Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Interview: Hunderte Krähen suchen Bad Krozingen heim

Interview

Hunderte Krähen suchen Bad Krozingen heim

    • |
    Die ersten Saatkrähen seien in den 70ern nach Bad Krozingen gekommen, sagt der parteilose Bürgermeister Volker Kieber. In den vergangenen Jahren seien es dann immer mehr geworden.
    Die ersten Saatkrähen seien in den 70ern nach Bad Krozingen gekommen, sagt der parteilose Bürgermeister Volker Kieber. In den vergangenen Jahren seien es dann immer mehr geworden.

    Herr Kieber, Sie sind Bürgermeister von Bad Krozingen, über das wegen einer „Krähen-Plage“ inzwischen bundesweit berichtet wird. Kennen Sie eigentlich Hitchcocks „Die Vögel“?

    Ich kenne den Film, der war für mich als Kind Horror ohne Ende. Und wenn die Krähen hier am Abend zu ihren Nestern zurückkehren, dann ist das schon eine ähnliche Situation wie im Film. Bei insgesamt knapp 1400 Nestern sind das ja eine ganze Menge Vögel, die mit einem riesigen Gekreische am Himmel kreisen. Aber Krähen sind intelligente Vögel, die keine Menschen angreifen.

    Weil Krähen so intelligent sind, ist es auch schwer, sie wieder loszuwerden.

    Die ersten Saatkrähen kamen schon 1973 hierher, da waren es 30 Nester. In den vergangenen Jahren hat es aber massiv zugenommen. Wir haben schon für verschiedene sogenannte Vergrämungsaktionen Ausnahmegenehmigungen von der „Unteren Naturschutzbehörde“ bekommen. Wir haben in den letzten Jahren vor der Brutzeit auch einzelne Nester entfernt. Zum Beispiel bei unserer Realschule. Da mussten wir Teile des Schulhofs aus hygienischen Gründen sperren, weil sie so verkotet waren.

    Was gibt es sonst für Möglichkeiten?

    Wir haben verschiedene Uhu-Attrappen aufgehängt, die von Ehrenamtlichen bewegt werden. Da hängt eine lange Schnur nach unten, mit der kann man den Flügelschlag des Uhus imitieren. Das ist relativ hilfreich, aber natürlich sehr aufwendig. Man muss Menschen finden, die das jeden Tag machen.

    Einwohner Ihrer Stadt fürchten, dass Häuser an Wert verlieren oder Touristen ausbleiben. Hilft da ein Falkner?

    Das haben wir bei der Realschule versucht. Wir haben erst Gummi-Krähen-Attrappen aufs Dach gelegt. Das sieht so aus, als ob der Falke schon Krähen geschlagen hätte. Dann haben wir den Falken fliegen lassen. Allein das war bereits erfolgreich. Aber wir konnten es in diesem Jahr nicht machen, weil der Falkner krank ist.

    Warum ist der Kurort Bad Krozingen für die Krähen überhaupt so attraktiv?

    Wir haben hier sehr viel Grün, unser Kurpark allein ist 20 Hektar groß. Auf der anderen Seite sind wir stark landwirtschaftlich geprägt. Mais, Spargel, Erdbeeren – das Nahrungsangebot in unmittelbarer Nähe ist sehr gut für die Vögel. Und im Siedlungsbereich kommen Raubvögel selten vor. Gejagt wird auch nicht, also werden die Vögel auch nicht durch Schüsse gestört.

    Es gibt auch andernorts Probleme mit Krähen – etwa im Schwabmünchner Luitpoldpark bei Augsburg. Tauschen Sie sich über Ihre Erfahrungen aus?

    Ja, in Laupheim im Kreis Biberach in Baden-Württemberg hat man zum Beispiel die Nester aufwendig abgebaut und anderswo wieder aufgebaut. So etwas schwebt uns auch vor, wir suchen nach geeigneten Plätzen.

    Wie ist es denn als Kurort, für den die Natur eine große Rolle spielt, mit dem Naturschutz in Konflikt zu geraten?

    Wir achten auf eine Wohlfühlatmosphäre mit viel Grün. Dadurch bekommen wir jetzt den Konflikt, dass geschützte Vögel – und das sind die Saatkrähen ja – für eine starke Verschmutzung sorgen. Wir brauchen immer wieder neue Ausnahmegenehmigungen, um den Kurort zu erhalten.

    Ein Problem ist ja der Lärm der Krähen. Andererseits findet in Bad Krozingen nächsten Monat das Open Air im Park statt – unter anderem mit Max Giesinger und Hansi Hinterseer.

    Das ist aber auf einzelne Tage beschränkt. Und ein Markenzeichen unserer Stadt, das auch viele Gäste anlockt. Laut Lärmgutachten sind wir da aber im sicheren Bereich. Interview:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden