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Missbrauch: Bill Cosby: Der tiefe Fall des TV-Familienvaters

Missbrauch

Bill Cosby: Der tiefe Fall des TV-Familienvaters

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    Der 77-jährige Cosby bei einem Bühnenauftritt vor wenigen Tagen.
    Der 77-jährige Cosby bei einem Bühnenauftritt vor wenigen Tagen. Foto: Gerardo Mora/Getty Images/AFP

    Erste Stufe: Dieses vieldeutige Grinsen in seinem Gesicht. Zweite Stufe: Dr. Cliff Huxtable erhebt sich vom Sofa und tänzelt in seinem grellbunten Pullover durch das Wohnzimmer. Dritte Stufe. Dr. Huxtable setzt sich und knöpft sich seinen Sohn Theo vor, noch immer grinsend.

    Denn Theo war für alles gut, nur nicht für eine College-Karriere. Viel lieber wäre der, so unsere Einschätzung – mit Dads Wagen und seinem schrägen Freund Cockroach – in der Übersetzung wahlweise Küchenschabe oder Kakerlake – um die Häuser gefahren.

    Ein sanft vorgetragener Hinweis auf den Kontostand des Sohnes und seine verpatzten Schularbeiten beendet die erzieherische Meisterleistung des Gynäkologen.

    Bill Cosby war der perfekte Vater im TV

    Millionen Amerikaner beneideten Hauptdarsteller Bill Cosby dafür, wie er seine Brut auf Kurs brachte. Es war „Die Bill Cosby Show“ , die in den USA von 1984 bis 1992 lief und immer wieder auch im deutschen Fernsehen wiederholt wird.

    Amerika ist entsetzt über Missbrauchsvorwürfe

    Millionen Amerikaner sind nun entsetzt und verstehen die Welt nicht mehr. Der Super-Papa soll fast serienweise junge Frauen missbraucht haben. Mindestens 16 Frauen sagen, dass Cosby sie vergewaltigt oder sexuell belästigt habe. Einige soll der TV-Star auch mit Drogen gefügig gemacht haben.

    Manchmal benimmt sich das Leben so, als habe es zu viele schlechte Filme gesehen. Ein Satz, den Humphrey Bogart als Filmregisseur in „Die barfüßige Gräfin“ gesagt hat. In diesem Fall hat sich das Leben auch danebenbenommen und eines der schäbigsten Drehbücher geschrieben, die man sich vorstellen kann.

    Wenn ein paar Jahre ins Land gegangen sind, wird in den USA ein Film gedreht werden, in dem ein Fernsehstar – natürlich mit anderem Namen – seine Popularität als Daddy der Nation nutzt, um sich an Mädchen zu vergreifen. Jede Wette, dass am Sunset Boulevard die Drehbuchautoren schon am PC sitzen.

    Medien hatten lange Geduld mit dem Mann, der afroamerikanische Fernsehen massentauglich machte

    Erstaunlich ist, dass bereits im Februar 2000 Cosby von der Schauspielerin Lachele Covington wegen sexueller Belästigung angezeigt wurde. Weitere Klagen von Frauen wurden nicht strafrechtlich verfolgt. Von außergerichtlichen und teuren Einigungen war die Rede, die Cosbys Anwälte mit den Frauen aushandelten.

    Dass die amerikanischen Medien sich im Fall Bill Cosby lange zurückhaltend gegeben haben, liegt wohl daran, dass er ein nationales Denkmal ist. Der promovierte Pädagoge, der auch als Buchautor erfolgreich war, schaffte mit seinem TV-Klassiker die erste Familienserie mit ausschließlich afroamerikanischen Hauptdarstellern, die auch über die schwarze Community hinaus zum Riesenhit wurde. Und somit signalisieren sollte, dass glückliches und wohlgeordnetes, bürgerliches Familienleben nicht von der Hautfarbe abhängt.

    Bill Cosby hätte seine Vorbildfunktion erkennen müssen

    Und so wurde der Name Cosby zu einer Art Markenartikel. Diese Huxtables waren nachvollziehbar wie bei uns die Schölermanns und „Diese Drombuschs“. Der dödelhafte Ehemann der ältesten Tochter Sondra, die Möchtegern-Rebellin Vanessa oder die Jüngste Rudy, der die Familie bei ihrer ersten Periode zur Seite steht. Das versteht man auf der ganzen Welt.

    Bill Cosby steuerte das Ganze als großartiger Schauspieler mit einem Talent für Comedy-Timing, das seinesgleichen sucht. Möglicherweise stieg ihm der Ruhm zu Kopf. Cosby, der aus ärmlichen Verhältnissen kommt, wurde Moralist. Er forderte Eltern schwarzer Ghetto-Kids auf, sich mehr um Bildung und Gesundheit ihrer Kinder zu kümmern. Hautfarbe dürfe keine Ausrede sein. Erstaunlicherweise verfing auch die simple Botschaft, wonach es jeder in dem Land schaffen könne, wenn er es nur wolle.

    Eigentlich hätte er, sagen viele Kritiker, ja erkennen müssen, dass er als reich gewordener Parade-Papa Amerikas eine gewisse Vorbildfunktion hat. Fehlanzeige.

    Bewiesen ist noch nichts. Cosby schweigt zu den Vergewaltigungsvorwürfen. Jetzt droht ihm eine Sammelklage, die die Schauspielerin Louisa Moritz anstrengen will.

    Eines ist sicher: Cliff Huxtable hätte diesen Cosby gar nicht in sein Haus gelassen.

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