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Spanien: Eltern verjubeln Spenden für ihr Kind

Spanien

Eltern verjubeln Spenden für ihr Kind

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    Fast eine Million Euro spendeten Menschen in Spanien, um einem kranken Kind zu helfen. Doch die Geschichte war erfunden.
    Fast eine Million Euro spendeten Menschen in Spanien, um einem kranken Kind zu helfen. Doch die Geschichte war erfunden. Foto: Matthias Becker (Symbolbild)

    Die Geschichte der elfjährigen Nadia, die angeblich an einer lebensgefährlichen Krankheit leidet, rührte ganz Spanien zu Tränen. Hunderttausende Euro an Spenden gingen auf dem Bankkonto des Vaters ein, um der Familie bei einer teuren ärztlichen Behandlung im Ausland zu helfen. Die rührselige Story hatte nur einen Fehler: Sie war weitgehend erfunden.

    Nun werden die Eltern des Betrugs beschuldigt und ihnen wurde das Sorgerecht für Nadia entzogen. Die Nation ist empört, wie die Familie das Kind ausbeutete und groß abkassierte. Spanische Fernsehsender, Zeitungen und Prominente trommelten für Nadia, die mit ihren Eltern in dem kleinen katalonischen Bergdorf Fígols lebte. „Wenn sie nicht in Kürze operiert wird, muss sie sterben“, lautete die erschütternde Botschaft, welche von den Eltern über alle Kanäle verbreitet wurde. Eine sündhaft teure Operation in den USA sei notwendig, um das Leben des Mädchens zu retten.

    Fast eine Million Euro kam zusammen

    Die Spanier zeigten sich in diesen Adventstagen sehr großzügig: Mehr als 150000 Euro kamen allein schon zusammen, nachdem die Tageszeitung El Mundo zum Spenden für die Familie aufgerufen hatte. Doch dies war nur einer von vielen Hilfsappellen, die Nadias Eltern gestartet hatten. Katalonischen Ermittlern zufolge haben die Eltern insgesamt Gelder in Höhe von 918000 Euro erhalten. 600000 Euro wurden bereits ausgegeben – aber der Großteil davon nicht für die Behandlung der Tochter, sondern für private Luxusgüter. Die Polizei fand in der Wohnung der Familie unter anderem 32 Uhren im Wert von 50000 Euro und teure elektronische Geräte. Auch wurde offenbar die Miete mit Spendengeldern finanziert. Seit acht Jahren baten die Eltern demnach in der Öffentlichkeit und den sozialen Netzwerken um Geld, um mit ihrer Tochter Fachärzte in aller Welt aufsuchen und medizinische Behandlungen finanzieren zu können.

    Einige Schilderungen des Vaters klangen freilich abenteuerlich: Etwa, dass er mit seiner Tochter sogar nach Afghanistan gereist sei, um, mit Nadia auf den Armen, im Bombenhagel und unter Gewehrfeuer einen Wunderheiler aufzusuchen, der in einer Höhle in den afghanischen Bergen lebte. Oder dass auch der frühere US-Vizepräsident Al Gore Anteil an der Geschichte genommen und bei der Familie zu Hause angerufen habe, um dem Vater zu sagen: „Sie sind ein Held.“

    Niederträchtiges Spiel mit dem Mitleid der Menschen

    Einigen Bloggern und Journalisten kamen diese fantasiereichen Schilderungen dann doch ziemlich spanisch vor. Sie überprüften die Angaben der Familie und kamen jetzt zu einem Ergebnis, das ganz Spanien schockte: Es war ein niederträchtiges Spiel mit dem Mitleid der Menschen.

    Nadia leidet zwar offenbar an einer seltenen, genetisch bedingten Krankheit namens Trichothiodystrophie, die unter anderem die Körperzellen früher altern lässt. Aber nach dem Stand der Dinge scheint die Entwicklung im Falle des Mädchens nicht lebensbedrohlich zu sein. Die teuren Besuche und Operationen bei Spezialisten in den USA, Frankreich und Afghanistan haben offenbar nie stattgefunden. Nun ermittelt ein Ermittlungsrichter wegen Betrugsverdachtes. Die Konten der Familie wurden eingefroren. Ein Amtsarzt untersucht die medizinische Situation des Mädchens. Und der Vater Nadias, der wegen Betrug vorbestraft ist, sitzt in Untersuchungshaft. mit dpa

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