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Oper: Faust trifft Monty Python

Oper

Faust trifft Monty Python

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    So viel Klischee: Faust in Caspar-David-Friedrich-Romantik.
    So viel Klischee: Faust in Caspar-David-Friedrich-Romantik. Foto: Stache, dpa

    Faust verkauft seine Seele an die Nazis und Gretchen wird in ein Konzentrationslager deportiert – Terry Gilliam, Mitbegründer der britischen Comedy-Truppe Monty Python, hat Goethe tief in den braunen Sumpf gezogen. Hakenkreuz und Hitlergruß, braune Uniformen und gelbe Davidsterne – der Amerikaner lässt in seiner Version von Hector Berlioz’ „La Damnation de Faust“ (Fausts Verdammnis) an der Berliner Staatsoper die SA-Puppen tanzen. Ist das alles nur abgedroschen oder schon ein Skandal?

    Zur Premiere am Samstagabend gab es vereinzelte Buhrufe für die Inszenierung, aber viel Beifall für das Ensemble unter Gastdirigent Sir Simon Rattle. Gilliam hatte die Inszenierung 2011 für die English National Opera produziert, Staatsopern-Intendant Jürgen Flimm holte sie in das Schillertheater. Eigentlich ist das 1846 uraufgeführte Werk ja eine Mischung aus Oper und Oratorium, in der sich Berlioz nur lose auf die literarische Vorlage stützt – der schrille Gilliam, der Regisseur von Kult–Filmen wie „Die Ritter der Kokosnuss“ und bizarrer Utopien wie „Brazil“ nimmt Faust schlicht zum Anlass, um sich an den Deutschen abzuarbeiten. Er will einen Bogen schlagen von den Preußen zu den Nazis, von der Romantik in die Moderne. Was sich als Wanderung durch germanische Seelenlandschaften andeutet, endet dann aber im hölzernen Klischee.

    Gleich am Anfang spaziert bei Gilliam der Titelheld vor Caspar David Friedrichs Kreidefelsen, dann streitet Bismarck mit Pickelhaube um eine Portion des europäischen Kuchens, später wird Hitler vom Obersalzberg auf die Berge blicken, während unten das Gemetzel stattfindet. Zwischen Bauhaus-Wohnungen und deutschem Wald marschieren stramme Turner in Leni-Riefenstahl-Ästhetik, der Zugwaggon mit den Deportierten wird durch die spärlichen Lichtschlitze angedeutet, am Ende liegt Gretchen unter den Leichenbergen des Holocaust – einprägsame Bilder, ja, aber wo ist die (absurde) Leichtigkeit hin, die Gilliams Schaffen noch im Monty-Python-Team prägte?

    Und mit der Musik hat das allzu selten etwas zu tun. Simon Rattle immerhin steuert die Staatskapelle Berlin mit Bravour durch diese Klippen, gestützt auf seine Frau, die Mezzosopranistin Magdalena Kozena als Marguerite, Charles Castronovo in der Titelpartie und Florian Boesch als stimmgewaltiger Méphistophélès – und einen fabelhaften Chor (Leitung: Martin Wright). Esteban Engel, dpa

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