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Augsburg: So ist die neue Römer-Schau im Zeughaus

Augsburg

So ist die neue Römer-Schau im Zeughaus

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    Römisches Alltagsleben bis hin zum Speiseplan mit Täubchen im Teller spiegeln diese Ton- und Glasgefäße – mal in einfacherer, mal in gehobenerer Form.
    Römisches Alltagsleben bis hin zum Speiseplan mit Täubchen im Teller spiegeln diese Ton- und Glasgefäße – mal in einfacherer, mal in gehobenerer Form. Foto: Ulrich Wagner

    Fast über Nacht war das Römische Museum in Augsburg am 6. Dezember 2012 geschlossen worden. Der Fußboden der historischen Dominikanerkirche könne unter der Last der Steinmonumente jederzeit einbrechen, warnten Statiker. Zweieinhalb Jahre später hat Augsburg endlich wieder eine Römerausstellung. Nun im Zeughaus, nun beachtlich ausgereift nach den heutigen didaktischen Maßstäben einer Museumspräsentation, nun als Übergangslösung für „fünf Jahre plus x“, wie Kulturreferent Thomas Weitzel sagt.

    Anstelle nüchterner Belehrung, die andächtige Stille verlangt, ist ein entdeckerfreudiges Klima getreten. Wer etwas sehen will, muss buchstäblich den Deckel lüften – sodass viele Vitrinen zu einer Überraschung werden. Das Gestaltungskonzept von Christian Thöner spielt mit Transportkisten und Paletten – als befände man sich gar nicht in einem Museum, sondern an einer Ausgrabungsstätte. Alles ist schneeweiß, kombiniert mit gedeckten Farben in den Vitrinen – plus einem Leitsystem aus witzigen schwarz-gelben Piktogrammen für die Themenblöcke „Stadtgründung“, „Militär“, „Handel“, „Verkehrswege“, „Zivilleben“, „Götter“, „Abschied“. Für Letzteres steht eine stilisierte Totenbahre mit Trauernden.

    Römerausstellung bietet etliche noch nie gezeigte Exponate

    Etliche noch nie gezeigte sowie erst jüngst ausgegrabene Exponate hat der geschäftsführende Leiter der römischen Sammlung, Manfred Hahn, ausgewählt – neben Klassikern wie dem schon 1769 aus der Wertach geborgenen lebensgroßen bronzenen Pferdekopf einer Reiterstatue. „Fast alle Stücke sind aus Augsburger Boden geborgen“, so verweist Hahn auf die archäologische Ergiebigkeit der einstigen Provinzhauptstadt Augusta Vindelicorum. Dominant im Zentrum liegt eine 8,80 Meter lange Schiffslände aus dem Lechkies, deren Weißtannen-Balken ziemlich sicher 178 nach Christus geschlagen wurden.

    Prominent platziert ist auch der 1992 ausgegrabene Siegesaltar mit der wichtigsten Inschrift der römischen Stadtgeschichte: Ein Feldherr widmet im Jahr 260 seinen Sieg über eingefallene Germanen dem gallischen Gegenkaiser – die Provinz Rhaetien war Rom abtrünnig. Jetzt steht der Altar so angehoben und ausgeleuchtet, dass man die (teilweise getilgte) Inschrift entziffern kann.

    Typisch ist dies für eine Präsentation, die das einzelne Stück bestens zur Geltung bringt – ohne die Besucher mit zu viel Textinformation zu ermüden. Erstmals sind Edelsteingemmen zu bewundern, denen bezaubernde Miniaturen eingraviert wurden. Auf dem Bildschirm daneben können einzelne Motive herangezoot werden. Ein Grabmal mit dem Torso einer aufgerichteten Löwin wurde mit metallenen Konturen wieder zu einer Sphinx ergänzt. Der zusammengerollte Schuppenpanzer eines thrakischen Reiters entpuppt sich als ein ganz außerordentliches Erzeugnis – sind doch seine Metallplättchen, die zum Teil vergoldet waren, auf insgesamt 360.000 kleine eiserne Ringe montiert.

    Hauptaugenmerk der Ausstellung gilt dem Zivilleben

    Den militärischen Aspekt streift die Ausstellung nur knapp. „Das römische Augsburg war Jahrhunderte lang vor allem eine Stadt des Handels und der Provinzialverwaltung. Soldaten gab es nach 70 nach Christus nur noch wenige; dafür prägten Kaufleute, Handwerker und Beamte das Stadtbild“, so Manfred Hahn. Das Hauptaugenmerk gilt deshalb dem Zivilleben, das etwa im Modell einer Markthalle und im Grabmal eines Weinhändlers mit Fasswagen und Hofhund sichtbar wird. Die Tabula Peutingeriana, die mittelalterliche Kopie eines Straßenplans für das gesamte Imperium Romanum, zeigt Augusta Vindelicorum eingeknüpft ins große Verkehrsnetz. Man kann die 6,80 Meter lange Wiedergabe in Tafeln aufklappen und die heutigen Ortsnamen darunter lesen.

    Entstanden ist ein lebendiges Museum mit einer Ecke namens „Der aktuelle Fund“. Sie kann je nach Grabungslage immer wieder neu bestückt werden. Zum Start sieht man hier das Pfeilermonument eines Kindergrabs mit Pinienzapfen und – sehr ungewöhnlich – einer Nische, in der vermutlich Porträts der betrauerten Kinder aus Holz standen. Die Stele wurde 2014 entdeckt. Ein Museumserlebnis garantiert auch das nachempfundene antike Speisezimmer mit drei Liegen und Wandmalerei nach original Augsburger Befunden.

    Wird dieses „Römerlager“ im Zeughaus jemals wieder aufgelöst werden? Das neue Museum dürfte mit Sicherheit etliche Jahre auf sich warten lassen.

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