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Kinokritik: "Ich und Earl und das Mädchen": Ernst, witzig und anrührend

Kinokritik

"Ich und Earl und das Mädchen": Ernst, witzig und anrührend

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    „Fall’ nicht groß auf! Stell dich mit allen gut! Sei unsichtbar!“ So lautet das Motto des sensiblen Greg, um die Highschool möglichst unbeschadet zu überstehen. Mit seiner sozialen Kompetenz ist es nicht weit her. Selbst Earl, seinen einzigen Freund, nennt Greg lieber nur „Mitarbeiter“. Die beiden drehen Kurzfilm-Parodien auf Kino-Klassiker, mit Titeln wie „A Sockwork Orange“ oder „Eyes Wide Butt“. Das geruhsame Teenager-Leben ändert sich, als Gregs Mutter darauf besteht, dass ihr Sohn mit der Tochter ihrer besten Freundin Zeit verbringen soll – denn bei Rachel wurde Leukämie festgestellt. Widerwillig begibt sich der 17-Jährige zum Krankenbesuch.

     „Keine Sorge, Rachel wird nicht sterben!“

    Doch überraschend schnell bricht das Eis, und je mehr Zeit die beiden Außenseiter miteinander verbringen, desto größer wird die Sympathie. „Aber keine heiße Liebe, schließlich ist das kein romantischer Film“, betont der Ich-Erzähler ausdrücklich. Diese direkte Ansprache ans Publikum erweist sich als gelungenes Stilmittel, schafft sie doch Distanz und Nähe gleichermaßen. „Keine Sorge, Rachel wird nicht sterben!“, beruhigt Greg schon nach einer halben Stunde die Zuschauer und wiederholt die Entwarnung später nochmals, als sich der Gesundheitszustand der neuen Freundin dramatisch verschlechtert.

    Nach seinem Debüt „Warte, bis es dunkel ist“ legt Alfonso Gomez-Rejon einen überzeugenden Zweitling hin. Visuell setzt er auf vergnüglich schräge Einstellungen und Schwenks. Was schnell zur affigen Werbefilm-Ästhetik verkommen könnte, bleibt hier stets angenehmes Stilmittel, weil die quirligen Bilder bestens zur Story passen. Ähnlich unaufdringlich erweist sich die entspannte Herangehensweise an heikle Themen. Krankheit, Tod und Teenagerängste sind hochgradig kitschgefährdet, doch die Balance zwischen Komik und Ernst gelingt bestens. Zum einen sind die Figuren psychologisch plausibel gestrickt, zum anderen kommen sie bei aller Kauzigkeit als Sympathieträger daher: Mit solchen Typen lacht und leidet man gleichermaßen gerne mit, zumal bei stimmig wortwitzigen Dialogen. Die Pointen geraten erfrischend unaufdringlich, derweil die Songs von Brian Eno für einen exquisiten Soundtrack sorgen. Auf den Auftritt des lässigen Hauptdarstellers im Remake von „The Stanford Prison Experiment“ darf man gespannt sein. Seinen Namen kann man sich recht einfach merken: Thomas Mann – damit hätte er hierzulande im echten Leben wohl gleichfalls keine ganz so einfache Schulzeit gehabt…

    in Ingolstadt, Neu-Ulm,

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