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Recht: Schluss mit Rauchen am Arbeitsplatz? Viele Raucher müssen raus

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Schluss mit Rauchen am Arbeitsplatz? Viele Raucher müssen raus

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    Rauchen am Arbeitsplatz - ist das überhaupt noch erlaubt?
    Rauchen am Arbeitsplatz - ist das überhaupt noch erlaubt? Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolfoto)

    Früher wurde bei der Deutschen Flugsicherung viel geraucht. "Man kennt das aus alten Filmen. Beinahe jeder hatte eine Zigarette in der Hand", sagt eine Sprecherin. Mancherorts haben Vorhänge und Teppiche "eine gewisse Duftmarke" gehabt. Später seien die Raucher in der Unternehmenszentrale in Langen nach und nach eingeschränkt worden. Erst habe es drinnen noch "Raucherinseln" gegeben. Mittlerweile müssen die Raucher raus.

    "Es gibt einen grundsätzlichen Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz", sagt Prof. Stefan Lunk von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Dieser ist begründet in der Arbeitsstättenverordnung. Das schützt insbesondere Nichtraucher - und schränkt Raucher ein. Die meisten Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren mit Betriebsvereinbarungen Regelungen getroffen, die zwischen Rauchern und Nichtrauchern vermitteln.

    Anwalt zu Rauchverbot: "Keinen Anspruch auf Raucherraum"

    Diese Vereinbarungen zwischen Unternehmern und Mitarbeitern oder dem Betriebsrat beantworten viele Fragen: Wo darf geraucht werden? Gibt es Raucherräume? Müssen die Raucher die Uhr stechen, wenn sie für eine Zigarettenlänge ihren Arbeitsplatz verlassen? So vielfältig wie die Unternehmen sind auch die Regelungen.

    Bei Daimler zum Beispiel ist das Rauchen in allen Gebäuden verboten. "Außerhalb von Gebäuden gilt das Rauchverbot, soweit es sich um feuergefährdete Bereiche handelt", heißt es in der Gesamtbetriebsvereinbarung. Raucherräume gibt es nach Angaben des Unternehmens keine.

    "Es gibt keinen Anspruch auf einen Raucherraum", sagt Anwalt Lunk. Durch die Gerichte sei aber klargestellt, dass der Betrieb das Rauchen nicht komplett verbieten darf. Eine Ausnahme wäre, wenn ein Verbot aus Sicherheitsgründen nötig ist.

    Gefährlich wären Glimmstängel auf dem Vorfeld des Frankfurter Flughafens. Wegen des Umgangs mit Kerosin sei das Rauchen dort schon lange verboten, sagt Dieter Hulick, Sprecher bei der Betreibergesellschaft Fraport. "Selbst wenn Sie Hangars in Filmen aus den 50ern sehen, hängen da überall "No Smoking"-Schilder", fügt er hinzu. Man habe in den Bereichen aber Raucherräume.

    In Flugzeugen habe sich das Rauchverbot erst seit Beginn der 1990er Jahre nach und nach durchgesetzt, erläutert Hulick. Ansonsten dürfen die Flughafen-Angestellten laut Betriebsvereinbarung nur draußen rauchen. Nicht in den Raucher-Lounges für die wartenden Fluggäste, sondern vor der Tür. Stechen müssen sie nicht, aber die Pause sollte in einem "vertretbaren Rahmen" sein, sagt Hulick.

    Gibt es noch Rückzugsräume für Raucher?

    "Ein Recht auf eine bezahlte Raucherpause gibt es nicht", sagt Lunk. Der Arbeitgeber könne verlangen, dass der Arbeitnehmer sich vor dem Rauchen aus- und danach wieder einstempelt. Grundsätzlich sei ein Verstoß ein kündigungsrelevanter Sachverhalt, sagt Lunk. Eine Kündigung sei aber nur verhältnismäßig und damit realistisch, wenn dies öfters passiere. 

    Schwieriger sei die Lage, wenn Angestellte in Krankenhäusern und Schulen beim Rauchen im Gebäude erwischt würden. In den öffentlichen Einrichtungen vieler Bundesländer und des Bundes ist das Rauchen per Gesetz verboten. "Ein Verstoß gegen ein solches Gesetz ist schon eher ein Kündigungsgrund, aber immer muss der Einzelfall betrachtet werden", sagt Lunk.

