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Flaschenmütter erzählen: „Warum muss ich mich rechtfertigen, wenn ich nicht stille?“

Flaschenmütter erzählen

„Warum muss ich mich rechtfertigen, wenn ich nicht stille?“

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    Vor und auch noch am Anfang meiner Schwangerschaft war ich überzeugt davon, dass das Stillen nichts für mich ist. Doch je näher der Geburtstermin rückte, desto unsicherer wurde ich. Meine Gedanken: Was tue ich meinem Kind an, wenn ich es NICHT mache? Also probierte ich es doch aus. Mit dem Ergebnis, dass ich nach vier Tagen total am Ende war und Angst hatte, dass mein Kind verhungert.

    Ich hatte einen inneren Konflikt

    Dieser innere Konflikt begann bereits während meiner Schwangerschaft. Aber da von Frauenärzten, Hebammen und auch anderen Müttern so viel Positives über das Stillen zu hören ist, es ja fast schon vorausgesetzt wird, dachte ich: "Was soll‘s, du kannst ja nichts verlieren." Aber im Hinterkopf war immer, "oh je, ob das der richtige Weg ist?"

    Nun, als mein Sohn da war, bin ich so unsicher gewesen. Ich wollte beim Stillen nicht alleine sein, hatte immer Angst, dass ich etwas falsch mache. Ich war zwei Stunden mit meinem Baby im Stillzimmer, ging zurück in mein Krankenzimmer und nach ca. 30 Minuten ging die Prozedur von vorne los. Meine Brust tat weh, mein Baby hatte Hunger, diese Zerrissenheit wurde immer größer. Mein Sohn kam am Samstag zur Welt, wir hätten eigentlich am Dienstag, nachdem der Kinderarzt da war,  nach Hause gehen dürfen. Ich traute mich nicht, ich wollte nicht nach Hause! Ich hatte Angst, dass mein Kind verhungert!

    Sie erzählte völlig fremden Müttern, warum sie die Flasche gab

    An diesem Tag, als der Kinderarzt da war, saßen wir frischgebackenen Mütter im Stillzimmer und warteten auf unseren U2-Termin. Da hatte ich mein erstes Schlüsselerlebnis: Es kam eine Frau dazu, die bereits ihr zweites Kind bekommen hatte. Sie wurde von einer anderen Mutter gefragt, ob sie denn stillte? Sie entgegnete "Nein" und nach einer kurzen Pause erklärte sie den anwesenden, völlig fremden anderen Müttern, WARUM sie nicht stillte. Da dachte ich mir: "Warum muss ich mich heutzutage rechtfertigen, wenn ich nicht stille? Ich muss mich doch auch nicht rechtferigen, wenn ich eben doch stille..."

    In der darauf folgenden Nacht war ich wieder mal im Stillzimmer und ließ mir von einer Nachtschwester beim Stillen helfen. Ich weinte, weil mir die Brust so wehtat und fragte, wie lange ich denn noch durchhalten müsse, bis es besser wird. Und ob das Stillen die richtige Entscheidung ist... Die Schwester war sehr einfühlsam und erklärte mir, dass sie mir die Entscheidung nicht abnehmen kann. Die müsse ich alleine treffen. Aber sie sagte mir, dass es keine Rolle spielt, ob ich mein Baby stille oder ihm Flaschennahrung gebe. Aber wenn ich beim Stillen bleibe, sollte ich es aus Überzeugung tun und nicht aus einem Pflichtbewusstsein heraus. Dies war mein zweites Schlüsselerlebnis. Am nächsten Morgen habe ich meinen Mann angerufen und ihm gesagt, dass ich mit dem Stillen aufhöre.

    Ich hätte auf meine Intuition hören sollen

    Die Reaktionen auf das Aufhören waren durchwachsen. Mein Frauenarzt erklärte mir, dass die Mütter, bei denen das Stillen nicht klappt, sich zu wenig Ruhe gönnen. Eine von den Krankenschwestern sagte zu mir: "Das hätte ich Ihnen gleich sagen können, dass Sie nicht dabei bleiben." Mir war das egal, ich war glücklich, dass ich diesen Schritt getan hatte. Mein Sohn trank sein Fläschchen mit Genuss, er war satt und zufrieden. Nur das zählte.

    Im Nachhinein ärgert es mich, dass ich mich nicht auf meine Intuition verlassen habe. Hätte ich mich gleich dazu entschieden, meinem Sohn das Fläschchen zu geben, ich hätte mit meinem Baby eine viel schönere Anfangszeit gehabt und mir viele Tränen erspart. Ich habe lange damit gehadert, dass ich meiner Familie diese Anfangszeit so schwer gemacht habe, heute habe ich meinen Frieden damit geschlossen. (lea)

    Dieser Text ist ein Teil unseres Wochenend-Journal-Schwerpunktes "Kampfzone Mutterbrust" zum Thema Nicht-Stillen. Mehr als 50 Frauen aus der Region haben sich daran beteiligt und ihre Geschichten erzählt. Die weiteren Gesprächsprotokolle finden Sie unter

    Kampfzone Mutterbrust: Harter Streit um die Milch fürs Baby 

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