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Höxter: Mordprozess Höxter: Angeklagte erhebt schwere Vorwürfe

Höxter

Mordprozess Höxter: Angeklagte erhebt schwere Vorwürfe

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    Im Mordprozess um das sogenannte Horrorhaus von Höxter hat eine Zeugin den beiden Angeklagten schwere Vorwürfe gemacht und von monatelangen Qualen berichtet. Die heute 52-jährige Frau schilderte vor dem Landgericht Paderborn, wie sie immer wieder körperlichen Angriffen ausgesetzt gewesen sei. Die Frau hatte von 2011 bis Anfang 2012 bei ihren mutmaßlichen Peinigern gelebt.

    Demnach soll die 48-jährige Angeklagte Angelika W. Pfefferspray eingesetzt haben. Der mitangeklagte Wilfried W. (47) habe ihr mit einer Schaufel vor den Kopf geschlagen, bevor die beiden sie zurück in ihre Heimat nach Magdeburg geschickt hätten, sagte die Frau am Dienstag. Beide Angeklagte hätten ihr mit dem Tod gedroht, sodass sie jahrelang vor einer Anzeige bei der Polizei zurückgeschreckt sei. "Es waren beide zu gleichen Teilen", sagte die Betonbauerin auf die Frage, wer die treibende Kraft bei den Misshandlungen gewesen sei.

    Fall Höxter: Paar soll mehrere Frauen über Jahre hinweg misshandelt haben

    Über Jahre hinweg sollen Angelika und Wilfried W. mehrere Frauen in ein Haus nach Ostwestfalen gelockt und dort schwer misshandelt haben. Beide sind wegen Mordes durch Unterlassen angeklagt. Zwei Frauen starben infolge der Quälereien. dpa/AZ

    Der Fall Höxter - eine Chronologie des Grauens

    Das Landgericht Paderborn hat ein Urteil zu den Geschehnissen im sogenannten Horrorhaus von Höxter gesprochen. Angeklagt wegen Mordes durch Unterlassen waren Wilfried W. (48) und seine Ex-Frau Angelika W. (49). Eine Chronologie der Ereignisse:

    1995: Das Amtsgericht Paderborn verurteilt den damals 25-jährigen Wilfried W. wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Er hatte laut Gericht seine Frau misshandelt und gequält - zusammen mit einer Komplizin.

    1999: Der gebürtige Bochumer lernt die in Herford geborene, heute 49-jährige Angeklagte Angelika B. kennen. Sie heiraten.

    2011: Im Ortsteil Höxter-Bosseborn mietet das Paar einen Hof.

    Ende 2011 bis März 2012: Mehr als drei Monate soll eine Frau aus dem Großraum Berlin misshandelt und gefangen gehalten worden sein. Das Opfer traut sich erst 2016, bei der Polizei auszusagen, als es in Medienberichten das Haus in Ostwestfalen wiedererkennt.

    2013: Über eine Zeitungsanzeige kommt Anika W. aus Niedersachsen nach Bosseborn. Nach kurzer Zeit heiratet sie Wilfried W., der weiter mit seiner Ex-Frau in dem Haus wohnt. Gemeinsam sollen sie die 33-Jährige gequält haben, wie aus den Aussagen der Angeklagten hervorgeht.

    August 2014: Die misshandelte Frau stirbt an ihren Verletzungen. Das Paar soll die Leiche in einer Tiefkühltruhe eingefroren, zerstückelt und verbrannt sowie die Asche an Straßenrändern verteilt haben. Das Paar habe immer wieder SMS-Nachrichten an die Mutter des Opfers geschickt, die bis April 2016 davon ausgeht, dass ihre Tochter lebt.

    Februar 2016: Die 41-jährige Susanne F. aus dem niedersächsischen Bad Gandersheim reagiert auf eine Zeitungsanzeige und kommt im März in das Haus. Über mehrere Wochen wird sie festgehalten und misshandelt.

    April 2016: Mit der schwer verletzten Frau im Auto fährt das Paar in Richtung Bad Gandersheim. Dort wollen sie die Frau in ihre Wohnung zurückbringen. Eine Autopanne durchkreuzt jedoch den Plan. Sie entscheiden sich, einen Rettungswagen zu rufen. Das Opfer stirbt einen Tag später, die Ärzte schalten die Polizei ein. Wenige Tage später wird Haftbefehl gegen Wilfried W. und seine Ex-Frau erlassen.

    Mai 2016: Die Ermittler geben Details bekannt. Die Beschuldigte hat demnach umfassend über beide Todesfälle ausgesagt, Wilfried W. bestreitet jede Schuld. Die Polizei sucht nach weiteren Frauen, die in der Gewalt des Paares in Bosseborn gewesen sein könnten.

    Oktober 2016: Beginn des Prozesses gegen Wilfried W. und Angelika W.

    Ende 2016: Angelika W. schildert bei ihrer Befragung im Prozess grausame Details. Ohne ersichtliches Unrechtsbewusstsein berichtet sie, wie sie selbst Opfer und dann Täterin geworden sei. 

    März 2017: Wilfried W. sagt aus. Er schildert sich als Mitläufer.

    Juli 2018: Laut Gutachterin Nahlah Saimeh haben die Angeklagten eine gewachsene Einheit gebildet, um ihre Opfer einzuschüchtern und zu manipulieren. Die überdurchschnittlich intelligente Angelika W. sei schuldfähig, trotz der Züge von Autismus. Saimeh empfiehlt, Wilfried W. in die Psychiatrie einzuweisen. Er sei vermindert schuldfähig und habe eine erhebliche Intelligenzminderung.

    September 2018: Staatsanwalt und Nebenkläger fordern lebenslange Freiheitsstrafen und das Feststellen der besonderen Schwere der Schuld für beide Angeklagten. Zusätzlich soll Wilfried W. in die Psychiatrie. Seine Verteidiger sprechen sich wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes für sieben Jahre und sechs Monate Haft und Einweisung in die Psychiatrie aus. Die Verteidiger von Angelika W. fordern für sie Freispruch. Sollte das Gericht dem nicht folgen, schlagen ihre Anwälte wegen umfassender Aussage eine Kronzeugenregelung vor. Dann soll sie für 12 Jahre ins Gefängnis.

    Oktober 2018: Die beiden Angeklagten werden zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Das Landgericht verhängt gegen Angelika W. 13 Jahre Haft und gegen Wilfried W. elf Jahre Freiheitsstrafe.

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