    Gibt es bei all den Gesetzen noch Rückzugsräume für die Raucher? An den Standorten Hamburg und Bayreuth des Tabakunternehmens British American Tobacco regelt eine sogenannte "Smoking Policy", ob geraucht werden darf. Der Einzelbüroinhaber entscheidet demnach erstmal selbst. Vor einer Besprechung wird verhandelt: Wenn der Qualm nur einen störe, würde es automatisch zum "Nichtrauchermeeting".

    Bei Mittelstandsunternehmen sieht mancher Nachholbedarf bei der Verbannung des Zigarettenqualms. Erst 30 Prozent der Mittelständler würden sich mit Fragen der betrieblichen Gesundheitsförderung beschäftigen, zu denen auch Rauchen zähle, sagt Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft.

    Rauchen in Deutschland: Zahlen und Fakten

    Tabakkonsum: In Deutschland rauchte zuletzt jeder vierte Erwachsene – rund 30 Prozent der Männer und etwa 20 Prozent der Frauen. Das geht aus dem Tabakatlas hervor, den das Deutsche Krebsforschungszentrum herausgibt. Vor 20 Jahren rauchten noch 29 Prozent der Deutschen. Und: Während 1991 täglich noch 401 Millionen Zigaretten in Deutschland in Rauch aufgingen, waren es laut Statistischem Bundesamt zuletzt noch 206 Millionen täglich.

    Alter: Bei Jugendlichen ist der Trend zum Nichtrauchen am deutlichsten. Ende der 90er Jahre rauchten knapp 30 Prozent der 12- bis 17-Jährigen; aktuell sind es rund zehn Prozent. Am höchsten ist der Anteil unter den 18- bis 25-Jährigen. In dieser Altersgruppe rauchte Ende der 90er Jahre etwa jeder Zweite, heute nur fast jeder Dritte.

    Bundesländer: In den südlich gelegenen Bundesländern rauchen weniger Männer und Frauen als im Norden. Am höchsten sind die Quoten in Bremen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, am niedrigsten in Hessen, Baden-Württemberg, im Saarland und in Bayern. Im Freistaat rauchten 27 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen.

    Häufigkeit: Rund 27 Prozent rauchen gelegentlich, etwa 24 Prozent täglich bis zu 10 Zigaretten, rund 21 Prozent elf bis 19 Zigaretten. Bei 29 Prozent sind es 20 Zigaretten am Tag oder mehr.

    Beruf: Wer in Deutschland als Mann dem Beruf des Möbelpackers nachgeht, ist mit ziemlicher Sicherheit Raucher – nämlich zu 85 Prozent. Auch das geht aus dem Tabakatlas hervor. Am unteren Ende der Skala stehen demnach Apothekerinnen, die nur zu sechs Prozent regelmäßig zur Zigarette greifen. sok

    Statt Rauchen am Arbeitsplätz: Die E-Zigarette ist im Kommen

    Das Bild vom Bauarbeiter mit Kippe im Mund scheint aber nicht mehr in Stein gemeißelt. "Dieses Klischee ist nicht mehr so richtig", sagt Sicherheitsingenieur Wilfried Figiel, der auf Baustellen in Berlin und Brandenburg regelmäßig knapp 400 Bauarbeiter sieht. "Es rauchen ein Drittel weniger als vor zehn Jahren." Laut Betriebsvereinbarung einiger Niederlassungen des Straßenbauunternehmens Eurovia darf in den Gemeinschaftscontainern am Bau nicht mehr geraucht werden. 

    Beim Bauunternehmen Hochtief kommt man ohne Betriebsvereinbarung zum Thema Rauchen aus. Auf Freiluftbaustellen gebe es keine expliziten Regelungen, sagt ein Unternehmenssprecher. In den Containerburgen sei Nichtrauchen ein "übergreifender Konsens". Und auch hier bröckelt das Klischee: Generell ließe sich feststellen, dass die Anzahl der Raucher drastisch abgenommen hat. "Selbst auf Baustellen stellen wir einen zunehmenden Gebrauch von E-Zigaretten fest."

    Maximilian Perseke, dpa

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