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Flaschenmütter erzählen: „Mit der Flasche fiel eine Last von mir ab“

Flaschenmütter erzählen

„Mit der Flasche fiel eine Last von mir ab“

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    Ich habe meine Tochter im Jahr 2000 bekommen. Mit dem Stillen hat es nicht geklappt – es kam schlichtweg keine Milch. Heute sehe ich das entspannt, aber damals hat mich gerade der Druck, der durch die Krankenschwestern aufgebaut wurde, sehr verunsichert. Es war mein erstes Kind und dementsprechend war die ganze Situation recht belastend.

    Nach der Entbindung wurde mir meine Tochter, wie es so schön heißt, „angelegt“. Meine Hebamme sagte quasi sofort: „Lassen Sie es, ich merke, das passt nicht.“ Leider habe ich nicht auf sie gehört, sondern wollte es auf jeden Fall probieren, da Stillen ja angeblich so gut ist. Meine Tochter war kein besonders schweres Baby. Sie wog unter 3000 g.

    Meine Hebamme sagte: Stillen ist zwar gut, aber Nicht-Stillen auch nicht schlimm

    Die Mütter heute verlassen das Krankenhaus ja wesentlich schneller. Vor 18 Jahren blieb man noch länger drin. In diesen Tagen wurde mir ständig gesagt, ich soll es weiter probieren und weiter und weiter. Mein Kind bekam in der Zeit eine Zuckerlösung aus der Flasche. Meine beste Freundin hat heute noch das Bild vor Augen, wie ich an einer Milchabpumpanlage (das Ding sah einer Melkmaschine wirklich sehr ähnlich) versuchte, den Milchfluss in Gang zu bringen. Es half aber alles nichts. Meine eigentliche Hebamme war nach meiner Entbindung leider dann im Urlaub, zum Glück hatte sie aber eine Top-Vertretung. Diese Hebamme hat mir dann gesagt, dass Stillen zwar gut sei, aber Nicht-Stillen auch nicht schlimm ist.

    Nachdem ich dann auch noch eine Brustentzündung bekam, war bei mir dann endgültig Schluss. Ich habe dann entsprechende Medikamente bekommen (natürlich zusammen mit der Frage der Schwestern, ob ich es nicht doch weiterprobieren will). Ich wollte aber nicht mehr. Die Hebamme sagte mir später, die Schwestern hätten kurz zuvor Ärger bekommen, weil eine Frau sich nicht richtig beim Stillen unterstützt gefühlt hat, vielleicht war das auch mit ein Grund für den Schwesternübereifer.

    Ich hatte den Eindruck, im Krankenhaus unterstellt man mir, ich würde mich nicht bemühen

    Meine Gefühle damals: Ich hatte den Eindruck, man unterstellt mir, ich würde mich nicht bemühen. Und das müsste ich doch, es geht doch nur um das Kind. Aber es ging halt nicht und das wurde nicht akzeptiert. Es gab dann Bemerkungen wie „Sie müssen nur dran bleiben, dann geht das schon“ – ging aber nicht. Meine Tochter verlor nur an Gewicht.

    Als ich dann den Schlussstrich gezogen und mich für die Flasche entschieden hatte, ist wirklich eine Last von mir abgefallen. Es gab auch deutliche Vorteile. Mein Mann konnte sich da in dem Fall natürlich wesentlich mehr einbringen,  was er auch sehr gern gemacht hat. Ich durfte also nachts auch mal schlafen. Unterwegs Fläschchen geben – kein Problem. Aber in der Öffentlichkeit die „Milchbar“ rauszuholen, wäre vermutlich nicht mein Ding gewesen. Und siehe da: Meine Tochter hat keine Allergien, wir haben ein ganz normales gutes  Mutter- Verhältnis und konnten auch ohne Stillen Nähe aufbauen.

    Eine gestresste stillende Mutter ist nicht besser aus eine ausgeglichene, die das Fläschchen gibt

    Mein Fazit ist: Wenn das Stillen klappt, es in den Lebensablauf passt und alle das wollen und können, ist das bestimmt eine super Sache und von der Natur ja auch so vorgesehen. Wenn es aber nicht so ist, sollte sich niemand dafür rechtfertigen müssen und als schlechte Mutter hingestellt werden. Eine gestresste, stillende Mutter ist bestimmt auch nicht besser als eine ausgeglichene Mutter, die das Fläschchen gibt. Leider wird gerade Müttern immer gerne ein schlechtes Gewissen eingeredet und das vollkommen ohne Grund. (lea)

    Dieser Text ist ein Teil unseres Wochenend-Journal-Schwerpunktes "Kampfzone Mutterbrust" zum Thema Nicht-Stillen. Mehr als 50 Frauen aus der Region haben sich daran beteiligt und ihre Geschichten erzählt. Die weiteren Gesprächsprotokolle finden Sie unter

    Kampfzone Mutterbrust: Harter Streit um die Milch fürs Baby 

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