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Vatertag 2017: Bier und Bollerwagen: Sind das noch die Männer von heute?

Vatertag 2017

Bier und Bollerwagen: Sind das noch die Männer von heute?

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    Zwei Väter sitzen auf einem Spielplatz in Ulm in einer Hängematte und unterhalten sich. Bei der Familienbildungsstätte Ulm wächst seit Jahren die Nachfrage nach Gesprächsgruppen für Männer.
    Zwei Väter sitzen auf einem Spielplatz in Ulm in einer Hängematte und unterhalten sich. Bei der Familienbildungsstätte Ulm wächst seit Jahren die Nachfrage nach Gesprächsgruppen für Männer. Foto: Heidi Calabrice, dpa

    Gelage statt Gedenken - und das ausgerechnet am kirchlichen Feiertag Christi Himmelfahrt. "Überlegt doch mal, ob Vaterschaft den Sinn darin haben kann, sich zu betrinken", forderte Oberkirchenrat Matthias Kreplin von der Evangelischen Landeskirche Baden schon im vergangenen Jahr. Natürlich nicht, sagen auch weltliche Experten für das "starke Geschlecht", wie der in der Region Ulm tätige Männerberater Uwe Meinhardt. Die feucht-fröhlichen Herrenpartien mit den vielen "Bierleichen" am Ende des Feiertages (25.5.) findet er allerdings eher belustigend als beunruhigend. "Am exzessivsten feiern oft jene Männer, die noch gar keine Kinder haben", sagt Meinhardt. 

    Vatertag 2017 - mit Bollerwagen und Bier?

    "Was dabei so auffällt, mit Bierfass und Bollerwagen - das ist doch nur eine Facette der Männerwelt von heute und nicht repräsentativ", sagt auch Andrea Bartels, Leiterin der Familienbildungsstätte (FBS) Ulm. Dort werden - wie an ähnlichen staatlichen und kirchlichen Einrichtungen in vielen anderen deutschen Städten - Kurse und Gesprächsgruppen speziell für Männer angeboten. "Da können sich Männer jenseits von Fußballplatz oder Kneipe in einem geschützten, vertraulichen Rahmen austauschen", sagt Bartels.

    Die Ulmer FBS begann damit 1989. Manche der ersten Männergruppen treffen sich heute noch. Die Nachfrage nach Angeboten für Männer sei spürbar gestiegen, erzählt FBS-Fachbereichsleiterin Heike Leppert. Besonders beliebt seien Kurse für Väter gemeinsam mit ihren Kindern - etwa "Heute koche ich mit Papa", "Muttertagsgeschenk selber basten", das gemeinsame Bauen von Murmelbahnen in der Kita oder auch ein zweitägiger Outdoor-Spaß "Auf den Spuren der Bergindianer - für Väter mit ihren Söhnen von 6 bis 11".

    Rollenbilder von gestern

    Männerberater Uwe Meinhardt von der Familienbildungsstätte Ulm.
    Männerberater Uwe Meinhardt von der Familienbildungsstätte Ulm. Foto: Felix Meinhardt, dpa

    Die Ulmer Erfahrungen entsprechen einem bundesweiten Trend. Immer mehr Väter wollen, wie Studien belegen, über das althergebrachte Rollenbild vom Erzeuger und Ernährer hinauswachsen und sich stärker in die Betreuung und Erziehung ihres Nachwuchses einbringen. Jeder dritte Vater geht inzwischen in Elternzeit. Allerdings übernehmen selbst diese Väter die Kinderbetreuung meist für weit kürzere Zeit als Mütter. Während viele andere Väter wohl durchaus gern eine Auszeit fürs Kind nehmen möchten, sich aber nicht trauen.

    Warum feiern wir Vatertag an Christi Himmelfahrt?

    Christi Himmelfahrt ist in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag. An diesem Tag feiern die Christen die Auffahrt des am Ostersonntag auferstandenen Jesus in den Himmel.

