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England: Die Kreditkarte löst bei Straßenmusikern den Hut ab

England

Die Kreditkarte löst bei Straßenmusikern den Hut ab

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    Die Straßen von London gelten als Talentschmiede für künftige Musikstars.
    Die Straßen von London gelten als Talentschmiede für künftige Musikstars. Foto: Judith Merkelt, dpa

    Vor dem berühmten Riesenrad London Eye tummeln sich an der Südseite der Themse die Touristen. Sie fotografieren den gegenüberliegenden Westminster-Palast und genießen das derzeit sommerliche Wetter. Oft werden sie dabei begleitet von Charlotte Campbell und ihrer Gitarre. „There is music on the streets of London ...“ singt sie mit klarer Stimme, und ein bisschen klingt ihr Lied wie die Hymne ihrer Branche. Die 28-Jährige ist Straßenmusikerin in Vollzeit. Doch während sie bislang auf das Kleingeld der Passanten angewiesen war, die die Münzen in den leeren Gitarrenkoffer warfen, können Fans ihrer Musik künftig auch bargeldlos ihre Wertschätzung ausdrücken.

    Bürgermeister Sadiq Khan präsentierte jetzt eine „Weltneuheit“, wie er es nannte: ein bargeldloses Bezahlsystem für die Künstler in der britischen Hauptstadt. Musiker, die sich an dem Projekt der Branchen-Initiative „Busk In London“ in Zusammenarbeit mit dem schwedischen Tech-Unternehmen iZettle beteiligen, können sich mittels Geldkarten oder Smartphone bezahlen lassen. Die Metropole sei „ein Musik-Kraftwerk , das Künstler wie Adele, Stormzy oder Dua Lipa hervorgebracht habe“, lobte der Bürgermeister. 

    „Damit London seinen Status als globale Hauptstadt der Musik beibehält, ist es wichtig, dass wir die Stars von morgen unterstützen.“ Auch Charlotte Campbell ist begeistert von dem neuen System. „Wenn sich Straßenkünstler wie ich nicht an die bargeldlose Gesellschaft anpassen, auf die wir zusteuern, laufen wir Gefahr, als Kunstform auszusterben“, sagt die blonde Britin, die das System zwei Wochen lang getestet hat, bevor es nun in der ganzen Stadt zum Einsatz kommt.

    Englands Kirchen: Kollekte per Karte

    Großbritannien gilt als Vorreiter des bargeldlosen Bezahlens, selbst kleinste Beträge am Kiosk, Kaffeestand oder im Pub werden per Karte entrichtet, oft kontaktlos , also ohne PIN, Unterschrift oder Terminal. Die Kunden müssen lediglich die Plastikkarte an ein Lesegerät halten.

    Mittlerweile haben sich sogar etliche Kirchen auf die münzmüden Briten und die neue Bezahlform eingestellt und bieten Gläubigen häufig die Möglichkeit, die Kollekte per Karte zu entrichten. Nun zieht auch die Straßenmusiker-Szene nach. Klimpert es bald überhaupt nicht mehr im Hut oder Instrumentenkoffer? Charlotte Campbell, die auch selbst Lieder komponiert, habe deutlich mehr Geld erhalten als sonst. Die Lesegeräte sind zuvor auf einen festen Betrag eingestellt (Campbell hatte sich etwa für zwei Pfund entschieden), sodass die Musiker weiterspielen können, während Passanten Geld geben. Die Künstler gehören zum Stadtbild der Metropole, und nicht selten stehen große Talente auf einem der Plätze im Zentrum Londons. Regelmäßig findet ein Auswahlverfahren statt, durch das sie erst ihr Können unter Beweis stellen müssen, bevor sie in einer U-Bahn-Station, auf dem Trafalgar Square oder am Covent Garden auftreten dürfen.

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