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Schadensbegrenzung im Streit um Kulturpreis

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Schadensbegrenzung im Streit um Kulturpreis

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    Schadensbegrenzung im Streit um Kulturpreis
    Schadensbegrenzung im Streit um Kulturpreis Foto: DPA

    Das Kuratorium des Preises unter Vorsitz von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verschob die für 5. Juli geplante Verleihung der Auszeichnung an Vertreter verschiedener Religionen auf den Herbst. Zuvor solle den Preisträgern, Kardinal Karl Lehmann, dem evangelischen Ex-Kirchenpräsident Peter Steinacker, dem Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden, Salomon Korn, und dem muslimischen Schriftsteller Navid Kermani Gelegenheit gegeben werden, das gemeinsame nicht-öffentliche Gespräch zu suchen.

    Gern stehe er den anderen drei Preisträgern "für ein privates Gespräch zur Verfügung. Das habe ich immer getan und werde ich weiterhin tun", erklärte Kermani. Im gleichen Atemzug kritisierte er Koch: Es gehe nicht um eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Preisträgern, vielmehr habe die Staatskanzlei willfährig dem Protest Lehmanns gegen ihn nachgegeben. Der Kardinal hatte sich in einem Brief an Koch über einen Artikel Kermanis zum christlichen Symbol des Kreuzes empört; auch der evangelische Theologe Steinacker fühlte sich verletzt. Darauf wollte die Jury Kermani den Preis nicht mehr geben.

    Der Preis solle in diesem Jahr überhaupt nicht vergeben werden, forderte Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und langjähriges Kuratoriumsmitglied beim Kulturpreis. "Wollte man einen Preis für Nicht-Dialog vergeben, dann hätte man das so machen müssen, wie es geschehen ist", sagte er im Deutschlandradio Kultur. Der Dialog der Religionen, dem der Kulturpreis eigentlich gewidmet sein sollte, sei offenbar immer noch etwas für Sonntagsreden. Ausdrücklich verteidigte Schirrmacher Kermani; sein Text zeuge von Verständnis für die andere Seite.

    Koch sprach nach Angaben der Staatskanzlei in Wiesbaden selbst mit Kermani und äußerte die Hoffnung, dieser werde ein Gesprächsangebot annehmen. Steinacker, der frühere Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), begrüßte die Verschiebung. Er und die anderen Preisträger seien bereit, sich mit Kermani zu treffen, sagte Steinacker der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Es geht darum, dass wir unsere Positionen klären." Ein solches Treffen könne nur in einer Atmosphäre des gegenseitigen Respekts stattfinden, der Ausgang sei völlig offen. Es gehe nicht darum, dass Kermani sich rechtfertigen solle.

    Steinacker schloss aber auch nicht aus, dass er oder Kardinal Lehmann in dem Streit von sich aus den Preis ablehnen könnten. Er wolle das aber nicht, weil der Hessische Kulturpreis nicht beschädigt werden solle. "Der Hessische Kulturpreis ist eine gute Sache." Steinacker bekräftigte, dass der Artikel Kermanis ihn getroffen habe. Er stehe seit 25 Jahren im Dialog mit Muslimen. "Noch nie hat mir ein Muslim gesagt, dass das Zentrums meines Glaubens Gotteslästerung ist." Der Dialog müsse aber fortgesetzt werden.

    Die Grünen übten Kritik an Kochs Krisenmanagement. "Die hessische Landesregierung ist ganz offensichtlich unfähig, einen solchen Preis würdig zu vergeben", sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir in Berlin. "Kochs Mannschaft hat meines Erachtens gegenwärtig den ersten Preis für kulturpolitische Inkompetenz in der Bundesrepublik Deutschland verdient."

    Steinackers Nachfolger als EKHN-Präsident, Volker Jung, begrüßte die Verschiebung der Preisverleihung auf den Herbst. Dies gebe allen Beteiligten Zeit zum Dialog, sagte Jung in Darmstadt. Kermani, dessen Preiswürdigkeit in Zweifel gezogen worden sei, bleibe für die Landeskirche "ein interessanter und kompetenter Gesprächspartner". Der iranisch-stämmige Kermani war für den Hessischen Kulturpreis ins Gespräch gekommen, weil der zunächst ausgewählte muslimische Vertreter Fuat Sezgin abgelehnt hatte.

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