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Skisaison 2018: Südtirol: Wie die kleinen Skigebiete gegen die Großen punkten 

Skisaison 2018

Südtirol: Wie die kleinen Skigebiete gegen die Großen punkten 

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    Das Skigebiet Carezza unterm Rosengarten will klimaneutral werden.
    Das Skigebiet Carezza unterm Rosengarten will klimaneutral werden. Foto: Lilo Solcher

    Die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel, die König-Laurin-Wand im Rosengarten schimmert wie Kupfer. Traumwetter im Skigebiet Carezza. Skilehrer Andreas Obkircher (32) ist euphorisiert. „Jetzt fahrn’ mer jetzt alles ab, gell“ sagt er und zeigt mit dem Skistock auf die Pisten, die von der Bergstation der Kabinenbahn Laurin 1 zu sehen sind. Wir sind von Welschnofen aus heraufgekommen ins Reich des Zwergenkönigs Laurin. Das Skigebiet unterm Rosengarten ist überschaubar, hat aber mit seinen roten, blauen und schwarzen Pisten für jeden etwas zu bieten. „Hier kann a jeder glücklich wern, gell“, sagt Andreas.

    Es gibt sie noch die kleinen, gemütlichen Skigebiete, obwohl der Trend seit einigen Jahren in eine ganz andere Richtung läuft: Je größer, desto besser. Das denken zumindest die Macher der Superskischaukeln. Viele Zusammenschlüsse sorgten zuletzt für Schlagzeilen: der Arlberg etwa oder ganz aktuell Andermatt. Nicht weit entfernt von Carezza entfernt zieht es jede Saison tausende Skifahrer aus ganz Europa zur berühmten Sella Ronda. Doch wer schafft es eigentlich, all die Pisten in diesen Riesenskigebieten abzufahren? Kleine Skigebiete haben einige Trümpfe, dennoch müssen sie sich einiges einfallen lassen, um im gigantischen Angebot der Mega-Skiwelten nicht unterzugehen. Drei Beispiele in Südtirol.

    Der Kavalier vom Gitschberg

    Gitschberg/Jochtal liegt am Eingang des Pustertals und hat seit kurzem einen Cavaliere. Das ist ein junger Mann in Frack und mit Zylinder, der auf Skiern eine ebenso gute Figur macht wie als freundlicher Helfer. Timo, so heißt der Cavaliere, soll immer dann zur Stelle sein, wenn Hilfe nottut. Wenn sich ein Skifahrer verirrt hat oder eine Skifahrerin ein Taschentuch braucht, wenn ein Skizwerg den Anschluss verloren hat oder eine Familie eine nette Hütte sucht. Zu tun hat der Cavaliere also einiges. Aber der 23-Jährige findet: „Ich habe den geilsten Job überhaupt.“ Im Frack hat er alles parat haben, was Skifahrer so brauchen: Taschentücher, Pistenpläne, Traubenzucker.

    Im Verbund Gitschberg-Jochtal kommt der Cavaliere verirrten Skifahrern zu Hilfe.
    Im Verbund Gitschberg-Jochtal kommt der Cavaliere verirrten Skifahrern zu Hilfe. Foto: Solcher

    55 Pistenkilometer verspricht das familienfreundliche Skigebiet am Eingang des Pustertals. 15 Aufstiegsanlagen bringen die Skifahrer und Snowboarder komfortabel an ihr Ziel. Bei der Gaisjoch-Umlaufbahn gibt es sogar eine Kabine mit Glasboden, durch den man 93 Meter in die Tiefe schauen kann. Die meisten Pisten im Skigebiet sind rot, also mittelschwer. Stress kommt hier also nicht auf.

    Wir gleiten entspannt durch die Winterwelt und haben zwischendurch auch Zeit, den Blick schweifen zu lassen. Rustikale Hütten laden zum Einkehrschwung. An der Jochtalhütte sind die Plätze draußen begehrt, die Sonne sprenkelt die Schneefelder mit Glitzerkristallen, am Horizont ragen die schroffen Gipfel der Dolomiten in den Himmel. Der Cavaliere erzählt bei einem Capuccino von seinem Job. So entspannt kann Winter sein. Und abends kommt man womöglich bei einer Fackelwanderung in die Großberghütte den Südtirolern und ihren Bräuchen noch näher. Wer statt Schuhplattlern lieber Disco mag, muss am Dienstagabend ins Bergrestaurant Jochtal zum „Tanz der Vampire“. Da wird ganz unblutig gefeiert bis zum Abwinken.

