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Entscheidung: Vom einen mehr, vom anderen weniger

Entscheidung

Vom einen mehr, vom anderen weniger

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    Trainer Dagur Sigurdsson bejubelt mit den deutschen Handballern den EM-Titel.
    Trainer Dagur Sigurdsson bejubelt mit den deutschen Handballern den EM-Titel. Foto: mgo sam jak nic

    Welchen Stellenwert König Fußball mittlerweile einnimmt, ist in diesen Tagen deutlich zu sehen. Während die Fifa gestern ihr aufgeblähtes WM-Turnier mit 48 Teilnehmern ab 2026 beschlossen hat, müssen die Handballfans hierzulande „ihre“ Weltmeisterschaft im Internet verfolgen. Denn weil deutsche TV-Sender bei der Rechtevergabe leer ausgingen, bleibt ihnen nur das Angebot im Netz. Das WM-Turnier, das vom 11. bis 29. Januar in Frankreich stattfindet, wird die Deutsche Kreditbank (DKB) – der Hauptsponsor der deutschen Nationalmannschaft – kostenlos im Internet zeigen.

    Was halten Unterallgäuer Fußballer und Handballer davon? Wir haben uns umgehört.

    Das sagen die Fußballer

    48 statt wie bisher 32 Mannschaften, bis zu 80 Spiele statt wie bisher 64 – die gestern von der Fifa beschlossene Aufstockung der WM ab 2026 wird ein organisatorischer Kraftakt. „Ich habe keine Ahnung, wie sie das machen wollen“, sagt BFV-Kreisvorsitzender Benjamin Adelwarth. Der Dirlewanger kann sich eine Ausweitung der Endrunde nur auf maximal sechs Wochen vorstellen. „Dann werden halt sechs bis acht Spiele pro Tag stattfinden.“ Er ist bei dieser Entscheidung durchaus zwiegespalten. Einerseits sehe man den hohen Stellenwert der WM, andererseits werde die Qualität wohl leiden. „Der Wettbewerb wird nicht interessanter, aber langwieriger“, sagt Adelwarth.

    Ähnlich sieht es Stefan Heger. „Aus rein sportlicher Sicht macht es keinen Sinn. Es gibt ja auch bei 32 Mannschaften nur einen relativ kleinen Kreis, der eine Titelchance hat“, sagt der Mindelheimer, der beim FC Memmingen spielt. Für die kleineren Länder sei es zwar sicher schön, einmal bei einer WM dabei zu sein. „Aber wenn dann die Färöer gegen Burkina Faso spielen, dann ist das selbst mir als großen Fan zu viel.“ Er befürchtet dann tatsächlich eine Übersättigung – und die träfe dann zunächst den Amateurfußball. Schon jetzt gehen schließlich die Zuschauerzahlen zurück.

    „Man muss das von zwei Seiten sehen“, sagt Mitko Pertemov. Der stellvertretende Abteilungsleiter der „Mindelkicker“. In dieser Fußballmannschaft von Flüchtlingen, die es seit fast genau zwei Jahren beim TSV Mindelheim gibt, spielen vor allem Syrer und Afghanen.

    „Wenn ich die Begeisterung dieser Spieler im Training sehe, kann ich mir vorstellen, dass eine WM-Teilnahme ihres Heimatlandes für sie das Größte wäre.“ Als reiner Fußballfan aber hält auch er eine WM mit 48 Mannschaften für übertrieben. „Es sind zu viele Teams. Über mehr Qualität brauchen wir da nicht reden“, sagt Pertemov.

    Das sagen die Handballer

    „Ich bin gerade dabei, unseren Fernseher an das Internet anzuschließen“, sagt Philip Lewe. Der Trainer der A-Junioren will die Spiele natürlich unbedingt sehen und ist der DKB „dankbar“ wenigstens im Internet die WM verfolgen zu können. „Am Freitag werden wir dann das erste Spiel der Deutschen gegen Ungarn mit der A-Jugend bei uns zuhause ansehen.“

    Auch sämtliche anderen Partien will er verfolgen. Ein Handballfan ist schließlich einiges gewöhnt. Schon vor zwei Jahren bei der WM in Katar gab es keine Live-Bilder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. „Ich finde es schade, dass die WM nicht übertragen wird. Ich denke, das Interesse wäre sicher da, denn vom Gefühl her hat Handball nach Fußball die zweite Position der Ballsportarten inne“, sagt Thomas Vogt, Torhüter und Abteilungsleiter der Mindelheimer Handballer.

    Sollte es sich mit dem Hallenbelegungsplan einrichten lassen, dann sind ab dem Viertelfinale wieder ein paar Public-Viewing-Abende bei Spielen der deutschen Mannschaft geplant. Schon im vergangenen Jahr hatten die Mindelheimer das versucht: Im Anschluss an einen Heimspieltag wurde das EM-Finale gegen Spanien als Live-Stream im Internet übertragen. Mit großem Erfolg. „Da war richtig was los. Gästespieler und Schiedsrichter sind geblieben, die Stimmung war klasse“, erinnert sich Philip Lewe.

    Kein Wunder, schließlich sei „sein“ Sport attraktiv. „Es fallen viele Tore, es gibt Körperkontakt und es gibt bekannte Typen“, sagt Philipp Lewe. Außerdem hat Handball in Deutschland eine lange Tradition, eine starke Liga und eine sympathische und erfolgreiche Nationalmannschaft. Doch all das scheint offenbar keine Garantie für mediale Präsenz im Free-TV zu sein. „Alle gucken gerade American Football oder Darts. Irgendwann werden die Handballer in die Röhre schauen“, glaubt Lewe. Oder eben nur noch Fußball-WM-Spiele.

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