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San Francisco: Verwirrte lag tot im Treppenhaus: Stadt muss drei Millionen Dollar zahlen

San Francisco

Verwirrte lag tot im Treppenhaus: Stadt muss drei Millionen Dollar zahlen

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    Eine 57-Jährige wurde 17 Tage nach ihrem Verschwinden aus dem San Francisco General Hospital tot im Treppenhaus des Krankenhauses gefunden.
    Eine 57-Jährige wurde 17 Tage nach ihrem Verschwinden aus dem San Francisco General Hospital tot im Treppenhaus des Krankenhauses gefunden. Foto: Julian Stratenschulte/Illustration dpa

    Einer der irritierendsten Klinik-Skandale der vergangenen Jahre hat in den USA einen teuren Abschluss gefunden: Die Stadt San Francisco und die University of California zahlen drei Millionen Dollar an die Hinterbliebenen einer Patientin, die 17 Tage nach ihrem Verschwinden tot in einem abgelegenen Treppenhaus gefunden wurde. Die Mutter zweier erwachsener Kinder war offenbar dort verdurstet.

    San Francisco General Hospital: Klinik verletzte Aufsichtspflicht

    „Was in unserer Klinik passiert ist, ist schrecklich“, hat Chefarzt Todd May eingeräumt. Der Anwalt der Familie spricht von einem Albtraum: Im September 2013 war die 57-jährige Lynne S. mit einer Blasenentzündung ins größte Krankenhaus der Stadt eingeliefert worden. Ärzte stellten fest, dass sie geistig verwirrt wirkte, und ordneten an, sie nie unbeaufsichtigt zu lassen. Das San Francisco General Hospital ist als Trauma-Zentrum auf psychiatrische Fälle spezialisiert, war aber offenbar trotzdem überfordert. Die Patientin verließ mehrfach ihr Bett in dem offensichtlichen Versuch, die Klinik zu verlassen; eine entsprechende Alarmvorrichtung hatte das genervte Personal deaktiviert.

    Statt der verordneten Daueraufsicht gab es in San Francisco nur Checks im Abstand von 15 Minuten. Am 21. September klappte auch das nicht mehr: Um 8.30 Uhr wurde die Stationswache anderweitig benötigt. Erst eineinhalb Stunden später fiel auf, dass Lynne S. nicht mehr da war. Stichproben haben ergeben, dass die Klinik in zwei von acht Fällen ihre Aufsichtspflicht verletzte.

    All das ist in einer Untersuchung dokumentiert, die der San Francisco Chronicle auszugsweise veröffentlicht hat. Bei der Suche nach ihrer Patientin ließen die Pfleger die zehn Treppenhäuser der Klinik aus. Noch schlimmer versagte aber das Büro des örtlichen Sheriffs. Es beteiligte sich erst am Folgetag, und das nur halbherzig. Später ließ der zuständige Vorgesetzte nach einer schwarzen Frau Ausschau halten, obwohl Lynne S. weiß war.

    17 Tage später: Ärzte finden Frau verdurstet im Treppenhaus

    Erst am 30. September wurden vier Polizisten dafür abgestellt, die Treppenhäuser abzugehen. Zwei ließen den entscheidenden Schacht aber aus, und zwei weitere schenkten sich die Stiegen ganz. Sie hätten weder eine Beschreibung der Gesuchten erhalten noch Anweisungen, wie die Feuertüren zu öffnen seien, erklärten sie später. Am 4. Oktober informierte ein Arzt eine Pflegekraft, er sei in einem der Aufgänge über eine am Boden liegende Frau gestiegen. Aufgrund eines Noteinsatzes habe er nicht selbst helfen können. Selbst das führte zu keiner neuen Suche. Die Klinik will das Sheriffsbüro telefonisch informiert haben, aber die dortige Telefonzentrale weiß von keinem Anruf.

    Erst am 8. Oktober wurde die Gesuchte schließlich entdeckt, als die Hausverwaltung routinemäßig die Notausgänge inspizierte. Ihre Leiche lag im dritten Stock eines abgelegenen, teilweise abgeschlossenen Treppenaufgangs. Dem Gerichtsmediziner zufolge starb sie an Wassermangel und einem Leberschaden infolge von Alkoholismus. Ob sie noch lebte, als der Arzt über sie hinwegstieg, konnte er nicht sagen. Der Bericht der Bundesbehörden sieht die Hauptschuldigen bei der Polizei. Diese Woche hat die Stadt deshalb zugestimmt, den Großteil der Entschädigung zu tragen: 2,941 Millionen Dollar. Die University of California, die das medizinische Personal der Klinik stellt, steuert 59000 Dollar bei. Im Gegenzug verzichtet die Familie auf eine Klage.

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