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Reisebericht: Ski Arlberg: Skifahren im größten Skigebiet Österreichs

Reisebericht

Ski Arlberg: Skifahren im größten Skigebiet Österreichs

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    Durch die neue Flexenbahn sind Warth, Lech und St. Anton zu einem Skigebiet zusammengewachsen.
    Durch die neue Flexenbahn sind Warth, Lech und St. Anton zu einem Skigebiet zusammengewachsen. Foto: Ski Arlberg

    Ein riesiges Ypsilon aus Beton, Glas und Stahl ist das neue Herzstück des Arlberg-Skigebiets. Das faszinierende Gebäude liegt auf einem kleinen Felskopf oberhalb des Flexenpasses auf 2227 Metern Höhe. Eine Meisterleistung der österreichischen Ingenieurskunst, kühn hineingebaut in den Berg in nur sechs Monaten. Während die Naturschützer die „Bergstation Flexenpass“ nicht so toll finden, reiben sich die Touristiker die Hände. Denn das Gebäude mit den drei neuen Bergbahnen, die aus ihm hinein- und herauslaufen, verbindet seit dieser Saison die Skigebiete von Lech, Zürs und Warth auf der einen Seite mit St. Anton und Stuben auf der anderen Seite.

    Ski Arlberg: Jetzt ist es das größte Skigebiet in Österreich

    Mit dem Ypsilon bekommt „Ski Arlberg“, wie der Zusammenschluss heißt, ein begehrtes Superlativ: Es kann sich als größtes Skigebiet Österreichs bezeichnen. 305 Kilometer Skiabfahrten, 87 Lifte und Bahnen – das ist neuer Rekord in der Alpenrepublik. Und Platz fünf weltweit. „Ein Meilenstein“, jubelt Mario Stedile-Foradori von den Arlberger Bergbahnen.

    Für alle, die das Skifahren am Arlberg fördern möchten, geht ein Traum in Erfüllung. Viele Jahre grübelten die Bergbahnbesitzer über den Plänen, eine Verbindung im Grenzgebiet zwischen Tirol und Vorarlberg herzustellen. Bisher trennten der Flexenpass auf 1773 Metern Höhe sowie die scharfen Grate auf den Bergen darüber St. Anton/Stuben von Lech/Zürs. Zwar gelten die Skipässe beider Gebiete schon längere Zeit auf beiden Seiten. Aber wenn Lecher Skifahrer in St. Anton wedeln wollten – oder umgekehrt – , mussten sie bisher den Bus nehmen und 15 Minuten kurvige Passfahrt über sich ergehen lassen.

    Das ist nun Vergangenheit. Die 120 Busse, die täglich pendelten, fallen weg – was nebenbei Natur- und Umweltschützer beruhigen soll, die sich über das Ypsilon-Gebäude und die neuen Bahnen aufgeregt haben. Aber viel mehr noch stellen die Wintersportorte den Komfort und die Vielseitigkeit heraus, mit denen die Skifahrer nun zwischen St. Anton und Lech hin- und hergondeln können. Und es stimmt ja: Sie müssen sich eben nicht mehr in einen vollen Bus hineinquetschen, der dann durch unzählige Kurven fährt. Vielmehr steigt man in die Zehner-Gondeln der Trittkopfbahn und der Flexenbahn – und schwebt mit Sitzheizung und Panoramasicht über die Berge hinweg ins jeweils andere Skigebiet. Nun sind alle Orte am Arlberg auf Skiern zu erreichen.

    Ski Arlberg: Sitzheizung und Panoramasicht

    Das Skifahren auf und abseits der Pisten soll nun noch attraktiver werden als es am Arlberg sowieso schon ist. Ausgerechnet zur Eröffnung aber ist der Brettlspaß recht eingeschränkt. So richtig geschneit hat es vor Wochen mal. Inzwischen ist der Schnee vielerorts weggetaut. Die Winterwelt zwischen Warth und St. Anton präsentiert sich in diesen Tagen als Fleckerlteppich. Die beschneiten Pisten ziehen sich wie weiße Bänder die Berge hinauf; daneben dominieren Braun, Grau und Grün. Deshalb läuft derzeit auch der Auenfeldjet nicht, der seit 2013 Warth mit dem Rest des Skigebiets verbindet. Zumindest bis Weihnachten wird sich’s wohl nicht zum Besseren wenden.

