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Neues Album: Weiß-blaue Welteroberung

Neues Album

Weiß-blaue Welteroberung

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    LaBrassBanda kommen wunderbar ohne E-Gitarren aus.
    LaBrassBanda kommen wunderbar ohne E-Gitarren aus. Foto: Stefan Bausewein

    So schnell kann das gehen: Trompete und Posaune sind die neuen E-Gitarren. Der Coolness-Faktor des klingenden Blechs war höchstens im 19. Jahrhundert, als sich die Blasmusikkapellen heutigen Zuschnitts zu formieren begannen, noch ein bisschen höher als jetzt. Vorbei die Zeiten, als ausschließlich röhrende Stromgitarren in der Popmusik den Ton angaben. Seit einiger Zeit blasen neue Bands den alten Rockern den Marsch – und Bayern ist, wie könnte es anders sein, wieder ganz vorne dabei.

    Hier verbinden sich Tradition und aktuelle Strömungen auf das Süffigste. Moop Mama aus München zum Beispiel bringen mit ihrem fetten urbanen Bläsersound Säle zum Kochen. Die Hiphop-Gemeinde wiederum wird von dicht&ergreifend bestens bedient, die Lederhosen, Tuba und krachlederne Texte zu etwas verbinden, das sie Bazi-Rap nennen. Damit können sie Bierzelte und Kellerklubs gleichermaßen zum Hüpfen bringen.

    Die coolen Könige der neuen Blasmusik sind aber immer noch LaBrassBanda vom Chiemsee. Sie mischen seit mittlerweile zehn Jahren die Popszene auf mit ihrem bajuwarischen Gebläse-Groove. Sie sind sozusagen das ländliche Gegenstück zu Moop Mama. Hier werden das Leben und die Landlust gefeiert, allerdings abseits des gefälligen Mittelstand-Landhausstils. Sie spielen in ihrer eigenen Liga und setzen zu einer Art weiß-blauen Welteroberung an: Anfang des Jahres spielten sie sechs Wochen lang rund um den Globus. Sinnigerweise nennen LaBrassBanda ihr neues Album „Around The World“ (RCA).

    Mehr denn je verschmelzen die Bläser und der Harmonie-Gesang zu einer dichten Soundwand, wie das sonst nur hart rockende Bands mit vielen verzerrten Gitarren schaffen. Im Untergrund pumpen, schieben und drücken beinahe unablässig Bass und Schlagzeug. Das ist keine Musik mehr fürs Wohnzimmer und die Heimanlage – obwohl sie da sehr gut klingt –, die will erlebt werden beim Laufen, Springen, Live-Hören. Die Stücke wirken mit den vielen Text- und Melodieschleifen schon beinahe hypnotisch. Die Band integriert Afropop, Reggae, Didgeridoo-Gewummer, Soul und Bierzelttradition zu einem unnachahmlichen Sound.

    Dabei fallen die Texte diesmal recht nostalgisch aus. Sänger Stefan Dettl feiert zwar weiterhin das Feiern, etwa im Anfangsstück „Indian Explosion (Bauwagn)“ und in „Alarm“. Doch viele Stücke kommen eher ernst daher, drehen sich um Nostalgie und Verlorenes, um die Veränderung der Heimat. In „Africa“ wird der Verlust des kleinen Kaufladens im Ort beklagt, in „Wirt“ die drohende Schließung des Dorfgasthauses. Wie es Menschen geht, die komplett ihre Heimat verloren haben, schildert „Ujemama“. Dettl hat sich dafür vom Schicksal eines Flüchtlings aus Eritrea inspirieren lassen, dessen Odyssee fünf Jahre lang dauerte – bis er Asyl fand. Mit dem neuen Album trampelt die Barfußband LaBrassBanda endgültig die Klanggrenzen nieder und schafft einen Sound, der in Bayern geboren wurde, aber in der Welt zu Hause ist.

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