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Sprit-Preise: Warum Tanken gerade so teuer ist

Sprit-Preise

Warum Tanken gerade so teuer ist

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    Sowohl Diesel als auch Benzin sind teurer als sonst.
    Sowohl Diesel als auch Benzin sind teurer als sonst. Foto: Arno Burgi, dpa

    Tanken ist dieser Tage so teuer wie seit vier Jahren nicht mehr. Nach Daten der Preisplattform clever-tanken.de kostete ein Liter Super E10 zuletzt durchschnittlich 1,55 Euro. Ein Liter Diesel war für 1,44 Euro zu haben. Vereinzelt stiegen die Notierungen aber deutlich höher. Woran liegt das? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

    Warum ist Sprit gerade so teuer?

    Insbesondere die Angst, dass wichtige Öl-Lieferländer wegfallen könnten, treibt die Preise. Aufgrund von politischem Chaos liegt die Öl-Förderung vom OPEC-Mitglied Venezuela schon seit Monaten am Boden. Zudem treten Anfang November die US-Sanktionen gegen das Öl-Lieferland Iran in Kraft, was die Versorgung des Weltmarkts stark beeinträchtigen dürfte. Ein möglicher Ausfall des Iran sei ein "echtes Problem", sagte Frank Schallenberger, Chef der Rohstoffanalyseabteilung der Landesbank Baden-Württemberg. Gleichzeitig wächst die Weltwirtschaft ungebremst, so dass die Öl-Nachfrage 2019 um 1,9 Millionen Barrel pro Tag zulegen dürfte (Anm. d.Red.: ein Barrel sind 159 Liter). Und die meisten Lieferländer fördern schon jetzt am Limit. Nach Aussagen von Fachleuten verfügt neben Saudi-Arabien einzig Russland noch über Reserven, die Fördermengen auszuweiten.

    Welche Auswirkungen hat der Wechselkurs?

    Der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar ist für die Benzinpreise an der Zapfsäule entscheidend, denn Rohöl wird in Dollar gehandelt, während wir beim Tankwart Euro auf den Tisch legen. Ein starker Euro dämpft daher die Preisentwicklung an der Zapfsäule – schlicht weil wir mit einem Euro sozusagen mehr in Dollar gehandeltes Rohöl einkaufen können, das dann in Europa zu Sprit raffiniert wird. Im Moment schwächelt der Euro gegenüber dem US-Dollar allerdings. Der Effekt: Obwohl die Rohölpreise seit Anfang Oktober um rund 14 Prozent zurückgegangen sind, spüren wir an der Zapfsäule davon nichts. Es bleibt teuer.

    Was treibt die Sprit-Preise in die Höhe?

    Die Wechselkursproblematik wird derzeit vom Wetter überlagert. Extreme Niedrigpegel der deutschen Flüsse erhöhen die Frachtkosten enorm, weil Tankschiffe, etwa auf dem Rhein, nicht mehr voll beladen werden können. Teilweise ist es dadurch auch schon zu Versorgungsengpässen gekommen. So bekamen Autofahrer in Nordrhein-Westfalen zeitweise an rund einem Dutzend Tankstellen keinen Sprit mehr. "Das Problem schaukelt sich von Nord nach Süd auf", sagte LBBW-Analyst Schallenberger. Die Trockenheit führe zu deutlich teuren Preisen in Süddeutschland als im Norden. Nach Recherchen unserer Redaktion beträgt die Preisdifferenz zwischen Hamburg und München aktuell rund zehn Cent pro Liter bei Super E 10. Um die Versorgungssituation speziell für Süddeutschland zu verbessern, hat die Bundesregierung ausnahmsweise den Zugriff auf Treibstoff aus der deutschen Erdöl-Reserve erlaubt. Insbesondere die Versorgung in Baden-Württemberg soll dadurch verbessert werden. In Bayern sei die Versorgungssituation insbesondere durch den Ausfall der Raffinerie bei Ingolstadt "angespannt", sagte der Geschäftsführer des Verbands für Energiehandel Südwest-Mitte (VEH), Hans-Jürgen Funke. Nach dem Brand Anfang September sei die Produktion immer noch "stark beeinträchtigt", sagte der VEH-Chef. Daher müsste Bayern mit Sprit aus anderen Landesteilen beliefert werden, was die Preise treibe.

    Wie entwickelt sich der Ölpreis langfristig?

    Kostete das Barrel der für Europa entscheidenden Nordsee-Sorte Brent Anfang 2016 nach Daten des Hamburger Energie-Informationsdienstes (EID) noch 26 US-Dollar (23 Euro) ist der Preis danach stetig gestiegen. Vor allem ab Herbst 2017 ging es steil bergauf. Die Entwicklung gipfelte vorerst Anfang Oktober mit rund 87 US-Dollar pro Fass Brent. Dass es so weiter geht, ist nicht unwahrscheinlich. Der Grund liegt in sehr geringen Investitionen der Öl-Multis in die Erschließung neuer Ölquellen. Die weltweiten Investitionen erreichten 2017 ein Zehn-Jahres-Tief. Bleibt die Öl-Nachfrage also weiter hoch, droht Rohöl mittelfristig noch knapper zu werden. Und das treibt die Preise.

    Wann ist es am billigsten zu tanken?

    Da sich die Preise im Tagesverlauf mehrfach ändern ist es wichtig, zum richtigen Zeitpunkt zu tanken. Die mit Abstand teuerste Zeit zum Tanken ist laut ADAC morgens zwischen sechs und neun Uhr und Abends zwischen 17 und 19 Uhr, sagt ein ADAC-Sprecher. In diesem Zeitraum lägen die Preise um bis zu sechs Cent über dem Tagesdurchschnitt. Besonders günstig ist es dagegen meist zwischen 15 und 17 Uhr sowie zwischen 19 und 22 Uhr.

    Gibt es eigentlich noch genügend Tankstellen in Deutschland?

    In Deutschland gibt es immer weniger Tankstellen. Von den rund 46.000 Stationen in den 1970er Jahren sind heute noch knapp 14.500 übrig. Die Multis Aral, Shell und Total kommen dabei auf rund zwei Fünftel aller Verkaufsstellen. Damit hat Deutschland nach Italien zwar das größte Tankstellennetz Europas. Aber vor allem in den Grenzgebieten, etwa zur Schweiz, Luxemburg oder Österreich, werden die Tankstationen knapp.

    Was ist mit den Raffinerien?

    In Deutschland gibt es nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) derzeit 14 Öl-Raffinerien, die jedes Jahr rund 60 Millionen Tonnen Kraftstoffe für Mobilitätszwecke erzeugen. In Bayern gibt es vier Anlagen – wobei die eine in Ingolstadt, angeschlagen ist. Derzeit verdienen die Anlagen insbesondere im Süden Deutschlands, prächtig, was auch mit knapper werdenden Raffinerie-Kapazitäten in den vergangenen Jahren zusammenhängt. An einem Liter Kraftstoff verdienen die süddeutschen Raffinieren nach Daten des Hamburger EID derzeit rund zehn Cent mit.

    Was verdient der Staat am Sprit?

    Nach Angaben des MWV bestreitet Deutschland rund 15 Prozent des Bundeshaushalts aus der Mineralölsteuer. Je Liter Sprit werden gut 65 Cent Mineralölsteuer fällig, für Diesel liegt der Wert bei gut 47 Cent. Dazu kommt die Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Zusammen mit dem staatlich festgelegten Erdölbevorratungsbeitrag gehen so bei einem Benzinpreis von 1,60 Euro für Benzin knapp 91 Cent an den Staat.

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