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Brechts wichtigste Werke

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Brechts wichtigste Werke

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    (nsi). "Der gute Mensch von Sezuan" gehört heute noch zur Schullektüre. Und das Lied von "Mackie Messer" aus der "Dreigroschenoper" ist ein Ohrwurm geblieben. Wer jetzt, viele Jahre nach der Schule und ganz ohne Lehrer, nochmal bei Brecht nachlesen und nachhören will, findet hier eine Auswahl seiner Werke:

    Sie erzählt die skurrile Geschichte eines Frontsoldaten des Ersten Weltkriegs, der bereits tot ist, aber wieder ausgegraben und zurück an die Front geschickt wird. Dieses Gedicht wird später den Abschluss der fünften und letzen "Lektion" von Brechts "Hauspostille" bilden. Es zählt zu seinen bekanntesten Versen und war in den 1920er Jahren fester Bestandteil vieler Kabarettprogramme. Es brachte Brecht aber auch ein Strafverfahren wegen Blasphemie ein. Kurt Tucholsky sagte, dass es "den Preußen keiner so gegeben habe" wie Brecht mit seiner "Legende vom toten Soldaten". Das Geburtsdatum des "toten Soldaten" stimmt mit dem von Brechts engstem Freund Caspar Neher überein. Dieser wurde verschüttet, schwer verletzt und dennoch kurz darauf wieder an die Front abbeordert. Der Protagonist, ein hochbegabter Dichter, will sich nicht mit der bürgerlichen Gesellschaft einlassen. Er lehnt jegliche Anerkennung ab und ist nicht bereit, Zugeständnisse für die Veröffentlichung seiner Werke zu machen. Rücksichtslos agiert er gegen sich und die Personen in seinem Umfeld. Am Ende kehrt er in den dunklen Schoß der Erde zurück, wo er herkam. Brecht arbeitete sein erstes größeres Drama mehrmals um. Der antibürgerliche Inhalt ließ Verlage und Theater vor einer Veröffentlichung zurückschrecken. Erst 1923 wurde es schließlich in Leipzig uraufgeführt. "Baal" wurde insgesamt drei Mal verfilmt. Ein Heimkehrer von der Front des Ersten Weltkriegs stört die Verlobungsfeier seiner Frau mit ihrem neuen Mann. Niemand zu Hause hatte mehr damit gerechnet, dass er am Leben ist. Man fordert den Heimkehrer auf, für die Ziele der Räterevolution erneut in den Krieg zu ziehen. Doch er entscheidet sich für eine bürgerliche Existenz mit seiner Frau, obwohl diese von ihrem neuen Partner schwanger ist. Die erste Fassung dieses Stücks trug noch den Titel "Spartakus". Die Überarbeitung dauerte bis zum Herbst 1920. Das Typoskript (maschinell erstellte Abschrift) der ersten, so genannten Augsburger, Fassung wurde erst spät wiederentdeckt und 1988 erstmals veröffentlicht. Diese Augsburger Fassung war Grundlage für die Uraufführung an den Münchner Kammerspielen. Brecht tilgte allerdings die allzu eindeutigen Hinweise auf seine Heimatstadt. Brecht reiht sich damit in die europäische Tradition der Erbauungsbücher voll von Gebeten, Moralpredigten und religiösen Texten zum Hausgebrauch ein, nicht ohne diese damit zu parodieren. Die Gedichtsammlung ist gegliedert in fünf "Lektionen", ein Schlusskapitel, einen Anhang und Gesangsnoten zu einigen der Gedichte. Allem geht eine "Anleitung zum Gebrauch der einzelnen Lektionen" voraus. Weil er bei zwei Verlagen überschneidende vertragliche Verpflichtungen hatte, war bereits 1926 eine ähnliche Sammlung von Gedichten im Privatdruck als "Taschenpostille" erschienen - mit einer Auflage von 25 Exemplaren. Brecht positioniert sich mit der "Hauspostille" und seinen Balladen bewusst gegen die avantgardistische Lyrik seiner Zeit. Zusammen mit  gestaltet Brecht die englische "Beggar's Opera" völlig neu. Das Ergebnis kommt an. Mit großem Erfolg wird die "" im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin uraufgeführt und avanciert zum meist gespielten Stück der Weimarer Republik. "Die Moritat von Mackie Messer" existiert heute in unzähligen Interpretationen in den unterschiedlichsten Musikstilen. "Die Dreigroschenoper" kann als erstes Stück des epischen Theaters angesehen werden. Brecht will eine kritische Distanz der Zuschauer zu den Helden auf der Bühne. Diese sollen keine Interpretationsfiguren mehr sein. Die Zuschauer können außerdem den Pausenumbau sehen und bekommen auf Projektionsflächen kommentierende Szenentitel gezeigt. 1930/31 erscheint der Spielfilm zur Oper, 1933/34 der "Dreigroschenroman". Dieses Opernlibretto (die Textvorlage zur Oper) zeigt den Wandel einer ruhigen Stadt zur Anarchie. Im Glauben, ein nahender Hurrikan werde die Stadt ohnehin bald zerstören, führen die Bewohner einen exzessiven, selbstzerstörerischen Lebenswandel. Dieses Opernlibretto verfasst Brecht gemeinsam mit Kurt Weill, der es schließlich auch vertont. Doch wieder muss B.B. Teile seiner Vorlage abschwächen. Er und Weill entfernten schließlich, wie von mehreren Theaterleitern gefordert, die Bordell-Szene. Die Uraufführung wird zum Theaterskandal, nachdem sie von Gruppen im Umfeld der NSDAP gestört wird. Danach folgen weitere Änderungen am Text. Die meisten "Mahagonny"-Gesänge hatte Brecht bereits in seiner "Hauspostille" veröffentlicht.   Kurz nach dem Beginn der Weltwirtschaftskrise am Schwarzen Freitag fängt Brecht mit der Arbeit an diesem Stück an. Der Dramatiker orientiert sich mit seiner Johanna Dark an der französischen Nationalheldin Jeanne d'Arc. Das Mädchen verwickelt sich allerdings in diverse soziale Kämpfe mit unterschiedlichen Zielsetzungen und kommt darin um. Die Verssprache verfremdet die ökonomischen Handlungsstränge. Das kapitalismuskritische Stück verweist mit unzähligen Metaphern auf die antike und die jüdisch-christliche Mythologie. Erst 1959 wird die "Johanna" von Gustav Gründgens erstmals inszeniert.