    45 Millionen Euro haben die Bergbahnen investiert und insgesamt vier neue Anlagen in die Arlberg-Felsen gebaut – jede ausgestattet mit Zehn-Personen-Gondeln neuester Bauart. Die Trittkopfbahn I führt von Zürs aus zur Bergstation Flexenbahn, von wo aus Skifahrer entweder direkt weiter zur Bergstation der Trittkopfbahn II gelangen – oder nach einem schnellen Umstieg mit der Flexenbahn hinunter zur Alpe Rauz in Stuben (1660 Metern Höhe).

    Dort haben die Skifahrer wieder zwei Optionen: Sie können mit der ebenfalls neuen Albonabahn II hinauf auf den Albonagrat (2321 Meter) gelangen. Bisher war die Auffahrt von Stuben ein recht kaltes Vergnügen, denn die beiden offenen Zweier-Sesselbahnen ziehen sich an einer felsigen Nordwand hoch. Zweite Option ist der Valfagehr-Sessellift mit sechs Sitzen, über den man in die Skigebiete St. Christoph/St. Anton gelangt.

    „Der Kreis ist geschlossen!“ Mit diesem Slogan preisen die Touristiker das neue Mega-Skigebiet an. Aber genau genommen ist keine Runde entstanden, sondern ein „missing link“ eingefügt worden. Von oben betrachtet schaut das Skigebiet eher aus wie ein Knochen. Am nördlichen Ende liegen die Orte Warth und Schröcken, die mit dem Auto über den Bregenzerwald oder über Reutte und das Lechtal erreichbar sind; am südlichen Ende liegen St. Anton, St. Christoph und Stuben.

    Ski Arlberg: Alle Orte am Arlberg sind auf Skiern zu erreichen

    Tourismus-Direktoren lassen sich gerne Griffiges einfallen, um ihre Angebote ins beste Licht zu rücken. In Lech priesen sie bisher den „Weißen Ring“ an, auf dem Skifahrer eine mehrstündige Runde drehen konnten mit den Stationen Lech, Zürs und Zug. Angesichts des Lückenschlusses haben sie sich nun den „Run of Fame“ ausgedacht – ein Skierlebnis mit 65 Abfahrtskilometern und 18000 Höhenmetern. Die berühmte Sellaronda in Südtirol lässt grüßen. Die Skirunde „Run of Fame“ führt durch das gesamte Gebiet von Ski Arlberg. Ein durchschnittlicher Skifahrer benötigt dafür fast einen Tag. Der Einstieg in die Runde kann quasi von jedem Punkt im Skigebiet aus erfolgen. Ein Logo und Sterne zu Ehren von Arlberg-Skistars weisen den Weg.

    Als Verschnaufpause bietet sich ein Besuch in der „Hall of Fame“ an: In einem Ausstellungsraum im Untergeschoss der Flexenbahn nehmen zahlreiche, teils interaktive Infotafeln die Besucher mit auf eine Zeitreise durch die Wintersport-Geschichte des Arlbergs, der vielen als „Wiege des alpinen Skilaufs“ gilt. Schließlich gab es dort jede Menge Bergpioniere und legendäre Gestalten. Etwa Hannes Schneider aus Stuben. Der machte sich als Rennläufer, Skilehrer und Schauspieler einen Namen. Unter anderem wirkte er in dem populären Skifilm „Der weiße Rausch“ mit, gedreht im Winter 1930/31 in St. Anton.

