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ESC 2015 Kommentar: Null Punkte für Ann Sophie beim ESC: Mag uns keiner?

ESC 2015 Kommentar

Null Punkte für Ann Sophie beim ESC: Mag uns keiner?

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    Seit einem halben Jahrhundert hat Deutschland keine so bittere Niederlage beim Eurovision Song Contest mehr erlebt: Keinen einzigen Punkt holte Ann Sophie mit "Black Smoke".
    Seit einem halben Jahrhundert hat Deutschland keine so bittere Niederlage beim Eurovision Song Contest mehr erlebt: Keinen einzigen Punkt holte Ann Sophie mit "Black Smoke". Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Der Eurovision Song Contenst ist ein Kosmos mit eigenen Gesetzen. Schwer durchschaubar, kaum erklärbar. In seiner Komplexität in etwa auf einer Stufe mit dem deutschen Steuersystem.

    Selbst dem erfahrenen Zuschauer bleiben nur wenige Gesetzmäßigkeiten, an denen er sich orientieren kann. Etwa: Nachbarn geben Nachbarn Punkte. Und (anders als etwa im Sport): Die Größe eines Landes sagt nichts über seine Erfolgschancen aus.

    Freilich, das alles ist recht dürftig, wenn man das deutsche Abschneiden beim ESC in Wien erklären will. Null Punkte, Deutschland - wie Gastgeber Österreich - komplett ignoriert. Ein Gefühl, schlimmer als am Fußballplatz als Letzter ins Team gewählt zu werden.

    In Deutschland wird nun (einmal mehr) nach den Gründen gefragt werden. War Ann Sophie zu schlecht? Der Song nicht geeignet? Mag uns Deutsche keiner? Drei Erklärungsansätze:

    Der politische Erklärungsansatz

    Keine Frage: Wir Deutschen waren in Europa schon mal beliebter - gerade im Süden. Stichwort: Schuldenkrise. Zwar wird unser Land ob seiner wirtschaftlichen Potenz vielerorts auch bewundert. Aber wer wählt den Klassenstreber auch noch zum Klassensprecher?

    Der musikalische Erklärungsansatz

    Über Geschmack lässt sich streiten. Trotzdem darf man wohl behaupten, dass der Beitrag von Ann Sophie sicherlich nicht der schlechteste beim ESC-Finale war. Im Gegensatz zu den vielen "Hübsche-Frau-singt-gefühlvolle-Ballade"-Auftritten aus Südosteuropa bot die 24-Jährige eine authentische und sympathische Darbietung, die sich aus dem gesanglichen Einheitsbrei angenehm abhob. Allerdings muss man auch festhalten: Der Song "Black Smoke" schaffte es in den deutschen Charts lediglich auf Platz 29. Etwas wenig für einen Beitrag, mit dem man Europa begeistern will.

    Der systemische Erklärungsansatz

    ESC-Kommentator Peter Urban war sich schon während der Show sicher: Das schlechte deutsche Abschneiden liegt im System begründet. Für manchen mag das etwas voreilig und zu einfach gewesen sein.Die Behauptung hat aber durchaus ihre Berechtigung. Denn wer den ESC kennt, weiß: Punkte gibt's von Nachbarn. Und dabei spielt die Kultur eine weitaus größere Rolle als die Landesgrenze. Dem Franzosen ist der Belgier eben näher als der Deutsche - und dem Dänen der Schwede. Warum sich allerdings Österreich, Deutschland und die Schweiz bei der Punktevergabe gegenseitig so unbeirrt ignorieren, bleibt wohl für immer ein Geheimnis.

    Das Fazit

    Was also nun? War Ann Sophie zu schlecht? Der Song nicht geeignet? Mag uns Deutsche keiner? Die Antwort lautet: Vermutlich von allem ein bisschen. Gerade große Nationen wie Großbritannien (5 Punkte), Frankreich (4 Punkte) oder Spanien (15 Punkte) haben es traditionell schwer beim ESC. Um zu einem Erfolg zu kommen, wie er Lena Meyer-Landrut 2010 gelang, muss alles stimmen - politisch und musikalisch. Nur dann kann man das ESC-System besiegen.

    Heuer stimmte nicht alles. Das Abschneiden ist enttäuschend, aber kein Debakel. Kopf hoch, Ann Sophie. Kopf hoch, Deutschland.

    P.S.: Der Beitrag kann 1:1 auf das Abschneiden von Österreich übertragen werden.

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