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Tourismus: Von wegen Einsamkeit: Auf dem Jakobsweg herrscht Pilgerstau

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Von wegen Einsamkeit: Auf dem Jakobsweg herrscht Pilgerstau

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    Vor der Kathedrale von Santiago stehen die Pilger Schlange.
    Vor der Kathedrale von Santiago stehen die Pilger Schlange. Foto: Alfredo Aldai, dpa

    Voll, voller, Spanien. Der Touristenansturm schlägt dieses Jahr alle Rekorde – und dies macht sich auch in spanischen Regionen bemerkbar, die bisher eher abseits der ausgetretenen Pfade lagen. Das gilt zum Beispiel für den Jakobsweg, jene Pilgerroute, die sich über 800 Kilometer von den Pyrenäen an der französischen Grenze bis zur Kathedrale in Santiago de Compostela durch Nordspanien schlängelt. Derzeit sind dort lange Menschenkarawanen auf Wallfahrt unterwegs.

    Weil sich immer mehr Wanderer auf dem Weg nach Santiago drängeln, warnt Bürgermeister Martiño Noriega schon davor, dass seine Stadt in Gefahr läuft, „am eigenen Erfolg zu sterben“. Im vergangenen Jahr liefen bereits 280.000 Pilger über den Jakobsweg nach Santiago, dessen Altstadt rund um die Kathedrale zum Weltkulturerbe gehört. In 2017 dürften es rund 300.000 werden.

    Zudem kommen jedes Jahr mehrere Millionen normale Touristen in die Stadt, in deren Kathedrale die Gebeine des Apostels Jakobus (auf Spanisch: Santiago) ruhen sollen. Insgesamt 800.000 Besucher übernachteten in dieser Stadt mit ihren 100.000 Einwohnern, dazu kommen mehrere Millionen Tagesgäste. Und die Besucherkurve zeigt weiter nach oben. Mehr als 80 Millionen ausländische Urlauber werden übrigens insgesamt heuer im spanischen Königreich erwartet.

    Jakobsweg: Die Immobilienpreise schossen in den Himmel

    Die linksalternative Stadtregierung Santiagos beschloss bereits vor zwei Jahren ein Moratorium für das Hotel- und Tourismusgewerbe in der City, weil sich Herbergen und Souvenirshops immer weiter ausbreiteten und die gewachsenen Altstadt-Strukturen erdrückten. Mit der Folge, dass die Immobilienpreise in den Himmel schossen.

    Um die Immobilienspekulation rund um die Kathedrale zu bremsen, wird nun auch in Santiago – ähnlich wie schon in den spanischen Tourismushochburgen Barcelona oder auf Mallorca – die illegale Vermietung von Ferienapartments durch Airbnb und andere Plattformen bekämpft. Nur offiziell registrierte Ferienwohnungen mit Lizenz dürfen noch angeboten werden. Sündern drohen hohe Strafen.

    Niemand wolle die Touristen zum Sündenbock machen, schließlich lebe die Pilgerstadt nicht schlecht von ihren Besuchern, räumt Bürgermeister Noriega ein. Er will die Touristenkarawanen lediglich in geordnete Bahnen lenken. Beim Geschäft mit den Pilgern, das die Kassen laut klingeln lässt, dürfe nicht der Respekt vor den einheimischen Bewohnern unter die Räder kommen.

    Zu tourismusfeindlichen Demonstrationen wie auf Mallorca oder Barcelona kam es bisher in Santiago nicht. Aber dafür in der 600 Kilometer entfernten Stadt Logroño, die am Pilgerweg liegt. Dort demonstrierte eine kleine Bürgergruppe mit Plakaten mit der Aufschrift „Pilger geht nach Hause“. „Unsere Altstadt hat sich wegen der Tausenden von Pilgern in einen unbegehbaren und lauten Ort verwandelt“, erklärten die Demonstranten.

    Unterschriftenaktion gegen Pilger: Die Herbergen sind überfüllt

    Viel Rückhalt fand die Mini-Demonstration jedoch nicht in der Hauptstadt der Weinregion Rioja. Eine Unterschriftenkampagne, in der gefordert wurde, den Jakobsweg in großem Bogen um die Stadt herumzuleiten, wurde von nur 19 Bürgern der 150.000-Einwohner-Stadt unterstützt. Die frommen Wallfahrer werden also weiterhin von der großen Mehrheit der Bevölkerung willkommen geheißen.

    Die wirklichen Probleme auf dem Jakobsweg sind denn auch ganz andere. Und sie bereiten eher jenen Pilgern Kopfschmerzen, die einsam und still durch die schöne Landschaft wandern wollen. Denn von Einsamkeit kann, wenigstens auf der Hauptpilgerroute von Frankreich nach Santiago, keine Rede mehr sein: Die Pilgerherbergen sind überfüllt. Wer nicht frühzeitig reserviert und nicht mittags am Ziel ist, bekommt kein Bett. Und vor vielen Bars, Trinkbrunnen und natürlich vor Santiagos berühmter Kathedrale muss man Schlange stehen. Aber auch das kann ja ein spirituelles Erlebnis ganz eigener Art sein.

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