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Konzertkritik: The Notwist in München: Heimspiel der Freigeister

Konzertkritik

The Notwist in München: Heimspiel der Freigeister

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    Monatelang mussten die Fans auf den Auftritt von The Notwist in ihrer oberbayerischen Heimat warten. Der Auftritt im Circus Krone bewies: Es hat sich gelohnt.
    Monatelang mussten die Fans auf den Auftritt von The Notwist in ihrer oberbayerischen Heimat warten. Der Auftritt im Circus Krone bewies: Es hat sich gelohnt. Foto: Marcus Golling

    Wenigstens diese Bayern wissen noch, wie man ein Heimspiel richtig angeht. Zum Abschluss der ersten Tour-Runde zu ihrem aktuellem Album „Close To The Glass“ zeigen die Weilheimer Indie-Freigeister The Notwist im seit Monaten ausverkauften Circus Krone wieder einmal, warum sie zu den ganz wenigen deutschen Bands gehören, die international Beachtung finden. In ein paar Wochen geht es für die Musiker nach Nordamerika.

    Das im Februar erschienene „Close To The Glass“ ist ein Manifest dessen, was alles in dieser Band steckt. Unter dem hoch aufragenden Zeltdach des Circus Krone steht das neue Werk klar im Zentrum – und die sechsköpfige Band um das kreative Zentrum Markus Acher (Gitarre, Gesang), Micha Acher (Bass) und Martin Gretschmann (Elektronik) fächert mit den ersten drei Songs dessen Facetten gleich komplett auf: Die sensible Ruhe von „They Follow Me“ mit seinen tröpfelnden Synthie-Melodien, der schneidende Titeltrack mit seinem gehetzten Rhythmus und „Kong“, der offensichtliche Hit, mit dem The Notwist wieder an frühere Zeiten anknüpfen, als sie nach ihren Hardcore-Anfängen die Einflüsse von US-Indie-Bands wie Dinosaur Jr. aufgesogen hatten. Wie auf dem aktuellen Album finden auch im Circus Krone alle musikalischen Fäden aus 25 Jahren Bandgeschichte zusammen.

    Es ist vielleicht die größte Stärke der Weilheimer, dass sie Einflüsse von Jazz bis Techno in ihre Songs einbauen können, ohne dabei jemals beliebig zu wirken. Bei ihrem mehr als zweistündigen Münchner Konzert ist das – wieder einmal – ein Erlebnis, das fernab jeglicher Rock-Konventionen funktioniert: Da drischt Bassist Micha Acher auf ein großes Becken ein, Vibraphonist Karl Ivar Refseth bringt sein Instrument mit dem Geigenbogen zum Summen, Soundbastler Gretschmann (als Console und Acid Pauli in Techno/House-Kreisen ebenfalls so etwas wie ein Star) steuert seine Effekte mit dem Videospiel-Controller. Und Frontmann Markus Acher, der sich hinter einem 14-Tage-Bart und einer Wuschelfrisur versteckt, legt schon mal die Gitarre weg und scratcht am Plattenspieler ein Trompetensolo in den waghalsigen Free-Jazz-Schluss von „This Room“.

    Und wenn sich manche Stücke gegen Ende in einen Rausch der Klänge und musikalischen Farben steigern, scheint die Band ganz für sich zu musizieren. Dann wenden sich die sechs Musiker einander zu und aus den Songs werden Jams, die ins Unendliche zu streben scheinen. Die Fans im Circus Krone kennen und lieben die Originale – und werden doch Zeuge, wie etwas aufregend Neues entsteht.

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