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Flaschenmütter erzählen: "Der Druck von anderen Müttern ist enorm groß“

Flaschenmütter erzählen

"Der Druck von anderen Müttern ist enorm groß“

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    Als ich mein erstes Kind bekam, gab es die Frage, ob ich nicht stillen möchte überhaupt nicht – von allen Seiten war klar, dass man stillen muss: im Geburtsvorbereitungskurs, beim Kontakt mit der Hebamme, im Krankenhaus, mit den anderen Schwangeren. Ich habe mir vorher nicht so viele Gedanken darüber gemacht, alle erzählten, wie toll das Stillen ist, und es gab nur rosige Geschichten.

    Ich hatte Milchstau, Brustentzündung, Fieber

    In der Realität sah es ganz anders aus: Ich hatte mit allen Nebenwirkungen zu kämpfen, wie zum Beispiel Milchstau, Brustentzündung mit Fieber, etc. Und dies mehrere Male in den Monaten der Stillzeit. Mir ging es körperlich schlecht dabei. Ein Beispiel: Ich hatte wieder mal eine Brustentzündung mit Fieber, lag sehr krank im Bett, und gleichzeitig habe ich meine Tochter gestillt. Dies war der Moment, als ich für mich entschieden habe, das nächste Kind wird nicht mehr gestillt. Dies mache ich nicht mehr mit. 

    Gerade als Mama vom ersten Kind möchte man alles gut machen, und wenn dann etwas nicht so gut läuft, wie zum Beispiel das Stillen (was ja das Natürlichste auf der Welt ist), baut man sich einen Druck auf, bekommt Schuldgefühle. Schon im Wochenbett nach meiner ersten Brustentzündung habe ich zu meiner Hebamme gesagt, dass ich abstillen möchte. Sie hat mich dazu überredet, weiter zu stillen. Sie sagte: "Du wirst es bereuen, wenn Du jetzt abstillst"... Ich habe dann acht Monate gestillt. Natürlich bin ich auch sehr stolz darauf, dass ich so lange durch gehalten habe. Das Stillen hat mir keine Freude bereitet. Andere Mütter sagen, stillen ist so romantisch. Für mich nicht.

    Mein Ehemann hat immer gesagt, dass das Thema Stillen total übertrieben ist

    Mit meinem Ehemann habe ich schon damals besprochen, dass ich das nächste Kind nicht mehr stillen möchte, und er hat mich dabei unterstützt und mich niemals unter Druck gesetzt oder meine Entscheidung infrage gestellt. Im Gegenteil. Er hat immer gesagt, dass das Thema Stillen total übertrieben ist.

    Der Druck von der Gesellschaft und vor allem von den anderen Müttern ist enorm groß! Ich habe den Druck so stark empfunden, dass ich bis zur zweiten Entbindung kaum jemandem davon erzählt habe, dass ich nicht stillen möchte. Weder meiner Frauenärztin noch meiner Hebamme noch meiner Familie, nur meinem  Ehemann. Ich habe geahnt oder gedacht, dass ich nur "Gegenwind" und "gute Ratschläge" erhalten werde und dass mich alle von meiner Entscheidung abbringen möchten. Ich hatte richtig Angst davor, es den anderen zu sagen.

    Das erste Mal konkret habe ich nach der Geburt meines zweiten Kindes der Hebamme im Krankenhaus gesagt, dass ich nicht stillen möchte. Und es wurde überhaupt nicht infrage gestellt. Weder von dem Frauenarzt, den Krankenschwestern oder den Hebammen im Krankenhaus. Dies hat mich sehr verwundert. Die Debatte oder die Fragen kamen eher bei Schwangeren mit dem ersten Kind auf. Meine Freundinnen und Bekannten, die bereits Kinder hatten, reagierten sehr gelassen darauf und ich konnte meinen Standpunkt gut vertreten. Es gab keine größeren Diskussionen.

    Ich hatte beim zweiten Mal Angst, allen vom Nicht-Stillen zu erzählen

    Es liegt sicherlich daran, dass ich mich bewusst gegen das Stillen entschieden habe und dies auch vertreten kann und ja bereits Mutter bin und meine Ansichten mit Selbstbewusstsein vertreten kann. Jedoch hatte ich doch etwas "Angst" davor es allen zu sagen. Eine meiner ältesten Freundinnen ist Stillberaterin. Ich hatte großen "Bammel" davor, es ihr zu erzählen, bzw. das Thema Nicht-Stillen anzusprechen. Zu meiner größten Verwunderung habe ich von ihr absoluten Rückhalt erfahren und sie hat zu mir gesagt: „Es muss dem Kind und vor allem auch der Mutter gut gehen!“ Und wenn es mir beim Stillen nicht gut geht, merkt dies mein Kind. Wenn ich glücklicher bin, die Flasche zu geben, merkt dies das Kind und ist auch glücklich!!!

    Hätte ich nur schon beim ersten Kind all dies gewusst und das Selbstbewusstsein gehabt, in mich rein zu hören, was das Beste wäre... Ich bin auch irgendwie stolz auf mich, dass ich mich dem Druck der Gesellschaft bzw. der anderen Mütter widersetzen kann, denn es ist meine, und nur meine, Entscheidung, ob ich stillen möchte oder nicht. (lea)

    Dieser Text ist ein Teil unseres Wochenend-Journal-Schwerpunktes "Kampfzone Mutterbrust" zum Thema Nicht-Stillen. Mehr als 50 Frauen aus der Region haben sich daran beteiligt und ihre Geschichten erzählt. Die weiteren Gesprächsprotokolle finden Sie unter

    Kampfzone Mutterbrust: Harter Streit um die Milch fürs Baby 

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