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Polizeigewalt in den USA: Chicago fürchtet Unruhen nach brutalem Polizeivideo

Polizeigewalt in den USA

Chicago fürchtet Unruhen nach brutalem Polizeivideo

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    Demonstranten in Chicago nach der Veröffentlichung des Polizeivideos.
    Demonstranten in Chicago nach der Veröffentlichung des Polizeivideos. Foto: Tannen Maury (dpa)

    Nach der Veröffentlichung des verstörenden Videos einer Polizeiaktion gegen einen schwarzen Jugendlichen werden in Chicago Proteste erwartet und Ausschreitungen befürchtet. In der Nacht zum Mittwoch fanden sich einige hundert Menschen zu Demonstrationen zusammen. Die meisten blieben friedlich, aber es kam auch zu Handgemengen.

    Hintergrund: Vor gut einem Jahr, am 20. Oktober 2014, schießt der weiße Polizist Jason Van Dyke auf Laguan McDonald, 17 Jahre alt. 16 Mal drückt er ab. Nur zwei Schüsse treffen McDonald im Stehen. Der Obduktionsbericht zeigt 14 Kugeln im Rücken des Jugendlichen.

    Staatsanwaltschaft klagt Polizist van Dyke wegen Mordes an

    Am Dienstag klagte die Staatsanwaltschaft van Dyke wegen Mordes an. Danach veröffentlichte die Polizei das Video. Sie sagt, sie war auf die Konsequenzen vorbereitet. In den vergangenen Jahren haben tödliche Schüsse weißer Polizisten auf oft unbewaffnete Schwarze in den USA immer wieder zu Protesten geführt, auch zu schweren Auseinandersetzungen.

    In Chicago waren laut Polizeibericht acht Polizisten vor Ort. Nur van Dyke schoss, etwa 15 Sekunden lang. Das Video zeigt, wie McDonald eine breite Straße entlangläuft, fast tänzelt. Es ist später Abend. In der rechten Hand hält er nach Polizeiangaben ein kurzes Messer, auf dem Video ist das schlecht zu erkennen. Mehrere Polizeiwagen halten, aus einem steigt van Dyke aus. Es gibt keinen Dialog zwischen Polizist und Jugendlichem. Sechs Sekunden nach Verlassen des Fahrzeugs beginnt van Dyke zu feuern. Er ist mehrere Meter von McDonald entfernt, das Video zeigt keinerlei Bedrohung. Der junge Mann bricht in den ersten Schüssen zusammen, krümmt sich auf dem Asphalt. Die Polizeigewerkschaft sagt, van Dyke habe aus Angst so oft geschossen. McDonald wurde verfolgt, weil er zuvor Autoradios aus Trucks gestohlen und den Reifen eines Polizeiwagens zerstochen haben soll.

    Staatsanwältin Anita Alvarez ist geschockt über das Video

    Staatsanwältin Anita Alvarez sagte am Dienstag, sie habe die Anklage nach einjährigen Untersuchungen veröffentlichen wollen, bevor das Video gezeigt wird. Sie sagte, in den 30 Jahren ihrer Arbeit habe sie noch nie ein solches Video gesehen.

    Es ist nach Angaben von MSNBC das erste Mal seit 35 Jahren, dass in Chicago ein Polizist wegen Mordes (ersten Grades) angeklagt wird. Superintendent Garry McCarthy von der Chicagoer Polizei sagte in einer live übertragenen Pressekonferenz mit Bürgermeister Rahm Emmanuel, er verstehe den Zorn derer, die das Video sehen. "Sie haben ein Recht, ärgerlich zu sein, und sie haben ein Recht zum Protest. Aber wir werden nichts zulassen, was kriminell ist."

    In einer Erklärung rief die Familie des Getöteten Chicago zu Ruhe und Besonnenheit auf. In der Nacht skandierten die Demonstranten "We gon' be alright", eine Zeile aus dem Song "Alright" von Kendrick Lamar. Für viele Schwarze ist dieser Song das "We shall overcome" ihrer Protestbewegung, auch bei "Black Lives Matter" wird er oft zitiert. AZ/dpa

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