    Was freilich beim „Run of Fame“ verschwiegen wird: Um eine richtige Runde handelt es sich nicht. Und manche Abfahrten prickeln nicht so richtig. Wer etwa in Warth startet, sitzt nach zwei Liftfahren bergauf erst einmal für zehn Minuten im zwei Kilometer langen Auenfeldjet Richtung Lech. Dann folgen wenig spannende Querfahrten – und ab Zürs die gut 25-minütige Gondelfahrt Richtung St. Anton. Retour gilt das selbe. Deshalb werden von Warth wohl nur selten Skifahrer bis nach St. Anton hinüberkurven – und umgekehrt.

    Ski Arlberg: Lange Gondelfahrten von Zürs nach St. Anton

    Aus dem gleichen Grund dürfte Ski Arlberg für Tagesskifahrer aus dem Allgäu und dem Raum Augsburg nicht viel mehr bringen als bisher – sofern sie den kürzesten Weg übers Lechtal wählen. Wer über die Rheintalautobahn Bregenz-Bludenz anreist, erhält wohl einen größeren Mehrwert. Die Alpe Rauz auf dem Weg zum Arlbergpass bietet nun eine recht zentrale Einstiegsstelle ins Skigebiet.

    Größter Gewinner ist aber wohl Zürs, das bisher an den Rand gedrängt war. Das Hotel-Dorf ist durch die neuen Bergbahnen plötzlich zum Dreh- und Angelpunkt geworden. Nicht zuletzt deswegen hat die Ski-Zürs AG den Zusammenschluss der Gebiete kräftig angeschoben. Die Zürser Hoteliers, die bisher etwas niedrigere Auslastungen hatten als die Lecher, reiben sich die Hände. Das Dorf auf 1700 Metern Höhe, das nur im Winter brummt und im Sommer fast ausgestorben ist, könnte einen kräftigen Schub erhalten.

    Während der neue Anschluss nach Süden Richtung St. Anton nun erstklassig ist, geht es nach Norden hin Richtung Zug und Lech mit zwei offenen Sesselbahnen freilich auch weiterhin etwas altertümlich zu. Da kann es schon mal kalt werden auf der Fahrt zum 2444 Meter hoch gelegenen Madloch (das derzeit mangels Schnee auch geschlossen ist). Und an den Talstationen der beiden Sesselbahnen muss man in Stoßzeiten mit 15 Minuten Wartezeit rechnen. Wann sie modernisiert werden, steht in den Sternen.

    Preis: Die Ski-Arlberg-Tageskarte kostet 52 Euro

    Obwohl vier neue Bahnen gebaut wurden, ist die Zahl der Pisten gleich geblieben. Vielleicht haben die Liftbetreiber deshalb die Preise nur gering erhöht – um durchschnittlich 1,9 Prozent, wie sie sagen. Erwachsene müssen für eine Ski-Arlberg-Tageskarte in der Hochsaison nun 52 Euro zahlen, für einen Sechs-Tage-Pass 262 Euro. Warth mit seinen schneesicheren Nord- und Osthängen bildet eine Ausnahme: Wer sich dort eine Tageskarte nur für das Gebiet Warth-Schröcken kauft, muss „bloß“ 50 Euro hinlegen; der Sechs-Tage-Pass kostet 221 Euro.

    Die neue Flexenbahn-Verbindung soll nicht der letzte Brückenschlag am Arlberg sein. Schon seit vielen Jahren denken die St. Antoner darüber nach, einen Anschluss hinüber ins Paznauntal herzustellen. Mit zwei, drei Liften könnte man dies schaffen, sagt Mario Stedile-Foradori von den Arlberger Bergbahnen. Dann wäre man mit dem riesigen Skigebiet von Kappl, Ischgl und Samnaun verbunden. Noch aber kämpfe man mit dem „behördlichen Dschungel“, wie Stedile-Foradori sagt. Wäre er da hindurch, könnten sich die Arlberger vielleicht sogar mit dem Titel „Größtes Skigebiet Europas“ schmücken.

    Vorerst müssen sich Stedile-Fodari und seine Mitstreiter in Geduld üben. Aber das kennen sie ja schon. Schließlich hat es ja auch viele Jahre gedauert, bis sie den Zusammenschluss von Lech und St. Anton realisieren konnten.

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