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Urheberrecht: Gehört „Happy Birthday to You“ einer Firma oder allen Menschen?

Urheberrecht

Gehört „Happy Birthday to You“ einer Firma oder allen Menschen?

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    In diesem alten Liederbuch steht auch "Happy Birthday to You". Sind fürs Singen Lizenzgebühren fällig?
    In diesem alten Liederbuch steht auch "Happy Birthday to You". Sind fürs Singen Lizenzgebühren fällig? Foto: Wolf Haldenstein (dpa)

    Irgendwo auf der Welt singt immer gerade jemand „Happy Birthday to You“ – auf Englisch, Finnisch, Arabisch, Japanisch oder Deutsch. Sogar ins Klingonische, die erfundene Sprache der Außerirdischen im Star-Trek-Universum, ist das Lied schon übersetzt worden.

    Aber egal, wie weit es verbreitet sein mag, es befindet sich anscheinend im Privatbesitz des US-Labels Warner Music Group. Zwar darf man „Happy Birthday“ bei jeder Geburtstagsfeier zu Hause im privaten Kreis kostenlos singen. Aber sobald dies öffentlich oder zu kommerziellen Zwecken geschieht, gilt das Urheberrecht, und es muss gezahlt werden – an die Warner Music Group. Die Firma nimmt dafür jedes Jahr rund zwei Millionen Dollar an Lizenzgebühren ein.

    Mit durchschnittlich 5000 Dollar am Tag gilt „Happy Birthday“ als eins der lukrativsten Lieder der Welt. Spielzeughersteller, Klingeltonprogrammierer, Restaurantketten und sogar die Pfadfinder haben zwischen 500 und Zehntausende Dollar für die Lizenz gezahlt. Wegen der hohen Kosten vermeiden allerdings viele Filmemacher und Theaterleute das Lied lieber. „Das ist schon immer so ein Witz in der Filmindustrie gewesen“, sagt Filmemacherin Jennifer Nelson: „Da warnt dich dein Chef: Nimm das Geburtstagslied nicht auf, sonst musst du dafür zahlen!“

    Die in New York ansässige Regisseurin hatte gerade einen Dokumentarfilm über die Herkunft von „Happy Birthday to You“ gedreht – und 1500 Dollar für die Nutzerlizenz gezahlt, als sie einen Artikel des Rechtswissenschaftlers Robert Brauneis fand, der das bis dato allgemein akzeptierte Urheberrecht für ungültig befand. 2013 entschied sie sich, mit zwei anderen Künstlern vor Gericht zu ziehen: einer Musikerin, die eine Lizenz brauchte, um „Happy Birthday to You“ auf einem Live-Album aufzunehmen, und ein Regisseur, der – nach einem Dreh – von einer Rechnung über 3000 Dollar überrascht wurde.

    Streit um Lizenzgebühren für "Happy Birthday to You"

    Dieses Künstlertrio behauptet nun, dass „Happy Birthday to You“ der ganzen Welt gehöre, nicht einer Firma. „Es ist so ein großer Teil unseres Lebens,“ erklärt Nelson. „Der Gedanke, dass du dafür zahlen sollst, oder dass es irgendjemandem gehört, ist einfach nicht ok.“ Zunächst argumentierten die Drei, dass eine 1963 vorgenommene Erneuerung des ursprünglichen Urheberrechts von 1935 ungültig sei. Vor einem Monat indessen fanden sie einen möglicherweise schlagenden Beweis für Ihr Begehren: In einem Liederbuch von 1922 war „Happy Birthday to You“ ohne urheberrechtlichen Schutz veröffentlicht worden.

    Nach US-Recht sind damit alle späteren Ansprüche ungültig. Auf eine deutsche Anfrage hat Warner Music Group bislang nicht geantwortet. Doch schon in der Vergangenheit hatte die Firma den Medien gegenüber immer wieder betont, das schon vor Jahrzehnten erworbene Urheberrecht sei gültig. In den USA galt der Schutz des geistigen Eigentums damals aber nur für 70 Jahre. Werke aus den 20er-Jahren sind deshalb eigentlich jedem frei zugänglich.

    Die Ursprünge von „Happy Birthday to You“ gehen auf die von Deutschen beeinflusste Kindergartenbewegung in den USA vor mehr als einem Jahrhundert zurück. 1893 komponierte die Musikerin Mildred Hill aus Kentucky zusammen mit ihrer Schwester, der Kindergärtnerin Patty, das Lied, das ursprünglich „Good Morning to You“ („Ich wünsche dir einen guten Morgen“) hieß. Mit seiner einfachen Melodie, die Kinder leicht behalten und jeden Morgen singen konnten, sollte es im Unterricht als Lehrmittel genutzt werden. Weil der Text nur aus sechs Wörtern bestand, konnte man ihn leicht zu verschiedenen Anlässen wie Feiertagen und Geburtstagen verändern – wie der Rechtswissenschaftler Robert Brauneis erkannte.

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    Populär gemacht wurde das Lied schließlich auf einer Geburtstagsfeier in Louisville, im US-Staat Kentucky, wo die Gäste der Deutsch-Amerikanerin Lisette Hast ein Ständchen mit dem „Happy Birthday“-Text brachten. Das behauptet zumindest die offizielle Geschichte des „Little Loomhouse“, einem historischen Weberhaus aus dem 19. Jahrhundert, wo besagte Geburts-tagsfeier stattfand. Wenige Jahrzehnte später war das Geburtstagsständchen fester Teil der amerikanischen Kultur.

    So wurde es für das erste singende Telegramm genutzt und als erstes Lied im All gesungen. Missionare aus Kentucky brachten es später nach Europa, von wo es sich dann auf der ganzen Welt verbreitete, meint Jennifer Nelson. „Es ist das Lied aller Menschen.“ Nun hofft die Filmemacherin auf eine in ihrem Sinne günstige Entscheidung des District Court in Los Angeles bis zum Jahresende. In Deutschland hat sich die Sache bald ohnehin erledigt.

    Laut deutscher Verwertungsgesellschaft Gema ist „Happy Birthday to You“ hier nur noch bis Ende 2016 geschützt. Bekäme die Warner Music Group Recht, wäre der Song zumindest in den USA bis 2030 abgabepflichtig. dpa/AZ

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