    Das einzige Filmprojekt, an dem Brecht vom Exposé bis zur Realisierung beteiligt ist. Es handelt vom schwierigen Leben des Proletariats zur Zeit der Weltwirtschaftskrise, zeigt, wie die Menschen erst ihre Arbeit, dann ihre Wohnung verlieren. Auch die scheinbürgerliche Idylle rettet sie nicht vor einer haltlosen Existenz. Die Berliner Filmprüfstelle verbietet den Film. Zur Begründung heißt es, der Film betreibe kommunistische Agitation. Nach massivem Protest der Öffentlichkeit wird er dann doch uraufgeführt - allerdings in einer entschärften Fassung. Zur Entstehungszeit war der Film weniger bekannt. Die Kritiker reagierten auf seinen Erzählstil enttäuscht. Da im Exil Romane bessere Chancen hatten, veröffentlicht zu werden, arbeitete Brecht seine Oper in einen Roman um. In ihm sind unterschiedliche literarische Muster wie Liebes-, Kriminal- oder Kaufmannsroman vereint. Die Handlung entspricht der der Oper. Der gewiefte Gangster Macheath heiratet aus Geldsorgen die Tochter von Peachum, der ein guter Kunde der National Deposit Bank ist. Macheath gründet die Zentrale Einkaufsgesellschaft und schaltet geschickt die Konkurrenz aus. Peachum, der in einen anderweitigen Geschäftsskandal verwickelt ist, unterstützt ihn finanziell.

    Der Roman kam gut an und wurde fast ausschließlich positiv aufgenommen. Brecht übernimmt darin Methoden des Films, darunter Schnitte, Montagen, Nahaufnahmen oder Rückblenden. Eines der meistgespielten Stücke Brechts. Drei unterschiedliche Fassungen gibt es von "Galileo Galilei". In der ersten aus der dänischen Exilzeit von 1938/39 steht noch der listige Wissenschaftler im Mittelpunkt, der seine Erkenntnisse widerruft, um weiterhin forschen zu können. Nach dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki wird in der amerikanischen Fassung von 1947 das Handeln des Forschers zu einem Laster, das nur den Machthabern nützt. Die Aufführung dieser Fassung in Beverly Hills bringt Brecht eine Vorladung vor das Komitee für unamerikanische Tätigkeit in Washington ein. Sofort danach reist er in die Schweiz ab. In der dritten, der Berliner, Fassung von 1955/56 bedauert Galilei seine Verantwortungslosigkeit. Dieses Parabelstück spielt zwar in China, gilt aber universell. Es stellt die Humanität unter ärmlichen Lebensbedingungen in Frage. Drei Götter machen sich auf, einen guten Menschen zu finden. Doch auch dieser eine kann nur, indem er ihre Vorstellungen vom Gut-Sein bricht, das Trugbild vom guten Menschen aufrecht erhalten. Die Prostituierte Shen Te ist wahrhaft gut, steht aber am Ende arm wie eine Kirchenmaus da. Sie wird nur ausgenutzt und um ihr Geld gebracht. Das Publikum wird am Ende aufgefordert, selbst Antworten auf die offenen Fragen zu finden und sich zwischen dem Dilemma von Egoismus und Altruismus zu entscheiden. Ebenfalls eines der meistgespielten Stücke Brechts. Es entsteht innerhalb weniger Wochen. Die Marketenderin Anna Fierling, die auch Mutter Courage genannt wird, will während des Dreißigjährigen Krieges so viel Gewinn wie möglich machen, um ihre Kinder versorgen zu können. Doch sie verliert eines nach dem anderen, weil sie sich nicht zwischen Mutterrolle und Händlertaktik entscheiden kann. Das Stück wird 1941 in Zürich mit großem Erfolg uraufgeführt, vor der Berliner Inszenierung 1949 arbeitet Brecht es wiederholt um. Die Aufführung in Berlin macht Brecht in der internationalen Theaterwelt bekannt. Diese Gedichtsammlung entstand als zweite nach "Lieder Gedichte Chöre" im Exil. Von 1933 bis 1939 lebte Brecht in Svendborg an der dänischen Küste. In seinen Gedichten setzt sich Brecht mit seinem Leben im Exil auseinander, warnt vor dem drohenden Krieg und kritisiert den Begriff Emigrant: "Aber wir/wanderten doch nicht aus (...) sondern wir flohen./ Vertriebene sind wir, Verbannte." Die Gedichtsammlung enthält auch das heute noch zur Schullektüre gehörende Gedicht "An die Nachgeborenen". Eva soll von ihrem Vater, dem finnischen Großbauern Puntila, mit einem verarmten Attaché verheirat werden. Um dieser Verbindung zu entgehen, täuscht sie eine Beziehung zu Puntilas Chauffeur Matti vor. Puntilas Ziele hängen stark von seinem Alkoholpegel ab. Ist er betrunken, strebt er eine Verbindung zu sozial unter ihm Stehenden an. Nüchtern dagegen gibt er offen den Ausbeuter. Die Figuren des Stücks manipulieren sich gegenseitig und arbeiten mit gezielten Täuschungen. Mit diesem Stück stellt sich das Berliner Ensemble 1949 erstmals seinem Publikum vor. Brecht ist Erster Spielleiter und verantwortet die künstlerische Arbeit des Theaters. "Puntila" wird von 1956 bis 1959 von Paul Dessau sogar zur Oper umgearbeitet und 1966 von Rolf Hädrich für das Fernsehen des Hessischen Rundfunks inszeniert. Wie viele seiner Theaterstücke stammt auch dieses nicht von Brecht alleine. Unter anderem Ruth Berlau und vor allem Margarete Steffin waren an der Entstehung beteiligt. Das Parabelstück entsteht während Brechts Exil in Finnland. Eindrücke von seiner Reise durch Amerika in den Jahren 1935/36 inspirierten ihn dazu. Brecht wollte mit dem "Arturo Ui" Geld in den USA verdienen, doch er erlebte die Uraufführung, die schließlich 1958 in Stuttgart stattfand, nicht mehr. Die Handlung verbindet die politische Karriere der Nationalsozialisten mit dem Aufkommen von Gangsterbanden in den USA. Sie spielt in der Zeit des Reichstagsbrandes. Die Namen der Figuren lassen Schlüsse auf ihre historischen Entsprechungen zu (Ui/Hitler, Giri/Göring etc.). Brecht wollte mit diesem Text "die großen politischen Verbrecher" der Lächerlichkeit preisgeben. Im Vorspiel müssen sich zwei Dörfer über ein Stück Land einig werden. Als Spiel im Spiel werden zwei Stücke aufgeführt. Das eine erzählt von der Magd Grusche, die sich während eines Aufstands um einen fremden Jungen kümmert, die andere handelt vom Dorfschreiber Azdak, der während der Tumulte zum Richter aufsteigt. Er muss schließlich darüber entscheiden, ob die Magd oder die leibliche Mutter den Jungen bekommen soll. Der Richter malt einen Kreidekreis auf den Boden, stellt das Kind hinein und weist die beiden Frauen an, das Kind an sich zu reißen. Die Magd lässt das Kind los, aus Angst es zu verletzen. Ihr wird der Junge am Ende zugesprochen.

