plastik

BioFach Messe

Bio ist das neue Plastik

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    Kaffee aus Bambusbechern: Die nachhaltigen Behälter sind im Trend. Denn immer mehr Menschen versuchen, weniger Plastik zu benutzen.
    Kaffee aus Bambusbechern: Die nachhaltigen Behälter sind im Trend. Denn immer mehr Menschen versuchen, weniger Plastik zu benutzen. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Zuerst ist Jana Gessert gar nicht zu sehen. Die zierliche Frau verschwindet fast gänzlich hinter einem Strauß aus Strohhalmen, schwarzen, weißen, rot gestreiften. Sie hat ihren gesamten Messestand damit dekoriert, schließlich soll es ja heute vor allem um sie gehen: die bunten Bio-Röhrchen. Denn Gessert, 58 Jahre, schwarze Haare, offenes Lachen, verkauft keine gewöhnlichen Plastikhalme. Die Produkte, die sie gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Dominik Wagner herstellt, bestehen aus Papier, aus Kartoffelstärke oder tatsächlich aus Stroh. Bedruckt sind sie mit Lebensmittelfarbe, selbst die Verpackung, in der sie ausgeliefert werden, wird aus Zucker gefertigt, nicht aus Plastik.

    40 Milliarden Strohhalme landen jährlich im Müll

    Die Bio-Strohhalme des Unternehmens aus Raubling bei Rosenheim sollen eine nachhaltige Alternative zu den herkömmlichen Plastik-Röhrchen sein. Denn die haben einen großen Nachteil: Sie verursachen riesige Mengen an Müll. 40 Milliarden Strohhalme werden Schätzungen zufolge allein in Deutschland jedes Jahr benutzt und anschließend weggeworfen. Jana Gessert will diesen Plastik-Müllberg Schritt für Schritt verkleinern. „Jeder Strohhalm von uns ist ein Plastik-Strohhalm weniger“, sagt die Unternehmerin, die ursprünglich aus Augsburg stammt.

    Gessert ist eine von insgesamt fast 3000 Ausstellern auf der Messe Biofach, die noch bis Samstag in Nürnberg stattfindet. Auf der weltweit wichtigsten Öko-Messe werden jedes Jahr die Trends der Bio-Branche präsentiert – einer Branche, die gerade in Deutschland extrem erfolgreich ist. 2015 wurden nach Schätzungen des Arbeitskreises Bio-Markt hierzulande 8,6 Milliarden Euro mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken umgesetzt. Und es geht weiter nach oben: In den vergangenen Jahren wuchs der Umsatz des gesamten Wirtschaftszweigs stets zwischen fünf und zehn Prozent.

    Bio für alle Lebensbereiche

    Längst beschränkt sich die Lust vieler Bio-Kunden aber nicht mehr nur auf Lebensmittel: Immer mehr Menschen wollen in so vielen Lebensbereichen wie möglich nachhaltig leben – und die Hersteller stellen sich darauf ein. Wer durch die Messehallen läuft, kann das an jeder Ecke beobachten: Am Stand der Firma GreenBox stehen Mehrweg-Kaffeebecher aus Bambus neben Wegwerf-Besteck aus Holz oder klassischen Take-Away-Boxen aus Zuckerrohr. Sogar Klebeband aus Bio-Materialien wird ein paar Meter weiter präsentiert.

    An der nächsten Ecke nimmt Alois Britschgi eine Glasflasche aus dem Regal. Es ist seine Alternative zur Plastikflasche. Eigentlich stellt die Firma Nature’s Design aus dem schweizerischen Sarnen Karaffen, Tassen oder Gläser her. „Immer mehr Menschen wollen aber auch unterwegs trinken“, sagt Britschgi. Daraus entstand die Idee für Glasbehälter in verschiedenen Größen, die in der Tasche mitgenommen werden können. Alles an den Flaschen der Schweizer Firma ist aus Naturmaterialien hergestellt: Damit sie nicht kaputt gehen, sind sie von einer Korkhülle ummantelt, der Deckel besteht aus Holzbiomasse.

    Einige der Unternehmen setzen erst seit kurzem auf Natur statt Plastik, andere sind schon länger dabei. So wie Raphael Stäbler. Mit seinem Unternehmen ajaa!, das im schwäbischen Filderstadt sitzt, produziert er seit fünf Jahren Vorratsboxen und Brotdosen, die aus Zuckerrohr-Verbindungen, Mineralien und Wachsen bestehen – und dadurch kein Erdöl oder schädliche Weichmacher enthalten. Das Material, erzählt Stäbler, lasse sich zu 100 Prozent recyceln.

    Jana Gesserts Strohhalme können Käufer nach dem Benutzen sogar einfach auf den Kompost werfen. Nach einigen Wochen, sagt die Unternehmerin, haben sich die Röhrchen komplett zersetzt – ähnlich wie ein Stofftaschentuch. Ein Plastikstrohhalm, fügt sie dann noch hinzu, lebt deutlich länger, bis er verrottet ist: ganze 400 Jahre lang.

    Die Deutschen und die Umwelt

    Bio: In Deutschland gibt es europaweit den größten Markt für Bio-Lebensmittel, weltweit liegt die Bundesrepublik auf Platz zwei hinter den USA. Etwa jeder zwölfte landwirtschaftliche Betrieb im Land ist ein Bio-Betrieb. Der Handel erzielte 2014 mit Öko-Waren 7,9 Milliarden Euro Umsatz. Der „typische“ Bio-Kunde ist älter, weiblich und schaut weniger stark auf den Preis.

    Müll: In Deutschland wurden 2013 385 Millionen Tonnen Abfall weggeworfen. Davon kamen nur rund 50 Millionen Tonnen aus privaten Haushalten. Im Bereich der Verpackungsabfälle sind die Deutschen die größten Sünder innerhalb der EU – 213 Kilo warf der Einzelne im Schnitt weg.

    Energie: Nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima 2011 wurde in Deutschland die Energiewende beschlossen. Dafür sollen alle Atomkraftwerke bis 2022 vom Netz gehen. Um die Versorgungslücken in Bayern zu schließen, wurde 2012 die Errichtung der Gleichstrompassage Süd-Ost beschlossen. Diese soll Windenergie aus dem Norden in den Freistaat bringen. Kritiker befürchten, dass damit aber auch Kohlestrom transportiert werden soll. In Deutschland liegt der Anteil von Ökostrom am gesamten Stromverbrauch bereits bei 33 Prozent, in zehn Jahren sollen es mindestens 40 Prozent sein.

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