    Der Ursprung: Seit dem vierten Jahrhundert feiern Christen das Fest "Christi Himmelfahrt", es findet 40 Tage nach Ostern statt. Die Grundlage dafür findet sich in der Bibel, im Markus- und im Lukas-Evangelium und im ersten Kapitel der Apostelgeschichte im Neuen Testament. Darin steht, dass der Auferstandene vor den Augen seiner Jünger "aufgehoben" wurde: "Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken" (Apostelgeschichte 1,9). In manchen Kirchen ist es Brauch, an diesem Tag in der Kirche eine Christusstatue zur Decke hinaufzuziehen.

    Die "Himmelfahrt": Diese "Fahrt" wird in der Theologie eigentlich nicht mehr wörtlich als Reise verstanden. Der "Himmel" ist demnach kein geographischer Ort, sondern der Bereich Gottes. Der auferstandene Christus - "aufgefahren in den Himmel" - ist danach also "bei" Gott. Die Evangelische Kirche Deutschland beschreibt die Himmelfahrt auch als Symbol der Wandlung und spirituellen Entwicklung der Persönlichkeit.

    Die "Berliner Herrenpartie": An Christi Himmelfahrt etablierte sich der Herrentag oder Vatertag. Die Tradition, an diesem Tag zu feiern, verbreitete sich Ende des 19. Jahrhunderts von Berlin aus: Damals gingen Väter und Söhne gemeinsam ins Grüne, oder in die Wälder, um dort Bier und Schnaps zu trinken. Heute unterscheiden sich die Bräuche - vom Bollerwagen bis zur Fahrradtour - regional stark.

    Der "wirkliche Vatertag": Der Vatertag, so wie er in Deutschland gefeiert wird, wird häufig kritisiert: Weil es sich nicht mehr um einen Tag zu Ehren des Vaters handle. Stattdessen würden jüngere in die "Unsitten der Männlichkeit" eingeführt. Eine Gegenbewegung nennt sich "der wirkliche Vatertag". Dieser Tag orientiert sich am Vatertag, wie er in den USA gefeiert wird. Er findet am dritten Sonntag im Juni statt und gilt als Ehrentag für Väter - ähnlich wie der Muttertag.

    Einen Grund erlebt Männerberater Uwe Meinhardt nahezu täglich: "Viele Männer schrecken davor zurück, weil sie sich im Job unter Druck gesetzt fühlen", sagt der 60 Jahre alte Pädagoge. Er ist einer von bislang nur wenigen freiberuflichen Beratern, die sich ausschließlich mit den Sorgen und Nöten des "starken Geschlechts" beschäftigen - in Kursen unter anderem an der Ulmer Familienbildungsstätte und in Privatsprechstunden. Dafür hängte Meinhardt 2015 seinen Job als Personalchef eines baden-württembergischen Unternehmens mit mehr als 2500 Mitarbeitern an den Nagel.

    Im Spektrum der Männerprobleme, die der Berater in den vertraulichen Sprechstunden zu hören bekommt, nehme die Arbeitswelt - neben der Beziehung zu Frau und Kind, Potenzsorgen oder auch mal einem Dauerstreit mit der Schwiegermutter - sehr großen Raum ein, sagt er: "Die Wirtschaft verlangt den ganzen Mann und wer Karriere machen will, muss oft besonderes Engagement demonstrieren, da wird dann rasch der Zwölf-Stunden-Tag zur Regel", sagt Meinhardt. Freilich machten Frauen diese Erfahrung oft in noch schärferer Form.

    Mit Bollerwagen am Vatertag unterwegs - aber auch mit Kind

    Dass Männer nicht selten "außen hart und innen ganz weich" sind, wie Herbert Grönemeyer einst textete, erlebt der Männerberater immer wieder. "Viele haben von ihren Vätern mit auf den Weg bekommen, dass wir stark sein und für die Familie sorgen müssen. So manchem fällt es daher sehr schwer, um die Hilfe zu bitten, die er eigentlich bräuchte." Lautstarke Männer-Partys könnten dieses Defizit natürlich kaum wettmachen, meint Heike Leppert. Sie bereitet derweil an der FBS Ulm für das nächste Jahr ein Himmelfahrts-Alternativangebot für Väter vor: "Unterwegs mit Kind, Buch und Bollerwagen."  Von Thomas Burmeister, dpa

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