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Flaschenmütter erzählen: "Täglich gab es Anrufe, ob es mit dem Stillen klappt"

Flaschenmütter erzählen

"Täglich gab es Anrufe, ob es mit dem Stillen klappt"

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    Ich habe Zwillinge, die Frühchen sind. Die Geburt war sehr schwer und ich lag auf der Intensivstation. Stillen konnte ich in der Zeit freilich nicht. Die Kinder waren erfreulich fit.

    Ich habe feststellen müssen, dass es für die Leute derzeit selbsterklärend ist, dass eine gute Mutter ihre Kinder auch stillt. So wurde mir zu Beispiel nie die Frage gestellt "stillst du?" oder "klappt es mit dem Stillen?". Es hieß stets, "stillst du beide auf einmal oder nacheinander?", "wie oft am Tag stillst du?", "wie lang hast du vor zu stillen?", ... . Als ich dann antworten musste, dass ich nicht stille, waren dann erstmal große Augen und "Oh". Irgendwie hat man dann das Gefühl sich rechtfertigen zu müssen und jedes Mal der gleiche Erklärungsversuch: "Ich hätte gerne, aber ging nicht, mir ging es nach der Geburt nicht gut, die Kinder auch zu klein und zu leicht," etc. pp.

    Und das Thema Stillen war gleich nach meiner Verlegung von Intensiv auf die Wöchnerinnenstation Thema. Aus meinem familiären Umfeld bekam ich Tipps, damit ich auch schnell stillen kann. Es folgten täglich Anrufe, wie es mit dem Stillen läuft. Setzt einen auch ganz wenig unter Druck. Erklärungsversuche wurden ignoriert.

    Ich hätte mir von meinem Umfeld mehr Einfühlungsvermögen gewünscht

    Nach Rücksprache mit meiner Nachsorgehebamme habe ich erfahren, dass in meinem Fall aufgrund der schweren Geburt und meiner körperlichen Schwäche ein Milcheinschuss voraussichtlich nicht großartig eintreten wird. Die Kinder waren auch zu leicht, stillen wäre für sie zu anstrengend gewesen. Abpumpen ist ein großer Zeitaufwand der mindestens vier bis fünf Mal  täglich betrieben werden muss. Bei Zwillingen fast nicht machbar. Trotzdem habe ich es drei Monate eisern versucht, aber es hat alles nichts geholfen. In guten Zeiten habe ich beim Abpumpen maximal 30 Milliliter pro Mahlzeit (nicht pro Brustseite) erzielt. Auch haben die zwei die Muttermilch nicht recht vertragen.

    Trotzdem hätte ich mir von dem Umfeld mehr Einfühlungsvermögen gewünscht. Ständig die Fragerei nach dem Stillen, als ob es keine anderen Themen gäbe. Ständig der Druck von außen, ständig gibt man einem das Gefühl - waaaas du stillst nicht???? Nie die Frage danach, wie es mir geht. Schließlich wohne ich in einem kleinen Dorf, wo jeder sich kennt und somit auch jeder wusste, dass die Geburt nicht gerade rosig war. Interessant fand ich auch, dass gerade Männer das Thema Stillen ganz hoch gehalten haben. Und von Frauen, die sich ja wahrscheinlich eher mit solchen Themen auseinandersetzen, hätte ich mehr Fairness erwartet. Schließlich kämpfen wir alle mit denselben Problemen.

    Meine Kinder sind längst auch von Größe und Gewicht völlig normal, eher noch wohlgenährter als andere Kinder. Und heute fragt keiner mehr danach, wie es mit dem Stillen war... (lea)

    Dieser Text ist ein Teil unseres Wochenend-Journal-Schwerpunktes "Kampfzone Mutterbrust" zum Thema Nicht-Stillen. Mehr als 50 Frauen aus der Region haben sich daran beteiligt und ihre Geschichten erzählt. Die weiteren Gesprächsprotokolle finden Sie unter

    Kampfzone Mutterbrust: Harter Streit um die Milch fürs Baby 

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