    Die Plose ist der Hausberg von Brixen

    Die Plose verspricht eine neun Kilometer lange Talabfahrt.
    Die Plose verspricht eine neun Kilometer lange Talabfahrt. Foto: Solcher

    Auch die Plose, der Hausberg von Brixen, gehört zu den kleineren Skigebieten. Mit dem Vorteil, dass man von der Stadt auf die Piste gehen oder umgekehrt von der Piste ins städtische Leben eintauchen kann. Die Plose ist gerade mal sieben Kilometer vom Zentrum Brixens entfernt und gilt als eines der sonnigsten Skigebiete Südtirols. Zwei Kabinenbahnen und vier Sessellifte bringen die Wintersportler zu den aussichtsreichen Abfahrten. Auf 45 Pistenkilometern unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade können sich Skifahrer und Snowboarder austoben. Nach einem ausgiebigen Imbiss in der Bergstation wartet die neun Kilometer lange Talabfahrt Trametsch, die Skifahreren einiges an Standfestigkeit abverlangt. Nicht nur sie startet auf rund 2500 Metern Höhe an der Plosehütte. Hier beginnt auch der RudiRun, die ebenfalls neun Kilometer lange Rodelbahn, eine der längsten in den Alpen – ein Genuss!

    Nach einem ausgedehnten Skitag lockt die alte Bischofsstadt Brixen mit ganz besonderen Erlebnissen. Wir lassen uns bei der theatralischen Erlebnisführung „Auf den Spuren des Elefanten“ in die Vergangenheit zurückversetzen und im Hotel Elephant davon überzeugen, dass im Jahr 1551 tatsächlich ein Elefant mit großem Gefolge in Brixen Einzug hielt. Soliman war ein Geschenk des portugiesischen Königs Johann III. an seinen Neffen Erzherzog Maximilian von Österreich, und er fand für 14 Tage Unterkunft in dem Gasthof, der bald seinen Namen tragen sollte.

    Carezza setzt auf Umweltschutz

    Zurück nach Carezza, das sich nicht nur als Heimat des zaubermächtigen Zwergenkönigs vermarktet, sondern auch als klimafreundliches Skigebiet. Die Idee dazu hatte Georg Eisath, Mitbegründer der Techno Alpin AG, einem der führenden Hersteller von Beschneiungsanlagen. Er hat das im Dornröschenschlaf schlummernde Skigebiet unterm Rosengarten nicht nur wieder belebt, sondern gleich noch fit für die Zukunft gemacht. Schneekanonen wurden installiert, moderne Lifte ersetzten die veralteten Anlagen, neue Pisten entstanden. Heute werden 41 Pistenkilometer aller Schwierigkeitsgrade durch 15 Bahnen erschlossen – und das möglichst klimaschonend. Da geht es um Pumpenoptimierung, um Wasser- und Luftmanagement. Tausende Daten liegen Eisath für die komplizierten Berechnungen vor. Seit fast fünf Jahren läuft das Pilotprojekt – und der Geschäftsmann registriert zufrieden, dass er mit seinen Maßnahmen nicht nur Energie eingespart hat, sondern auch Geld. „Wir beschneien nur bei idealen Temperaturen,“ sagt Eisath, und: „Wir machen nicht zu viel Schnee. Das wäre vergeudete Energie und vergeudetes Geld.“ Die „Schneiköpfe“ wurden optimiert, neue Lanzen anstelle der energieaufwendigen Propeller angeschafft, die Strecken für die Pistenraupen wurden effektiver geplant. Inzwischen ist Carezza ein von der EU anerkanntes und gefördertes „Alpines Klimaskigebiet“ – und Eisath könnte zufrieden sein.

    Aber der Mann schmiedet schon wieder Pläne: Eine Zehner-Kabine soll in Zukunft den Zweier-Sessellift zur Kölner Hütte ersetzen. Einen Namen dafür hat er schon: „Touch the Dolomites“. Schließlich sind hier die Dolomiten wirklich zum Greifen nahe. Und Laurin hat sich mittlerweile wohl daran gewöhnt, dass zu Füßen seines Rosengartens ein Winterwunderland entstanden ist, in dem sich Skizwerge ebenso wohl fühlen wie alpine Cracks. Auch Eisaths Sohn Florian, Olympia-Teilnehmer und Skirennläufer, hat hier seine ersten Lorbeeren eingeheimst – bei Kinderrennen.

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