Startseite
Icon Pfeil nach unten
Geld & Leben
Icon Pfeil nach unten

Italien: Venedig darf künftig "Eintrittsgeld" von Touristen verlangen

Italien

Venedig darf künftig "Eintrittsgeld" von Touristen verlangen

    • |
    Boote vor der Rialtobrücke: Venedig besuchen nach verschiedenen Schätzungen pro Jahr zwischen 20 und 30 Millionen Menschen.
    Boote vor der Rialtobrücke: Venedig besuchen nach verschiedenen Schätzungen pro Jahr zwischen 20 und 30 Millionen Menschen. Foto: Waltraud Grubitzsch, dpa (Archiv)

    Es ist fast genau ein Jahr her, als Venedig mal wieder Schlagzeilen machte. Und zwar solche, die die schöne Stadt mit ihren knapp 55.000 Einwohnern im historischen Zentrum und jährlich rund 25 Millionen Besuchern recht hässlich aussehen ließ. Einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge hatte ein Wirt vier jungen Touristen aus Japan, die in seinem Restaurant in der Nähe des berühmten Markusplatzes gegessen hatten, eine Rechnung über rund 1100 Euro präsentiert. Für vier Steaks und frittierten Fisch, dazu Wasser. Kein Einzelfall in der Lagunenstadt, die immer wieder für ihren Umgang mit Touristen kritisiert wird.

    Beim Thema Tourismus liegen die Nerven schnell blank. Bürgermeister Luigi Brugnaro ließ sich einmal gar dazu herab, Touristen als „Bettler“ zu beschimpfen. Diese hatten sich über eine Restaurant-Rechnung in Höhe von 526 Euro für ein Mittagessen beschwert. Der Lokalinhaber habe ihnen Gerichte serviert, die sie nicht bestellt hätten, erklärten sie. Was Brugnaro empörte. Die Touristen hätten „Hummer und Austern vertilgt und nichts auf dem Teller gelassen“.

    Einerseits lebt Venedig von den Touristenströmen, die die Kreuzfahrtschiffe in die Stadt spülen. Andererseits wird die Stadt ihrer nicht mehr Herr. Was sich ebenso an Wucher und Wutausbrüchen zeigt wie an stets umstrittenen Versuchen, das Problem mit dem Massentourismus in erträglichere Bahnen zu lenken. Zuletzt gab es etwa für Tage mit großem Andrang Zugangsbeschränkungen für die Stadt.

    Der jüngste Versuch ist, eine Art Eintrittsgeld von Tagestouristen zu kassieren. Das sieht der überarbeitete Haushaltsplan der italienischen Regierung vor, der vom Parlament in Rom verabschiedet wurde. Besucher könnten dann je nach Saison zwischen 2,50 Euro und maximal zehn Euro für die Besichtigung der Lagunenstadt bezahlen. Hotelgäste zahlen bislang eine Ortstaxe. Zu zahlen wäre der neue Betrag möglicherweise über die Verkehrsmittel wie Busse oder Kreuzfahrtschiffe, die die Reisenden in die Stadt bringen. Es würden jetzt ausgewogene Regeln geprüft, die „diejenigen schützen, die in unserer Gegend wohnen, studieren oder arbeiten“, twitterte Venedigs Bürgermeister Brugnaro am Sonntagabend. Das Geld soll vor allem für die Reinigung der Stadt genutzt werden.

    Der Hotelverband Federalberghi erklärte, es sei gerecht, wenn nicht nur Hotelgäste die „Rechnung zahlen“. „Unsere Städte sind Museen: Und wie in Museen ist es richtig, eine Eintrittskarte zu kaufen“, sagte Verbandspräsident Bernabò Bocca der Nachrichtenagentur Ansa. Die Tagestouristen stellen Venedig vor eine besonders problematische Lage: Sie kommen meist mit eigener Verpflegung und lassen vergleichsweise wenig Geld in der Stadt. Dafür ihren Müll.

    In anderen italienischen Touristenorten wurde der Ruf nach einer Lösung nach venezianischem Vorbild ebenfalls bereits laut. Der Bürgermeister von Florenz, Dario Nardella, sagte der La Repubblica, er unterstütze solch eine Initiative. „Man braucht ein nationales Gesetz, das für jede Kunststadt gilt.“ In Florenz hatte erst vor wenigen Monaten eine Verordnung von ihm für weltweite Schlagzeilen gesorgt. Der zufolge ist das Essen im Gehen oder Sitzen auf Straßen in der Altstadt verboten. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafen bis zu 500 Euro geahndet. Anwohner und Geschäftsinhaber hatten sich über Touristen beklagt, die vor Haus- und Ladeneingängen Rast machten und Essensreste hinterließen.

    Nardella ist – wie sein Bürgermeisterkollege aus Venedig – bekannt für robuste Aktionen: 2017 verfügte er, Kirchenstufen und Brunnentreppen zu bewässern. Um missliebige Rastende zu vertreiben. Florenz, die Hauptstadt der Toskana, besuchen jährlich mehr als zehn Millionen Touristen. Ist ja auch so schön dort. (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden