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Nachruf: Er war der Pate des Fusion

Nachruf

Er war der Pate des Fusion

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    Was wäre gewesen, wenn...? Ja, wenn Larry Coryell die Finger von Drogen und Alkohol gelassen hätte. Eine dumme, kindische, naive und verhängnisvolle Entscheidung, aus damaliger Sicht aber irgendwie nachvollziehbar. „Alle meine Helden – allen voran Charlie Parker – nahmen Drogen. Deshalb glaubte ich, ich müsste das auch tun“, sagte er in einem Gespräch im vergangenen Jahr. „Ich glaubte, ich würde damit den Jazz besser verstehen. Alles Unsinn. Aber als ich das erkannt habe, war es schon zu spät.“

    Es gibt nicht wenige, die dem Gitarristen eine noch größere Karriere als John McLaughlin, Paco de Lucia, Al DiMeola oder Pat Metheny zugetraut hätten. Denn Talent hatte er im Übermaß. Und eine wahnwitzige Idee. Als der gebürtige Texaner mit Anfang 20 nach New York kam, da überfluteten ihn sowohl der Jazz traditioneller Bauart wie auch die Pop- und Rockstars jener Ära. Es waren zwei feindlich gegenüberstehende Pole. Hier Ellington und Coltrane, da Beatles, Byrds und Dylan. Coryell dachte sich: Das könnte eigentlich ganz gut zusammen funktionieren. Also vermengte er Rock-Grooves, orientalische oder östliche Musik, Klassik und Freejazz zum sogenannten Fusion Jazz. Erst mit seiner Band „Free Spirits“, dann mit Miles Davis, Gary Burton, Chick Corea, Alphonse Mouzon, Billy Cobham, Chet Baker, Jimi Hendrix und schließlich mit „Eleventh House“, einer Fusion-Supergroup. Die Alben „Coryell“ und „Spaces“ von 1969 gelten heute als wegweisende Meilensteine des Genres, die ihm Beinamen wie „der Pate des Jazzrock“ oder „Godfather of Fusion“ einbrachten.

    Doch erst im Laufe der Nullerjahre wurde klar, welchen Stellenwert Coryells Musikrevolution besaß. Post-Hip-Hop-Künstler wie Flying Lotus entdeckten diese Spielart für sich. Der Saitenhexer, längst clean und trocken, gefiel sich in seiner Rolle als Elder Statesman und rief sogar seinen Lebenstraum „Eleventh House“ wieder ins Leben. Erst im vergangenen November brachte er mit dem Ensemble bei einem furiosen Konzert die Mauern des Birdland-Clubs in Neuburg zum Beben. Unermüdlich tourte Larry Coryell, noch am vergangenen Wochenende absolvierte er zwei Auftritte in New York. Dort starb er in der Nacht zum Montag im Alter von 73 Jahren im Schlaf.

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