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Kulturkampf: Im Namen der Heimat: AfD greift deutsche Theater an

Kulturkampf

Im Namen der Heimat: AfD greift deutsche Theater an

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    Auch die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat schon gegen ein Theater geklagt, weil Fotos von ihr verwendet wurden.
    Auch die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat schon gegen ein Theater geklagt, weil Fotos von ihr verwendet wurden. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Wenn das Theater die Justiz beschäftigte, ging es früher häufig um die Verletzung religiöser Gefühle. Jetzt haben Staatsanwälte und Richter immer wieder Inszenierungen zu prüfen, weil Rechtsgesinnte Anstoß nehmen: Gegen das 2015 uraufgeführte Stück „Fear“ von Falk Richter an der Berliner Schaubühne klagte unter anderem erfolglos die AfD-Politikerin Beatrix von Storch, da darin Fotos von ihr verwendet wurden.

    Und in Paderborn zeigte der AfD-Kreisverband das Theater wegen Verleumdung und Volksverhetzung an. Die Lokalpolitiker nahmen an einer Grafik im Spielzeit-Heft Anstoß. Darin waren Wahlergebnisse der NSDAP und der AfD gegenübergestellt. Die Staatsanwaltschaft nahm keine Ermittlungen auf, da es hierfür keine rechtlichen Voraussetzungen gab.

    Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Ulrich Khuon, beobachtet zunehmend Angriffe von rechts auf die Kunstfreiheit. „Verbal geschieht das auf eine aggressive giftige Art. Im Grunde wird alles, was nicht AfD ist, als linksversifft bezeichnet. Außerdem gibt es den Weg über Gerichte und Kleine und Große Anfragen in den Parlamenten“, erklärt der Intendant des Deutschen Theaters Berlin. An seinem eigenen Haus wurde 2018 die Performance „Global Gala“ von Anhängern der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ gestört.

    AfD-Abgeordneter Marc Jongen: Das politische Theater wirkt manipulativ auf das Publikum

    „Kultur lebt von unterschiedlichen Einflüssen, das erst macht sie lebendig“, sagt dazu Manuela Lück, Bildungsreferentin der SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt. Die AfD vertrete einen Kulturbegriff, der das Eigene mit Begriffen wie „Heimat“, „Identität“, „Leitkultur“ überhöhe. Fremdes werde als „Multi-Kulti“ beschimpft.

    In ihrem Grundsatzprogramm bezeichnet die AfD die „Ideologie des Multikulturalismus“ als „ernste Bedrohung für den sozialen Frieden und für den Fortbestand der Nation als kulturelle Einheit“. Der kulturpolitische Sprecher der AfD im Bundestag, Marc Jongen, wirft den Theatern vor, sich immer wieder „an den zwölf Jahren des Dritten Reichs“ abzuarbeiten.

    „So reduziert sich Theater zur antifaschistischen Erziehungsanstalt und beraubt sich selbst seiner künstlerisch-darstellerischen Vielfalt“, so Jongen. Er meint, dass das politische Theater manipulativ auf das Publikum einwirke und missliebigen Konservativen „Schauprozesse“ mache. Deshalb stelle die AfD Anträge auf Kürzung von Subventionen. Insbesondere nach der Augsburger Staatstheater-Uraufführung von „Europe Central“ ist es da interessant, ob auch die Augsburger Bühne bereits Erfahrungen mit der AfD gemacht hat. André Bücker, Intendant: „Es hat bislang keinerlei Berührungen mit der AfD gegeben.“

    Anzeigen wegen Schlepperei und Verstößen gegen das Ausländergesetz

    Die künstlerische Leiterin der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel, Amelie Deuflhard, wurde von der AfD unter anderem wegen Schlepperei und eines Verstoßes gegen das Ausländergesetz angezeigt, weil Ende 2014 auf dem Gelände ein künstlerischer Aktionsraum für Flüchtlinge entstand. Ein Verfahren sei nie eingeleitet worden, sagt Deuflhard. Die AfD wende sich gegen die Kunst, weil dies Aufmerksamkeit erzeugt, glaubt die Theatermacherin. Auch die Schließung von Kampnagel, wo viele geflüchtete Künstler aktiv sind, werde immer wieder gefordert. Deuflhard: „Meine Strategie ist, dass wir ein positives Bild von unserer diversen Gesellschaft entwickeln. Wir machen ein internationales Programm und versuchen zu verstehen, wie unterschiedliche Kulturen ticken.“

    Deuflhard ist auch Koordinatorin der Bewegung „Die Vielen“ für Hamburg. Inzwischen haben 500 Kulturinstitutionen die „Erklärung der Vielen“ verabschiedet. „Wir wehren die illegitimen Versuche der Rechtsnationalen ab, Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren“, heißt es darin. Und: „Wir verbinden uns solidarisch mit Menschen, die durch rechte Ideologien immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.“Auch wenn das TheaterAugsburg noch keine Berührung mit der AfD hatte: Es wird bei „Die Vielen“ teilnehmen. (dpa/AZ)

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