    Die deutsche Erstaufführung findet 1954 am Berliner Ensemble statt und führt in der damaligen DDR zu einer kulturpolitischen Debatte über das epische Theater. Dennoch ist das Stück in BRD und DDR Schullektüre. Es wird mehrmals verfilmt und auch als Hörspiel umgesetzt. Eine der bedeutendsten theoretischen Schriften Brechts. Sie entstand auf Anregung von Helene Weigel. Der Titel nimmt Bezug auf Aristoteles und Francis Bacon. Der Text setzt sich mit den unterschiedlichen Ansprüchen an ein Theaterstück, nämlich zu nützen oder zu erfreuen, auseinander. Wie Aristoteles beharrt auch Brecht auf dem Vergnügen als der eigentlichen Funktion von Kunst. Dafür müsse sie allerdings eine brauchbare Abbildung ihrer Zeit liefern. Brecht lehnt eine einfühlende Haltung der Theaterzuschauer ab. Sie sollten das Geschehen auf der Bühne besser mit einem "fremden Blick" wahrnehmen. Brecht befürwortet zunächst, wie viele andere Intellektuelle auch, das rigide Vorgehen der SED gegen die Arbeiteraufstände vom 17. Juni 1953. In seinen "Buckower Elegien" distanziert er sich ein Jahr darauf von der Partei. Entstehungsort ist Brechts Landsitz Buckow in der Märkischen Schweiz. Das bekannteste Gedicht der Sammlung ist "Radwechsel", das exemplarisch die Spannung von Aufbruch und Stillstand widerspiegelt: "Ich bin nicht gern, wo ich herkomme./Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre./ Warum sehe ich den Radwechsel/ mit Ungeduld?" Geschichte spielt sich im Inneren des Ichs ab, das sie kommentiert und reflektiert.

    Wer die Werke lieber selbst lesen will, kann sich an den Suhrkamp Verlag halten. Dieser gab im vergangenen Jahr die "Werke in sechs Bänden" heraus. Die Werkauswahl kostet 29,80 Euro.  

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