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Prozess in Köln: Die Albträume der Henriette Reker nach dem Messerangriff

Prozess in Köln

Die Albträume der Henriette Reker nach dem Messerangriff

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    Die Oberbürgermeisterin von Köln, Henriette Reker, spricht am 29.04.2016 vor einem Verhandlungssaal des Oberlandesgerichts in Düsseldorf Nordrhein-Westfalen mit Journalisten. Reker sagt hier als Zeugin im Prozess gegen Frank S. aus, der sie mit einem Messer schwer verletzt hatte. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++c dpa - Bildfunk+++
    Die Oberbürgermeisterin von Köln, Henriette Reker, spricht am 29.04.2016 vor einem Verhandlungssaal des Oberlandesgerichts in Düsseldorf Nordrhein-Westfalen mit Journalisten. Reker sagt hier als Zeugin im Prozess gegen Frank S. aus, der sie mit einem Messer schwer verletzt hatte. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++c dpa - Bildfunk+++ Foto: Rolf Vennenbernd

    Im Koma und in der Aufwachphase habe sie "schlimme Albträume" gehabt, sagt Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. "Zeitweise auch später noch." Sie habe geträumt, dass ihr die Kehle durchgeschnitten und sie auf diese Weise hingerichtet werden solle. Der Traum habe immer in dem Moment geendet, in dem ihr vor der Exekution "die Kapuze über den Kopf" gezogen werden sollte.

    Reker wirkt aufgeräumt, aber zeitweise auch ein wenig angespannt, als sie am Freitag vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht erstmals den Verantwortlichen für ihre Albträume wiedersieht - den Mann, der ihr vor einem guten halben Jahr im Kölner Oberbürgermeister-Wahlkampf ein Messer in den Hals gerammt haben soll.

    Rekers mutmaßlicher Attentäter sitzt nur wenige Meter entfernt

    Im Zeugenstand schildert Reker ihre Erinnerungen an die Tat vom 17. Oktober und deren Folgen. Der geständige Attentäter Frank S. sitzt wenige Meter neben ihr auf der Anklagebank - und scheint ihr aufmerksam zuzuhören.

    Der Angeklagte Frank S.
    Der Angeklagte Frank S. Foto: Rolf Vennenbernd dpa

    Beim Betreten des Gerichtssaals wirft Reker dem 44-jährigen S. nur einen kurzen Blick zu. Während ihrer Zeugenaussage konzentriert sich die parteilose Kommunalpolitikerin ganz auf die Fragen der Vorsitzenden Richterin Barbara Havliza, die Reker direkt gegenübersitzt.

    Die Kölner Oberbürgermeisterin erinnert sich sehr genau an die Minuten vor dem Attentat auf einem Kölner Wochenmarkt, auf dem sie damals Blumen an einem Wahlkampfstand verteilen wollte. Der Attentäter habe sie zunächst "sehr freundlich" um eine Rose gebeten, berichtet die 59-Jährige.

    Attentäter bittet erst um eine Rose und sticht dann das Messer in Rekers Hals

    "In Sekundenschnelle zog er das Messer und stach mir in den Hals", sagt die damalige Kölner Sozialdezernentin und OB-Kandidatin mit fester Stimme. "Das ging ganz schnell."

    Sofort sei sie zu Boden gegangen und habe reflexartig einen Finger in die Wunde gesteckt, um die heftige Blutung zu stillen. "Es war schmerzhaft, und es blutete sehr", berichtet Reker. "Meine größte Sorge war, so verletzt zu sein, dass ich gelähmt war."

    "Ich habe gedacht, wie soll es dann weitergehen?", erinnert sich Reker an die Minuten unmittelbar nach der Tat. Sie habe sogar überlegt, ob wohl ein Rollstuhl durch die Tür ihres heimischen Badezimmers passen würde.

    Klinge durchtrennte Rekers Luftröhre und verletzte Brustwirbel

    "Man hat da komische Gedanken." Später wird Reker erfahren, dass die 30 Zentimeter lange Messerklinge ihre Luftröhre durchtrennte und den zweiten Brustwirbel verletzte.

    Reker erinnert sich auch noch daran, wie sie nach dem Attentat am Tag vor der Kölner Oberbürgermeisterwahl mit dem Krankenwagen in die Kölner Uniklinik gebracht wurde. Bevor sie notoperiert und in ein künstliches Koma versetzt wurde, habe sie den Ärzten dort noch gesagt, "dass ich morgen wählen will".  "Die rollten mit den Augen."

    Von ihrem Wahlsieg am 18. Oktober erfuhr Reker erst Tage später, nachdem sie aus dem künstlichen Koma aufgewacht war. Nach erfolgreichem Heilungsprozess konnte sie mit über einmonatiger Verspätung schließlich ihr Amt als neue Kölner Stadtchefin antreten.

    Zuvor war sie als Sozialdezernentin der Millionenstadt für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig gewesen - laut Bundesanwaltschaft das Motiv von S. für das Attentat, mit dem er demnach ein "Zeichen" gegen eine seiner Ansicht nach verfehlte Ausländerpolitik setzen wollte.

    Nach Rekers gut einstündiger Zeugenaussage verzichten die Verteidiger von S. auf Fragen an das Attentatsopfer. Allerdings habe sein Mandant eine Erklärung mit "entschuldigenden Worten" verfasst, sagt Verteidiger Christof Miseré.

    Reker will Entschuldigung nicht annehmen

    Doch von einer Entschuldigung will Reker an diesem Tag nichts wissen. "Das ist noch nicht die richtige Situation", bescheidet die Zeugin Anwalt und Angeklagtem, bevor sie das Gericht verlässt. Richard Heister, afp

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