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Pädophilie: Präventionsprojekt für Jugendliche: "Du stehst auf Kinder"

Pädophilie

Präventionsprojekt für Jugendliche: "Du stehst auf Kinder"

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    "Primäre Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche" (PPJ) - die Berliner Charité hilft Jugendliche mit pädophilen Neigungen umzugehen.
    "Primäre Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche" (PPJ) - die Berliner Charité hilft Jugendliche mit pädophilen Neigungen umzugehen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

    "Deine Freunde verlieben sich in Stars oder das Mädchen aus der Parallelklasse. Doch du stehst auf Kinder." - so lautet der Kernsatz des Videos des Präventionsprojekts "Primäre Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche" (PPJ) der Berliner Charité. Etwa ein bis fünf Prozent der Bevölkerung weist eine pädophile Präferenz auf. Bislang kann die Forschung noch nicht nachweisen, wieso sich diese Vorliebe beinahe ausschließlich bei Männern zeigt.

    Unter Pädophilie versteht man die sexuelle Präferenz eines Menschen für Kinder. Laut dem aktuellen Stand der Forschung handelt es sich dabei um einen bio-psycho-sozialen Entwicklungsprozess während der Pubertät. Hier spielen sowohl die Geschlechtshormone als auch genetische Faktoren eine Rolle. "Es wird allgemein davon ausgegangen, dass sich Menschen nicht bewusst für oder gegen eine sexuelle Präferenz entscheiden, sondern sich schrittweise eine Erkenntnis darüber herausbildet, was als sexuell ansprechend und/oder erregend empfunden wird", sagt Peter Andreas, Pressesprecher des PPJ.

    Positive Reaktionen auf PPJ-Video

    Das Video der Berliner Charité wendet sich hauptsächlich an männliche Jugendliche im Alter von zwölf bis 18 Jahren "mit einer sexuellen Präferenzbesonderheit, die auf Kinder gerichtet ist." Seit November 2014 versucht das Präventionsprojekt mit dem Video möglichst viele Jugendliche mit pädophiler Neigung zu erreichen. Seitdem wurde es über 3.400 Mal aufgerufen. Bislang waren die Reaktionen auf das PPJ-Video zum Größtenteil positiv. Auch nicht-betroffene Personen sollen durch das Video toleranter gegenüber dem Thema Pädophilie werden.

    Kritik gab es nur von zwei Organisationen, die sich für die Belange von Opfern sexualisierter Gewalt im Kindesalter einsetzen. Das Motiv des "Teddys" im Video würde an ein Internetphänomen, den sogenannten "Pädobär" erinnern und das könne als verstörend aufgefasst werden. Da die Berliner Charité Kritik nicht ignorieren wollte, wurde die Farbe des Teddys im Nachhinein geändert.

    Präventionsprojekt für Jugendliche: Früh aktiv werden

    Vorläufer dieses PPJ ist das Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD), das auch unter dem Namen "Kein Täter werden" bekannt geworden ist. Hier berichtete ein Großteil der Patienten, dass sie sich ihrer sexuellen Präferenzen bereits im frühen Jugendalter bewusst waren. So kam es schon in diesem frühen Alter zu dem ersten übergriffigem Verhalten. Betroffene des PPD gaben an, dass sie sich schon damals Hilfe oder einen Ansprechpartner gewünscht hätten. "Daraus und aus der Tatsache, dass das PPD erst für Personen ab 18 Jahren konzipiert wurde, erwuchs der Gedanke, wesentlich früher aktiv zu werden und ein auf Prävention gerichtetes Angebot für Jugendliche zu unterbreiten", erkärt Andreas. Zusätzlich zeigte eine Studie 2013 am Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité Berlin, dass ein solches Projekt sinnvoll sei.

    Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert das Präventionsprojekt für Jugendliche an der Berliner Charité von 2014 bis 2017 mit etwa 700.000 Euro. Mit der Unterstützung soll das Angebot auch auf Jugendliche ausgeweitet werden: "Denn zu einem umfassenden Kinderschutz gehört auch, dass potentielle Täter möglichst früh therapeutische Hilfen erhalten und dass es ihnen ermöglicht wird, ihr Verhalten zu kontrollieren und Strategien zur Verhinderung von Übergriffen zu erlernen", so ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums. "Das Projekt leistet aus unserer Sicht einen wichtigen Beitrag dazu, Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen."

    Strikte Trennung von sexueller Neigung und sexuellem Verhalten

    Sexuelle Übergriffe auf Kinder durch Jugendliche können daher auf pädophile Neigungen zurückgeführt werden. "Wichtig ist daher die strikte Trennung von sexueller Neigung und sexuellem Verhalten. Für das Erstere kann niemand etwas, für Letzteres sehr wohl", erklärt Andreas. Und sexuelle Übergriffe auf Kinder sind auch das, was der Polizei Augsburg erst gemeldet wird. "Wenn wir über pädophile Taten informiert werden, bedeutet das, dass bereits ein Strafdelikt vorliegt. In diesem Fall ist ein Kind auch schon zu Schaden gekommen", sagt Manfred Gottschalk, stellvertretender Pressesprecher der Polizei .

    Im letzten Jahr gab es 89 Fälle von Sexualdelikten in der Region Augsburg, allerdings fallen hierunter alle sexuellen Taten, wie auch Exhibitionismus. Grundsätzlich hält Gottschalk das PPJ als sinnvoll: "Alles, was Betroffenen hilft, werte ich als positiv", so seine persönliche Meinung. "Ein Video ist nicht schädlich und spricht Menschen an, die sich helfen lassen wollen. Das ist eine positive Hilfestellung."

    Peter Andreas: "Pädophil bedeutet nicht gleich Kinderschänder."

    "Unsere Gesellschaft muss endlich lernen, dass pädophil nicht gleich Kinderschänder bedeutet", betont Andreas. Viele Menschen mit einer pädophilen Neigung können ihr Sexualverhalten kontrollieren und steuern. "Unser Motto lautet, niemand ist verantwortlich für seine Gefühle, sehr wohl aber für sein Verhalten. Wir setzen daher unser Hauptaugenmerk auf eine Verhaltenstherapie, die unsere Patienten befähigen soll, Risikosituationen zu erkennen und erfolgreich zu bewältigen, sodass es zu keinem fremdschädigenden Verhalten kommt", erklärt Andreas das Konzept der Berliner Charité. Es sei wichtig, für den Jugendlichen zu erkennen, dass seine sexuelle Präferenz - zumindest aktuell auch - auf Kinder ausgerichtet ist.

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