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Illegale Autorennen: Raser töteten seinen Sohn: Kölner OB hofft auf härtere Strafen

Illegale Autorennen

Raser töteten seinen Sohn: Kölner OB hofft auf härtere Strafen

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    Auf der Tauentzienstraße in Berlin starb Ende Januar ein 69-jähriger unbeteiligter Autofahrer, als sich zwei Raser ein illegales Rennen lieferten.
    Auf der Tauentzienstraße in Berlin starb Ende Januar ein 69-jähriger unbeteiligter Autofahrer, als sich zwei Raser ein illegales Rennen lieferten. Foto: Britta Pedersen (dpa)

    Herr Schramma, ein Gesetzentwurf sieht vor, dass Teilnehmer illegaler Autorennen künftig eine Haftstrafe bekommen können. Wie lange warten Sie schon auf ein solches Gesetz?

    Fritz Schramma: Meine Frau und ich haben bedauerlicherweise selbst schon vor 15 Jahren einen Prozess miterlebt, der nicht zu unserer Zufriedenheit endete. Das Urteil für die beiden Raser, die für den Tod unseres Sohnes verantwortlich sind, war für meine Begriffe viel zu harmlos. Wir haben immer wieder gefordert: Das muss anders aufgefasst werden von den Gerichten. Da muss ein schärferes Gesetz entworfen werden.

    2001 starb Ihr Sohn mit 31 Jahren bei einem illegalen Autorennen. Was ist damals passiert?

    Schramma: Er selbst war unbeteiligter Fußgänger. An einer sehr frequentierten Kreuzung im Herzen von Köln wartete er an einer roten Ampel. Auf der Ringstraße ließen zwei Autos, die eigentlich auch an der Ampel warten mussten, ihre Motoren aufheulen. Die Fahrer signalisierten, dass sie etwas vorhatten. Sie hatten sich auch verabredet, wie sich später im Prozess herausstellte. Noch bevor die Ampel auf Grün schaltete, rasten sie los. Auf der Kreuzung stießen sie gegen ein regulär kreuzendes Auto. Dieser Wagen, in dem ein Vater mit zwei Kindern saß, ist in die Fußgängergruppe hineingeschleudert worden, in der unser Sohn stand. Es gab sechs Verletzte. Unser Sohn wurde ebenfalls verletzt und starb im Laufe des Abends in der Klinik.

    Wie wurden die Fahrer bestraft?

    Schramma: Es gab zwei Jahre Haft auf Bewährung. Das führte letztendlich dazu, dass sie grinsend das Gerichtsgebäude verlassen haben, so nach dem Motto: Ist ja noch einmal gut gegangen für uns.

    Im April 2015 starb in Köln eine 19 Jahre alte Radfahrerin, weil ein Raser die Kontrolle über sein Auto verloren hatte. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie von dem Unglück erfahren haben?

    Schramma: Da kamen natürlich wieder viele Erinnerungen hoch. Leider gab es bundesweit zuletzt noch zwei ähnliche Fälle, unter anderem in Berlin, wo ein 69-Jähriger starb. Dann hat die Polizei mal wieder einen Blitzermarathon gestartet. Davon halte ich persönlich wenig, weil das nur eine Show-Veranstaltung ist. Viel wichtiger wäre es, konsequente Maßnahmen zu ergreifen mit Geschwindigkeitskontrollen, vor allem aber mit heftigeren Sanktionen.

    Können schärfere Gesetze denn solche Tragödien verhindern?

    Schramma: Härtere Strafen helfen schon im Voraus, das sieht man an Ländern wie den Niederlanden oder der Schweiz, wo eine Überschreitung des Tempolimits ganz anders geahndet wird. Dort sind die Autofahrer viel disziplinierter unterwegs, weil alle wissen: Rasen kann dort teuer werden. Und teuer bezieht sich nicht nur auf Geldbußen, das kann auch Führerscheinentzug sein. Ich kann mir auch vorstellen, dass in bestimmten Fällen mit Todesfolge – und wenn mit bewusster Inkaufnahme solcher Tötungen ein Rennen veranstaltet wird – sogar das Auto konfisziert werden kann.

    Gibt es neben der Androhung härterer Strafen noch andere Wege, Autofahrer vom Rasen abzuhalten?

    Schramma: Eine Stadt kann selbst durch die Gestaltung von Straßen einiges verhindern. In Köln hat man, um das Showfahren mit tiefergelegten Autos abends und am Wochenende zu verhindern, Ringstraßen von zwei Spuren auf eine reduziert. Dafür wurde ein Parkstreifen eingerichtet. Danach war ein Rennen nebeneinander nicht mehr möglich. Man kann auch bestimmte Einschränkungen bei jungen Fahrern einführen, zum Beispiel Tempolimits. Insgesamt ist ein Paket von Maßnahmen wirkungsvoll, das auch in der Bevölkerung eine Veränderung nach sich zieht. Es muss deutlich werden, dass das Benutzen eines Autos als eine Waffe wie beim Russischen Roulette im Straßenverkehr nichts zu suchen hat.

    Nach dem Unfall Ihres Sohnes haben Sie und Ihre Frau den Verein „Kölner Opferhilfe“ gegründet. Wie helfen Sie?

    Schramma: Tragischerweise war es schon zu Beginn meiner Amtszeit der Wunsch unseres Sohnes, dass wir uns doch um die Opfer von Straftaten kümmern könnten. Er war Rechtsanwalt und stellte fest, dass den Tätern viel zu viel Aufmerksamkeit zukommt, während die Opfer und deren Angehörige oft vernachlässigt werden. Das haben wir aufgegriffen. Wir haben eine Telefonhotline. Meine Frau und ich sitzen regelmäßig am Apparat.

    Wie wird das Angebot angenommen?

    Schramma: Wir haben es mit vielen unterschiedlichen Fällen zu tun, bei denen jemand durch ein Unglück, einen Unfall oder durch Gewalt zu Schaden gekommen ist. Das erste Gespräch, das meine Frau oder ich führen, ist quasi schon die erste Therapiestunde, obwohl wir keine ausgebildeten Psychotherapeuten sind. Für viele Menschen ist es wichtig, dass sie sich das, was passiert ist, einfach mal von der Seele reden können. Danach helfen wir weiter durch Vermittlung zu Fachleuten, wir stehen in engem Kontakt mit Polizei, Staatsanwaltschaft und anderen Hilfsorganisationen.

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