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Hirnscanner "iBrain": Forscher wollen Hawkings Gedanken lesen

Hirnscanner "iBrain"

Forscher wollen Hawkings Gedanken lesen

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    Weil die Lähmung sich immer weiter auf seinen Körper ausbreitet, wird der Astrophysiker Stephen Hawking bald selbst über seinen Sprachcomputer nicht mehr kommunizieren können. Dann soll ein Gedanken-Scanner helfen.
    Weil die Lähmung sich immer weiter auf seinen Körper ausbreitet, wird der Astrophysiker Stephen Hawking bald selbst über seinen Sprachcomputer nicht mehr kommunizieren können. Dann soll ein Gedanken-Scanner helfen. Foto: dpa

    Um das Universum zu erklären, stehen Stephen Hawking seit Jahren nur noch winzige Bewegungen zur Verfügung. Einen Muskel seiner rechten Wange kann der schwer kranke Astrophysiker noch anspannen, die Pupillen seiner Augen kann er nach links und rechts, oben und unten wandern lassen. Mehr nicht. Diese Zuckungen seines Körpers hat der 70-Jährige genutzt, um einen Sprachcomputer zu steuern und ganze Bücher zu schreiben. Über Infrarotsignale formt er mit einem Leuchtpunkt auf dem Monitor vor seinem Gesicht Buchstaben zu Worten und Sätzen.

    Der Gedanken-Scanner: Ein kleiner Kasten, befestigt an einem Stirnband

    Bald aber könnte auch das vorbei sein. Denn ALS, die Amyotrophe Lateralsklerose, die im Jahr 1963 diagnostiziert wurde, raubt dem Wissenschaftler seit Jahrzehnten immer mehr die Kontrolle über seine Muskeln. Seit 1968 ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Seit einer Atemnot im Jahr 1985, die einen Luftröhrenschnitt nötig machte, kann er nicht mehr sprechen. Solange seine Hände noch funktionierten, verständigte er sich über das Drücken von Tasten. Doch diese Fähigkeit ging ihm im Lauf der Zeit verloren. Und auch vor dem Wangenmuskel und dem Auge wird die Lähmung wohl nicht haltmachen.

    Stephen Hawking gilt als einer der größten Denker unserer Zeit. Ein Gehirnscanner soll sicherstellen, dass der große Geist im kranken Körper sich auch in Zukunft noch der Welt mitteilen kann. Am Sonntag soll die Erfindung auf der Francis Crick Memorial Conference im britischen Cambridge vorgestellt werden: ein Kasten, groß wie eine Streichholzschachtel, der an einem schwarzen Stirnband befestigt ist.

    "iBrain" soll Stephen Hawkings Gedanken lesen

    Der 33-jährige Neurologe Philip Low hat das Gerät entwickelt. Er hat es, in Anlehnung an die Produkte der US-Firma Apple, „iBrain“ genannt. „Stephen hat mich gefragt, ob ich ihm helfen kann“, sagt Low im Gespräch mit der Welt. Und er erklärt: „Wir bitten Hawking, sich vorzustellen, Fußball zu spielen oder die Hand zur Faust zu ballen. All das ergibt typische Denkmuster, sogenannte Biosignale, die so charakteristisch sind, dass sie sich im nächsten Schritt in Buchstaben oder ganze Worte übersetzen lassen.“

    Wie bisher mit Pupillen und Wange soll Hawking über den Scanner mithilfe seiner Gedanken Signale senden. So kann er Buchstaben und Begriffe auf einem Monitor auswählen, um Sätze zu formen – und seine Erkenntnisse über den Weltraum, die Zeit, schwarze Löcher und Gott vielleicht auch dann noch mitteilen, wenn sein geschwächter Körper vollends erstarrt ist.

    Der schwer kranke Wissenschaftler ist vor allem durch seine Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu Energien rund um schwarze Löcher bekannt geworden. Seine Bücher haben sich millionenfach verkauft – weil er es schafft, astrophysikalische Erkenntnisse allgemein verständlich zu erklären. Am Beispiel einer Pizza verdeutlicht Hawking etwa den Verlauf der Strahlung im All, mit einer Geschichte über einen Goldfisch im Glas beschreibt er die Sichtweise der meisten Menschen auf Dimensionen außerhalb ihrer Wahrnehmungsfähigkeit.

    Theorien über Außerirdische, Marilyn Monroe und Gott

    Hawking warnt davor, mit Außerirdischen in Kontakt zu treten, weil das wahrscheinlich „nicht gut“ ausgehen würde. Und er spielt mit dem Gedanken eines Paralleluniversums, in dem er und Marilyn Monroe sich das Jawort geben. Selbst vor Gott macht der „Popstar der Physik“ keinen Halt: Nachdem er in seinem ersten Werk, „Eine kurze Geschichte der Zeit“, die Entstehung des Universums noch auf eine „große Theorie“ zurückführte, erklärte Hawking 2010 in „Der große Entwurf“: „Weil es ein Gesetz wie das der Schwerkraft gibt, kann und wird sich ein Universum selber aus dem Nichts erschaffen.“

    „Ich bin der Ansicht, dass wir alle, nicht nur die theoretischen Physiker, gern wissen wollen, woher wir kommen“, erklärte Hawking schon 1988. Deshalb hat er es sich zur Aufgabe gemacht, den Menschen die Entstehung des Universums nahezubringen. Nun scheint er durch seine Mitarbeit am Gehirn-Scanner auch dabei zu helfen, ein zweites großes Geheimnis verständlicher zu machen: die Gedanken der Menschen. (mit dpa)

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